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Kommentar zum Aus der Ampel

Schnelle Neuwahlen und Reformen könnten eine Chance sein

Das Ende der Ampelkoalition war absehbar - so ging es nicht mehr weiter. Vielleicht bietet ein Neuanfang die Chance, Reformstau und Wirtschaftskrise zu überwinden. Doch dazu müssen alle Parteien verantwortlich handeln. Ein Kommentar von Rafael Binkowski

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen - die Ampelkoalition ist Geschichte.

Carsten Koall)

Stuttgart/Berlin. Die Reaktionen in Stuttgart waren erwartbar: SPD und FDP schieben sich gegenseitig die Schuld zu, die CDU begrüßt das Ende der Ampel, die AfD frohlockt. Nach den kafkaesken Szenen der vergangenen Wochen mit parallelen Wirtschaftsgipfeln, völliger Zerrüttung und einem kompletten Vertrauensverlust gab es keine Alternative mehr zum Ende.

Selbst darüber konnten sich die drei Ampelparteien nicht mehr verständigen, so dass Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen wurde und man mit gegenseitigen Vorwürfen auseinander geht. So unschön diese Bilder sind – es bietet auch die Chance für einen Neuanfang. Die Wirtschaftskrise ist immer noch eine, bei der die Unternehmen vor allem die Luft anhalten, um alsbald wieder durchatmen zu können.

Jetzt noch ein Jahr weiter zu wursteln, wäre Unsinn. So wie 50 Prozent der Wirtschaft Psychologie sind, ist ein großer Teil der Psychologie das Ampelchaos. Jetzt schnelle Neuwahlen und eine neue Regierung, wer auch immer sie stellt – das wäre eine Chance zum Neuanfang.

Es braucht eine tatkräftige Regierung

Auch angesichts des drohendes Chaos in den USA nach der Wahl von Donald Trump, der die Wirtschaft weltweit in Aufruhr versetzen und die Sicherheitslage destabilisieren wird, braucht es eine entschlossene Regierung. Dass der nächste Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) heißen wird, ist sehr wahrscheinlich.

Lesen Sie hier: Fünf Lehren aus der US-Wahl

Schon in der Frage nach einer Regierungsmehrheit wird es schwieriger. Große Koalition? Schwarz-Grün? Jamaika?  Bündnisse mit Sahra Wagenknecht? Letzteres scheidet nach dem Zwist zwischen Grünen und FDP in der Ampel, der sozusagen der Kern des Konfliktes war, aus. Eines ist klar: „Homogene“ Koalitionen mit nur politisch nahestehenden Partien wird es auf absehbare Zeit nicht geben.

Die Parteien müssen sich also in der Kunst des Kompromisses und fairen Ausgleichs üben – also genau an den Tugenden, an denen es gefehlt hat in der zerbrochenen Bundesregierung. Wenn jeder nur nach seinem kurzfristigen parteipolitischen Vorteil sucht, Absprachen nicht eingehalten und Vertrauen verschwendet wird, ist nichts gewonnen.

Deutschland braucht entschlossene, mutige Reformen, ein entschiedener Kampf gegen den bürokratischen Wust an Vorschriften, der das Land lähmt, ein Sofortprogramm für die digitale und analoge Infrastruktur, und einen Mentalitätswandel.

Die Wahl 2026 im Südwesten wird noch spannender

Was bedeutet das für Baden-Württemberg? Es wird für die Landtagswahl 2026 eine völlig neue Konstellation geben. Bislang ging man davon aus, das der Urnengang unmittelbar einer frisch ins Amt gewählten Bundesregierung folgt, möglicherweise unter Merz als Kanzler. Jetzt wird diese neue Regierung – wie auch immer sie aussieht – schon ein Jahr amtieren, vielleicht schon erste Enttäuschungen oder Zumutungen fabriziert haben. Und Cem Özdemir wird möglicherweise nicht mehr als Bundesminister antreten, jedenfalls befreit vom Ballast der zerstrittenen Ampel.

Es könnte also noch spannender werden, als ohnehin schon. Gleichzeitig wird der von allen befürchtete Dauerwahlkampf wohl kaum noch zu vermeiden sein, denn nach einer Neuwahl im März im Bund wird nahtlos der für das Land anbrechen.

Unsichere Zeiten – es gibt viele Chancen, wenn sie denn ergriffen werden.

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