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Schnelle Berufung auf Professuren soll bald möglich sein
Stuttgart. Der deutsche Hochschulbetrieb ist in der Regel um einen Lehrstuhl und seinen Inhaber, einen Professor, aufgebaut. Entsprechend wichtig ist, wer diese Stelle bekleidet – und auch, dass sie überhaupt bekleidet ist. Die Berufung von Professoren dauert oft lange, denn es ist ein kompliziertes, mehrstufiges Verfahren zu durchlaufen. Daher dauert es bis zu zwei Jahre bis zu einer Neubesetzung. Das ist ein Ärgernis für Studierende und ein Nachteil beim Werben um exzellente Wissenschaftler.
Berufungen sollen mitunter sogar binnen Wochen möglich werden
Das Wissenschaftsministerium plant daher mehrere Erleichterungen bei Berufungsverfahren. „Eine neue Regelung soll es den Hochschulen ermöglichen, in besonderen Fällen Personen kurzfristig – innerhalb weniger Wochen – zu berufen“, heißt es in einer Mitteilung. „Die Exzellenz muss gutachterlich nachgewiesen sein. Ziel ist es, die Konkurrenzfähigkeit der baden-württembergischen Hochschulen im Wettbewerb um die besten Köpfe vor allem in den Exzellenzthemen zu stärken.“
Bei Gemeinsamen Berufungen wird zudem künftig das „Thüringer Modell“ zum Einsatz kommen können. Der oder die Berufene wird ausschließlich an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung eingestellt und übernimmt zugleich an einer Hochschule professorale Aufgaben. Davon verspricht man sich mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, etwa Max-Planck-Instituten.
Rektoren von Unis und Hochschulen begrüßen das Vorhaben des Ministeriums
Was halten die Universitäten und Hochschularten von diesen Plänen? Michael Weber, seit April Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz (LRK) und zugleich Präsident der Universität Ulm, lobt das Modell zur schnellen Besetzung von Schlüsselprofessuren und begrüßt das Vorhaben „einer Exzellenzberufung durch das Rektorat nachdrücklich, schon um gegenüber im Ausland sehr viel zügigeren Berufungsverfahren bei Spitzenberufungen nicht das Nachsehen zu haben“.
Ein solches Berufungsverfahren mache Rufe an Forschungsuniversität im Südwesten attraktiver „und findet sich auch in anderen Bundesländern, mit denen wir im Wettbewerb um die besten Köpfe stehen“, so Weber. „So können beispielsweise Forschende mit einem ERC-Grant dauerhaft für eine Universität gewonnen werden.“ Der ERC-Grant ist der renommierteste europäische Wissenschaftspreis und hoch dotiert. Preisträger können damit aufwendige Projekte angehen – und sind als Spitzenkräfte oft international gefragt. Positiv sei für Unis auch die mit dem Thüringer Modell verbundene Flexbilität, „wenn ihnen nun seitens des Landes auch die Anwendung dieses Berfufungsmodells ermöglicht wird“.
Für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW), die eine enge Verbindung mit der Berufspraxis und die Zusammenarbeit mit den Unternehmen anstreben, „hat die Spitzenberufung voraussichtlich weniger Relevanz“, wie der Vorsitzende der Rektorenkonferenz der HAWen, Stephan Trahasch sagt.
HAW-Rektorenkonferenz wünscht sich auch Teilzeitprofessuren
Rechtliche Rahmenbedingungen seien ein Wettbewerbsfaktor bei der Nachwuchsgewinnung, meint der Rektor der Hochschule Offenburg. „Aufgrund der weitgehenden Unbekanntheit unserer Hochschulart im Ausland wären insbesondere für die Gewinnung von Professorinnen und Professoren aus dem Ausland erleichterte Berufungsvoraussetzungen im internationalen Kontext günstig.“
Das Thüringer Modell wertet er als „positive Neuerung“. Wichtiger für die Professoren seiner Hochschulart sei aber „die typischerweise enge Verknüpfung mit der Berufspraxis außerhalb von Forschungseinrichtungen“ Die HAWen haben einen anderen Vorschlag zum Rekrutieren von Spitzenkräften. „Die Einführung einer Teilzeitprofessur, die die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis für HAW optimal kombiniert.“ Laut Trahasch sind die Vorzüge klar: „Der Transfer aus der Praxis in die Hochschullehre und umgekehrt der wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis könnten gestärkt werden.“
Verfahren sind langwierig
Das Prinzip der Bestenauslese sieht einen streng reglementierten, mehrstufigen Prozess bei Besetzung von Professuren vor. In der Regel müssen diese öffentlich, meist auch international ausgeschrieben werden. „Unter Umständen kann entweder ganz darauf verzichtet oder das Berufungsverfahren zumindest deutlich vereinfacht werden“, heißt es auf dem Karriereportal academics . Das regelt das jeweilige Landeshochschulgesetz.