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Wahlen in Bund und Land

Politologen: Özdemir könnte vom Ampel-Aus profitieren

Die Karten sind neu gemischt: Nach der US-Wahl und dem Ampel-Aus könnte der Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg noch härter werden als gedacht. Der Autoindustrie wiederum blüht Ärger mit den USA.

Im Bund wird am 23. Februar gewählt. Ein gutes Jahr später entscheiden die Baden-Württemberger über die Zusammensetzung des neuen Landtags. Foto: IMAGO/Wolfilser

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Freiburg. Die Freiburger Politologen Michael Wehner und Ulrich Eith und ihr Stuttgarter Kollege Oscar Gabriel sind sich einig: Ob und wenn ja, welche Auswirkungen die aktuellen politischen Turbulenzen für die Landtagswahl 2026 haben, lässt sich, Stand heute, nicht genau sagen.

„Denken Sie an Stuttgart 21 und Fukushima“, sagt Ulrich Eith. Solche Ereignisse könnten die Lage völlig verändern. Nicht zu reden von den Folgen, die es hätte, wenn einem Kanzler Friedrich Merz (CDU) der Start misslinge. „Dann kann sich die Stimmung drehen.“

Im Bund könnte es wieder zu einer Großen Koalition kommen

Unabhängig davon sind die Aussichten von Cem Özdemir (Grüne), den Vorsprung von Manuel Hagel (CDU) im Kampf um das Amt des Ministerpräsidenten aufzuholen, durch das Ampel-Aus möglicherweise gestiegen. Diese Auffassung vertreten Eith und Wehner. Die beiden Freiburger Politologen verweisen darauf, dass Özdemir ein halbes Jahr mehr Zeit bekommt, in dem er sich nur auf das Land konzentrieren kann.

„Cem Özdemir kann sich in Baden-Württemberg ganz anders in den Wahlkampf hängen“, sagt Eith und betont gleichzeitig dessen gewachsenes politisches Gewicht in der umgebildeten Bundesregierung: Er ist neben Landwirtschaft nun auch für Bildung zuständig.

Oscar Gabriel dagegen sieht keinen Vorteil: Die Menschen würden in ihm immer noch den Landwirtschaftsminister sehen, egal, wie lange dies bei der Landtagswahl im März 2026 her sei. Außerdem prophezeit er eine schwierige Regierungsbildung in Berlin. Entsprechend länger müssten die Minister geschäftsführend im Amt bleiben. Der Stuttgarter Politikwissenschaftler rechnet im Bund mit einer Neuauflage der Großen Koalition, eventuell sogar einer Deutschland-Koalition, falls es ohne FDP nicht reicht. Ein solches Dreierbündnis hält er auch in Baden-Württemberg für wahrscheinlich, zumal Manuel Hagel in dieser Hinsicht eine klare Präferenz geäußert habe.

Anders Wehner: Der Freiburger Politologe hält Schwarz-Grün ab 2026 für „höchstwahrscheinlich“. Die spannende Frage werde sein, ob Özdemir bereit sein werde, Hagels Stellvertreter zu sein. Eine Deutschland-Koalition sei aber auch nicht ausgeschlossen – anders als eine Ampel, zu der die FDP schon nein gesagt habe.

Eith lobt Manuel Hagel, dem es gelungen sei, Fraktion und Partei zu einen. Dies zeige sein politisches Talent. Hagel habe alle Chancen, ins Amt hineinzuwachsen – wie Angela Merkel, die einst als „Kohls Mädchen“ belächelt wurde. Oder Winfried Kretschmann, der auch erst im Amt weit über die Grünen hinaus an Popularität gewonnen habe.

Was die Auswirkungen des Trump-Siegs angeht, gehen die Meinungen auseinander. Für Eith halten sie sich „im Moment noch in Grenzen“. Dagegen warnen die Kollegen Wehner und Gabriel vor den Folgen des US-Protektionismus auf die heimische Wirtschaft. „In der Automobilindustrie und bei den Zulieferern muss man sich auf harte Zeiten einstellen“, sagt Gabriel.

Wehner, der die Außenstelle der Landeszentrale für politische Bildung in Freiburg leitet, nimmt viele „Sorgenfalten“ wahr. In den nächsten fünf Jahren fehlten in Baden-Württemberg laut Steuerschätzung zehn Milliarden Euro. So schrumpfe der politische Gestaltungsspielraum.

In Sachen Verschuldung ist Deutschland „ein Waisenknabe“

Ob es vor diesem Hintergrund sinnvoll wäre, die Schuldenbremse zu lockern, da ist sich Wehner nicht sicher. Einerseits sei Deutschland ein „Waisenknabe“, wenn man die Verschuldung mit Ländern wie Japan und den USA vergleiche. Andererseits herrsche hierzulande bisweilen eine „Vollkasko-Mentalität“ und eine Erwartungshaltung an die Politik, die zu denken gebe.

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