PISA-Schock sorgt für Diskussionen
Stuttgart. Die deutschen Schüler haben in der am Dienstag vorgestellten internationalen Leistungsstudie PISA der OECD so schlecht abgeschnitten wie nie zuvor. In Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften gab es die niedrigsten Werte, die für Deutschland jemals in diesem Rahmen gemessen wurden. Wie reagierten Landesregierung sowie Bildungsgewerkschaften darauf?
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht durch die Studie den Kurs der Landesregierung in der Bildungspolitik bestätigt. „Unsere Programme und Schwerpunktsetzungen zeigen in die richtige Richtung“, sagte er in Stuttgart. „Der Konsens in der Koalition, dass wir uns auf die frühkindliche Bildung fokussieren müssen, ist dadurch noch einmal bestätigt worden.“
Ministerin will Sprachförderung vor Grundschuleintritt stärken
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) will Kinder unterstützen, die „ohne Hilfe von zu Hause auskommen müssen“ und die Leseförderung stärken. „Vor allem das Sprach- und Leseverständnis ist die Grundlage für schulischen Erfolg – auch in der Mathematik“, sagte sie. Besonderes Augenmerk lege man „auf die Sprachförderung an der Schwelle zwischen Kindergarten und Grundschule“.
„Maßnahmen, um alle sozioökonomisch schlechter gestellten Kinder im Kindergartenalter verbindlich vorschulisch zu bilden“, fordert der Philologenverband (PhV). „Wir stehen vor einem Scherbenhaufen, der größer ist als beim PISA-Schock 2002“, sagte der Landesvorsitzende Ralf Scholl. „Hier sind verschiedene Faktoren zusammengekommen: Corona, Lehrkräftemangel und eine starke Zuwanderung.“
„Seit 2011 regieren die Grünen, seit 2012 hat sich laut PISA-Studie nichts daran geändert, dass der Bildungserfolg in Deutschland abhängig vom sozialen Status der Eltern ist“, kritisiert Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Sie fordert die Einführung des Sozialindexes und mehr Kreativität bei der Lehrkräftegewinnung. Ein bundesweiter Masterplan gegen Bildungsarmut und soziale Ungerechtigkeit sei erforderlich.
VBE und Schüler sehen Lehrkräftemangel als Hauptproblem
„Deutschland gelingt es weiterhin nicht, einkommensabhängige Unterschiede auszugleichen“, bemängelt auch der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand. Angesichts der mangelhaften Unterrichtsversorgung sei das PISA-Ergebnis keine Überraschung. „Der Lehrkräftemangel beeinträchtigte in Deutschland den Schulunterricht bei 73 Prozent der Schülerinnen und Schüler“, so Brand. 2018 habe der Wert bei 58 Prozent gelegen.
Und was meinen die direkt Betroffenen, die Schüler selbst? „Eine angemessene Lehrkräfteversorgung ist entscheidend für individuellen Bildungserfolg“, heißt es in einer Mitteilung des Landesschülerbeirats, der Lehrkräftemangel sei „zentrales Problem“, sagte der Vorsitzende Berat Gürbüz am Mittwoch. (crim)