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Neue Firmen siedeln sich nicht umsonst in Ulm an
Ulm. Für Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch ist der Besuch seiner baden-württembergischen CDU-Parteifreundin und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut vor einigen Wochen in der Stadt an der Donau eine Bestätigung gewesen. Seine Strategie zur Förderung von Innovationen hat aus Sicht der Landesregierung Vorbildcharakter – sicher eine willkommene Geste im Vorfeld des OB-Wahlkampfs.
Erst kürzlich hatte das Beratungsunternehmen PWC in Stuttgart seinen regionalen Startup-Monitor vorgestellt und dem Land für seine Bemühungen um kreative Neugründungen mit der 2017 gestarteten Initiative Startup BW ein recht gutes Zeugnis ausgestellt.
Banken zogen wegen Corona den Kredit-Stecker für Startup
Doch im Vergleich zur Startup-Metropole Berlin gibt es laut der Studie einige Hürden in Baden-Württemberg zu überwinden. Es gibt keinen konzentrierten Standort wie in einer Großstadt, sondern verteilte Startup-Inseln, die es zu vernetzen gilt. Vor allem eines ist den Beobachtern aufgefallen: Dass es im Land der Tüftler immer noch an der Bereitschaft zum Einsatz von Risikokapital mangelt.
Das hat auch der Gründer von Envola, Alexander Schechner, erfahren. Das Startup entwickelt ein neues integriertes System zum Heizen, Kühlen, Lüften und Warmwasserbereiten. Gestartet Mitte 2019 mit einem Kredit von einer Million Euro, „haben die Banken den Stecker gezogen, als Corona kam“. Nur durch die Unterstützung des Wirtschaftsministeriums und des von Ulrike Hudelmaier geleiteten Startup – und Innovationszentrums der Region Ulm/Neu-Ulm TFU sei es gelungen, die neue Firma ins Laufen zu bringen. Inzwischen ist das Darlehen in Höhe von 160 000 Euro zurückgezahlt und die Firma hat 60 Mitarbeiter sowie volle Auftragsbücher.
Das bestätigt die Auffassung von Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut , die nicht nur das Silicon Valley in den USA besucht hat, sondern sich auch von der lebendigen Startup-Szene in Israel hat inspirieren lassen. „Die Startups von heute sind die Mittelständler und vielleicht auch die Großunternehmen von morgen, die wir brauchen, um Wohlstand und Beschäftigung zu sichern“, betont die Ministerin. Mit ihrer Innovationskraft zählen Startups zu den zentralen Treibern für technologischen Fortschritt. Ihre Ziele sind erhöhte Gründungsdynamik, neuer Gründungsgeist und eine andere Risikokultur.
Aber das zu erreichen, ist keine leichte Aufgabe. Denn dafür braucht es eine Art Instrumentenkasten, den die Stadt Ulm konsequent ausgebaut habe. Dies alles seien keine neuen Erfindungen, erklärt Ulms Oberbürgermeister Czisch. Wichtig seien kleine Teams im Rathaus, die schnelle Entscheidungen treffen können. Ebenso habe die Stadt mit der Sparkasse eine GmbH gegründet, mit der sich Ulm an Startups beteiligen kann.
Die Stadt organisiert den Rahmen für die Ansiedlung von Startups
Ulm schafft auch den nötigen Rahmen. Zum Beispiel bei der Ansiedlung des deutsch-israelischen Life-Science-Startups NVision. „Wir haben uns um das Gebäude gekümmert und den Vertrag“, so Czisch. Die Stadt ist in der komfortablen Position, Eigentümerin der Grundstücke in der Wissenschaftsstadt vor den Toren von Ulm zu sein, wo seit Jahrzehnten Wissenschaft und angewandte Forschung Hand in Hand gehen.
„Über das Baurecht können wir ohne großen Aufwand und lange Genehmigungszeiten die Rahmenbedingungen gestalten“, betont der OB. Seiner Ansicht nach kann sich das Startup-Ökosystem auch deshalb so gut entwickeln, weil Ulm nicht zu groß und nicht zu klein für so ein Vorhaben ist. Das heißt, dass kurze Entscheidungswege möglich sind und das Kapital vorhanden ist. Herzstück für den Oberbürgermeister ist das Team Projektentwicklung in der Stadtverwaltung. „Wir müssen alle Elemente in der Schublade haben“, sagt Czisch.
Alles, was ein Projekt braucht, müsse innerhalb von drei bis sechs Monaten laufen. Die Stadt ist auch bereit, Zehn-Jahres-Mietverträge zu schließen. Voraussetzung ist, dass das Startup zu Ulm passt. Mit dem Bestand an freien Büroflächen könne die Stadt schnell etwas ermöglichen. Deshalb sei es auch wichtig, Vorratspolitik zu betreiben. Außerdem betont der OB, dass es die enge Verbindung von Kommunen und Land braucht, damit die Förderungen sich gut verzahnen.