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Nach Schäubles Tod – Betroffenheit auch im Südwesten
Stuttgart. Wolfgang Schäuble war eine Institution im und für das Land, über Jahrzehnte CDU-Spitzenkandidat und mit Abstand einflussreichster Baden-Württemberger zuerst in Bonn, dann in Berlin. Unvergessen einer seiner ersten Reden im März 1991 nach Attentat, als er auf dem CDU-Landesparteitag in Spaichingen völlig überraschend die Stimmung in der Hauptstadtfrage drehte und eine Mehrheit der Delegierten für Berlin und damit gegen das Votum des Landesvorstands stimmte.
Reaktionen auf seinen Tod aus dem Südwesten
Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident: „Wolfgang Schäuble hat als engagierter Demokrat und überzeugter Parlamentarier entscheidende Jahre der Bundespolitik maßgeblich geprägt. Als einflussreicher Politiker war er ein streitbarer und mitunter unbequemer, aber am Ende doch fairer politischer Geist.“
Muhterem Aras (Grüne), Landtagspräsidentin: „Er war ein Parlamentarier durch und durch. Als Bundestagspräsident hat er regelmäßig die Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage eingeladen. Ich bewundere, wie er nach dem Attentat nach Jahrzehnten für die Demokratie gearbeitet hat, humorvoll, inspirierend, wir hatten sehr intensive, sehr aufrichtige, wertschätzende und offene Gespräche, und er war bereit, seine Meinung zu revidieren. Ich habe das Modell der Bürgerformen in Baden-Württemberg präsentiert. Er war zuerst skeptisch, hat sich aber überzeugen lassen und die Art der Bürgerbeteiligung dann übernommen. Auch damit hat er mich beeindruckt.“
Manuel Hagel, CDU-Landes- und Fraktionschef: „Wolfgang Schäuble war verbindlich, wortgewaltig und verhandlungsstark und hat diese außergewöhnlichen Fähigkeiten immer zum Wohle Deutschlands in vielen Funktionen. Immer hat er unserem Land, seiner geliebten Heimat gedient und diesen Dienst an die oberste Stelle gesetzt.“
Frank Mentrup (SPD), Präsident des Städtetags Baden-Württemberg und Karlsruher OB: „Die parlamentarische Demokratie ist stabil durch Persönlichkeiten, die deren Leitplanken erklären und damit festigen können, gerade in Zeiten grundlegender Umbrüche. Wolfgang Schäuble war das überzeugendste Beispiel für eine solche Persönlichkeit, ein bodenständiger Grundpfeiler unseres Parlamentarismus. Gleichzeitig war er in seinen vielen Rollen und Funktionen ein Chamäleon, wie das? Egal, wo er was auch immer machte, der Aufgabe passte er sich flexibel an, als Person blieb er immer unverwechselbar Wolfgang Schäuble.“
Hans-Ulrich Rülke , FDP-Landtagsfraktionschef: „Mit Wolfgang Schäuble verliert das Land einen der profiliertesten und verdienstvollsten Politiker. Besonders wir als FDP hatten in ihm stets einen wohlwollenden und fairen Partner.“
Armin Schuster (CDU), Staatsminister in Sachsen und bis 2020 Lörracher MdB : „Meinen ersten Kontakt mit ihm hatte ich in den Siebziger Jahren als Schüler, denn er war mein Wahlkreis-MdB. Dann beruflich mein oberster Dienstherr. Und seitdem ich Politik mache, war er immer die Instanz dafür, wie ein guter Europäer bestmöglich seinem Land dient.“
Nils Schmid, Nürtinger SPD-MdB und früherer stellvertretender Ministerpräsident Baden-Württembergs: „Er war ein überzeugter Europäer und leidenschaftlicher Verfechter der Freundschaft. Ihm ist es zu verdanken, dass mit der Parlamentarischen Versammlung eine einzigartige Institution geschaffen wurde. Dieses Erbe verpflichtet.“
Cem Özdemir, Stuttgarter Grünen-MdB und Bundeslandwirtschaftsminister: „In einer Zeit, in der der spalterische Populismus unsere Gesellschaft angreift wie lange nicht, verlieren wir einen leidenschaftlichen, streitbaren, fairen und immer glühenden Verteidiger unserer parlamentarischen Demokratie. Als ich 2017 bei der Bundestagswahl Spitzenkandidat meiner Partei war, hat er, der in Talkshows eher selten auftrat, sich auf eine Eins-Zu-Eins-Diskussion bei Anne Will mit mir, mit einem Grünen, eingelassen, weil er den demokratischen Wettstreit liebte. Er war ein Politiker, der mit intellektueller Neugier und auf sein ihm eigene Weise auch mit Toleranz den Argumenten anderer zugehört hat.“
Annette Schavan, frühere stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und Ministerin: „Für Wolfgang Schäuble war das Parlament wirklich die Herzkammer der Demokratie. Er war dort präsent. Er hat große, nachdenklich stimmende Reden gehalten. Als Bundestagspräsident war ein herausragender Mahner und ein gefragter Gesprächspartner in den Welten der Kunst, Kultur und Intellektualität. Er war scharfsinnig und konnte unverhohlen zeigen, wenn er fand, dass das Niveau einer Debatte, eines Gesprächs und eines politischen Plans nicht reiche. Das geschah in der gleichsam wohltuenden Schärfe, die nur wenige wagen, und die zu einem Moment der Stille führt, bevor jemand spricht und den Faden aufnimmt.“
Alexis vom Komorowski , Hauptgeschäftsführer Landkreistag Baden-Württemberg: „Er war ein herausragender Politiker, der die Bundesrepublik Deutschland jahrzehntelang entscheidend mitgeprägt hat. Neben seinen 19 Jahren als Kanzleramts-, Innen- und schließlich Finanzminister war er vor allem 51 Jahre Abgeordneter im Deutschen Bundestag und damit der dienstälteste Abgeordnete in der Geschichte aller nationalen deutschen Parlamente. Er hat den Parlamentarismus als Kern einer funktionierenden Demokratie nachhaltig geprägt, insbesondere auch in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Bundestags.
Steffen Jäger, Präsident Gemeindetag Baden-Württemberg: „Mit Wolfgang Schäuble verlieren wir einen der bedeutendsten Politiker unserer Zeit. Ob als Mitgestalter der Deutschen Wiedervereinigung, als Verfechter eines starken und geeinten Europas oder als Stabilitätsanker für die Werte unserer Demokratie: Wolfgang Schäuble war ein Politikgestalter, dessen Erfolge und Errungenschaften weit über seinen Tod hinaus unser aller Zusammenleben nachhaltig und positiv beeinflussen werden. Auch die baden-württembergischen Städte und Gemeinden sind ihm zu großem Dank verpflichtet. Sein Wirken wird vor Ort in unseren Kommunen weiterleben.
Gudrun Heute-Bluhm , lange Jahre geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags: „Wolfgang Schäuble war ein Staatsmann aus politischer Leidenschaft, ein weitsichtiger CDU-Politiker, der die Zeichen unserer Zeit richtig gedeutet hat. Seine Stimme wird fehlen.“ ( jhw /dpa/ lsw )