Nach der Europawahl werden Weichen im Land gestellt
Stuttgart. Bei der Europawahl geht es im Südwesten vor allem um die Frage, wie viele Abgeordnete aus Baden-Württemberg wieder ins Brüsseler Parlament einziehen. Bislang sind es 13, vier von der CDU, drei von den Grünen, drei wurden für die AfD gewählt, zwei davon (Bernd Meuthen und Lars Patrick Berg) sind aber ausgetreten, je einen Sitz stellen SPD, FDP und Linke.
Die Grünen mit Spitzenkandidat Michael Bloss (Stuttgart), Anna Peters und Anna Deparnay-Grunenberg hoffen, wenigstens drei Sitze zu verteidigen. Die CDU geht mit Andrea Wechsler ins Rennen , und hat mit Daniel Caspary, Norbert Lins, Rainer Wieland und Andreas Schwab weitere profilierte Europapolitiker auf ihrer Liste. Alle können damit rechnen, Abgeordnete zu bleiben. Die SPD stellt wieder ihren amtierenden Abgeordneten René Repasi auf, die FDP ihren Mandatsträger Andreas Glück, für die AfD geht ihr Parteiideologe Marc Jongen ins Rennen.
EU-Expertin rechnet mit einem Rechtsruck bei der Wahl
Aus Sicht der Europaexpertin Funda Tekin, die an der Universität Tübingen lehrt und Direktorin des IEP-Instituts in Berlin ist, gibt es für die Wahl weniger Europabegeisterung als vor fünf Jahren, als alle nach dem Brexit Solidarität zeigen wollten und Fridays for Future auf die Straße ging. „Es gibt jetzt eine rechtspopulistische Gegenbewegung“, sagt sie.
Gerade jetzt brauche die EU eine starke Idee, um mit den Herausforderungen fertig zu werden. Sie erwartet einen Rechtsruck bei der Wahl, allerdings werde es weiterhin eine „Mehrheit des demokratischen Zentrums geben“, auch wenn sich die konservative EVP teils nach rechts öffne.
Einen Kommentar zur Europawahl lesen Sie hier.
Die Parteien hoffen auf eine gute Ausgangslage
Landespolitisch wird auch auf den Ausgang geschaut. Bei der Europawahl 2019 lag die CDU mit 30,8 Prozent vor den Grünen mit 23,3 Prozent, die SPD folgte mit 13,3 Prozent und die AfD mit zehn Punkten. Die FDP lag bei 6,8 Prozent. Wie das Bündnis Sarah Wagenknecht im Zusammenspiel mit der Linken abschneidet, die vor fünf Jahren 3,1 Prozent erhielt, wird ebenso spannend wie das Abschneiden der AfD. Die Stärke der Grünen noch mit Winfried Kretschmann, aber der Aussicht auf einen Wechsel 2026 wird ebenfalls interessant. Beobachter rechnen damit, dass nach dem Urnengang am 9. Juni innerhalb der Grünen recht zügig die Weichen gestellt werden, dass der grüne Bundesagrarminister Cem Özdemir Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2026 wird. Denn bis Jahresende muss in den Bundestagswahlkreisen die Nominierung stehen, Özdemir sich also für oder gegen eine erneute Kandidatur nach Berlin entscheiden.
Erste Wahl unter Manuel Hagel als Parteichef
Aber auch bei der CDU wird mit Spannung erwartet, wie der erste Wahlgang unter dem neuen Parteichef Manuel Hagel ausgeht. Je nachdem, wie stark die Südwest-CDU abschneidet und vor allem vor den Grünen liegt, dürfte der Optimismus wachsen, wieder in die Villa Reitzenstein einziehen zu könne.
Für die Kommunen wird es ein Großkampftag, rund 80 000 Menschen im Südwesten müssen früh aufstehen. Als Wahlhelfer sind sie dafür verantwortlich, dass die Wählerinnen und Wähler in den 11 000 Wahllokalen ab 8 Uhr ihre Stimmzettel ausfüllen und in die Wahlurne werfen können. Aufgerufen zur Abstimmung sind in Baden-Württemberg rund 8,6 Millionen Menschen.
Gut 80 000 Wahlhelfer sind in 1101 Kommunen unterwegs
Bei der Kommunalwahl werden wie immer alle fünf Jahre die Gemeinderäte in 1101 Städten und Gemeinden, die Kreisräte in den 35 Landkreisen sowie die Ortschaftsräte gewählt. Zudem stimmen die Bürger in der Region Stuttgart über die Mitglieder der Regionalversammlung ab. Nicht parallel gewählt werden dagegen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Land. Deren Amtsperiode beträgt im Gegensatz zu den Gemeinderäten acht Jahre. Einige Bürgermeisterwahlen, wie etwa die OB-Wahl in Leutkirch, finden zufällig parallel statt.
Welche Prominenten bei der Kommunalwahl antreten
Für die Wahl aufstellen lassen konnten sich erstmals auch Menschen zwischen 16 und 18 Jahren. Das hatte der Landtag im vergangenen Jahr beschlossen. Bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren waren die Freien Wählvereinigungen mit 39,6 Prozent in den Gemeinderäten deutlich vorne, wie traditionell im Südwesten. Es folgte die CDU mit 22,8 Prozent, die SPD mit 13,4 und die Grünen mit 12,9 Prozent. Die FDP (3,9 Prozent) und die AfD (1,9 Prozent) waren vielerorts nicht vertreten. Die Auszählung wird bis Mitte der Woche dauern – es sind Festtage der Demokratie.
Interveies mit den Spitzenkandidaten zur Europawahl in Baden-Württemberg
-> zum Interview mit Michael Bloss (Grüne)
-> zum Interview mit Andrea Wechsler (CDU)
-> zum Interview mit René Repasi (SPD)