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Nationalparkerweiterung

Ministerin kommt mit vielen Zusagen nach Baiersbronn

Umweltministerin Thekla Walker kam mit einer Reihe von Zusagen im Gepäck nach Baiersbronn. Dennoch bleiben viele Anwohner beim Thema Nationalparkerweiterung skeptisch. Insbesondere auch im Langenbachtal, das künftig mitten im Nationalpark liegen wird.

Die Landschaft im Nationalpark bei Baiersbronn zieht auch im Winter viele Besucher an. Doch die Anwohner 
fühlen sich durch das Schutzgebiet zum Teil in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.

Arne Kolb, Nationalpark Schwarzwald)

Stuttgart/Baiersbronn. Der Nationalpark im Nordschwarzwald ist ein Besuchermagnet. 80 000 bis 100 000 Menschen besuchen das Gebiet um den Ruhestein und den Hohen Ochsenkopf jährlich. Doch auch wenn die Zustimmung zu dem Schutzgebiet in Baden-Württemberg und auch in der Region selbst insgesamt sehr hoch ist, sind direkte Anwohner nicht immer so glücklich darüber. Das zeigt sich nun erneut angesichts der Erweiterungspläne. Viele Bürger sind skeptisch, haben Angst, dass gemachte Zusagen nicht eingehalten werden. Und auch Baiersbronns Bürgermeister Michael Ruf (parteilos) fordert verbindliche Zusagen und „Verlässlichkeit“.

Großer Andrang bei Gesprächen mit Ministerin in Baiersbronn

„Der große Andrang im Kursaal hat gezeigt, dass der Nationalpark und der Lückenschluss die Menschen in Region bewegt“, sagte Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) nach Gesprächen in Baiersbronn (Kreis Freudenstadt). Dort hat sie im Stadtteil Schönmünzach gemeinsam mit dem Nationalparkleiter Wolfgang Schlund und dem Vorsitzenden des Nationalparkbeirats und Landrat von Freudenstadt, Klaus Michael Rückert , sowie Vertretern von Forst BW die Pläne für die Erweiterung vor mehreren Hundert Leuten vorgestellt.

Baiersbronn ist vom Nationalpark und von der Erweiterung am stärksten betroffen. Hier grenzen nicht nur Ortsteile an den Nationalpark, das Langenbachtal mit seinen rund 150 Einwohnern wird künftig sogar mitten im Schutzgebiet liegen. Und die Anwohner machen sich Sorgen. Walker ist deshalb schon mit einer Reihe von Zusagen im Gepäck angereist.

Rolle der Kommunen im Nationalparkrat soll gestärkt werden

So sicherte sie den Anwohnern den Erhalt und die Weiterentwicklung der vorhandenen Infrastruktur zu. Auch sollen weite Bereiche der Wälder entlang der betroffenen Gebiete zur Managementzone werden, so dass dort auch beispielsweise der Borkenkäfer bekämpft werden kann. Auch sicherte sie den Anwohnern in der Managementzone freies Betreten der Wälder, das Sammeln von Waldfrüchten und auch die Holzlagerung entlang der Wege zu.

Darüber hinaus soll die Nationalpark-Verwaltung gemeinsam mit Experten aus der Region ein Konzept erstellen, um die Anwohner vor Waldbrand und Hochwasser zu schützen. Ein Wegekonzept soll im Laufe der kommenden Jahre ebenfalls gemeinsam mit der Bevölkerung vor Ort, dem Nationalparkrat und -beirat erarbeitet werden und im Nationalpark-Plan dann verbindlich festgeschrieben werden. Dieser Plan wird vom Nationalparkrat beschlossen. In diesem Rat soll künftig die Rolle der Kommunen gestärkt werden. In bestimmten Fällen, die im Nationalparkgesetz festgeschrieben werden sollen, soll ein Beschluss nur noch möglich sein, wenn die Mehrheit der Kommunen und die Mehrheit der Landesvertreter im Rat zustimmen. Auch schlägt sie vor, dass der Nationalparkrat künftig öffentlich tagen soll, um die Entscheidungen auch transparent zu machen.

Trotz Zugeständnissen bleiben die Bürger skeptisch

Es sind weitreichende Zugeständnisse, die Walker macht. „Den Worten müssen Taten folgen“, sagt der langjährige Förster Erwin Zepf. Er kennt jedes Detail des Gebiets. Es wäre ein Fortschritt, sollte es so kommen, so Zepf. Zugleich macht er deutlich: Nach den Erfahrungen bei der Einrichtung des Nationalparks geht das Vertrauen in die Aussagen bei den Menschen vor Ort gegen Null.

Ähnlich äußert sich auch Maike Weiss, CDU-Gemeinderätin in Baiersbronn. Sie fordert bereits seit langem, dass der Nationalparkrat öffentlich tagen soll. Auch macht sie deutlich, dass der Nationalpark für viele Menschen sicher ein tolles Ausflugsziel ist. „Doch wir leben hier. Und wir wollen das weiterhin können“, so Weiss. Sie erzählt von Dingen, die die Bürger ärgern. Wie etwa eine Brücke, die der Förster bauen ließ, die dann vom Nationalpark wieder abgerissen wurde, weil sie nicht gebraucht würde. Oder davon, dass Gruppen ihren Besuch im Nationalpark anmelden sollten, was einen Ausflug eines örtlichen Vereins deutlich erschwere. Beispiele kennt sie viele.

Der Ortschaftsrat Schwarzenbach, zu dem auch das Langenbachtal gehört, sieht keinen Bedarf an dieser Erweiterung, macht Ortsvorsteherin Christine Günter deutlich. Die Bevölkerung wolle ihr Naherholungsgebiet auch in zehn Jahren weiter nutzen. Denn die Ministerin hatte zugesichert, dass für die kommenden zehn Jahre alle breiten, geschotterten Waldwege im Erweiterungsgebiet offen bleiben und von jedem zu Fuß oder mit dem Rad genutzt werden können. Für Günter stellt sich die Frage, was nach den zehn Jahren ist.

„Der Nationalpark funktioniert nur, wenn er von den Menschen vor Ort mitgetragen wird“, sagt Walker. Ihr Ziel: Gemeinsam einen Weg zu erarbeiten, den alle mitgehen können. Ein Schritt dabei sind die Zusagen, die sie nach Baiersbronn mitgebracht hat. „Bei vielen Themen konnten wir bereits Lösungen anbieten. Andere nehmen wir in den weiteren Prozess mit“, so Walker.

Der Gemeinderat in Baiersbronn wird sich am 28. Januar mit der Nationalparkerweiterung befassen. Das Votum nimmt Bürgermeister Ruf dann mit in den Nationalparkrat, der Ende Januar über den Lückenschluss zwischen den beiden Teilen des Nationalparks entscheiden soll. Der Rat hatte sich im Vorfeld grundsätzlich für die Erweiterung ausgesprochen, wenn die Belange der Bevölkerung vor Ort angemessen berücksichtigt werden. Stimmt der Rat zu, wird im Umweltministerium die Änderung des Nationalparkgesetzes erarbeitet. Spätestens Ende des Jahres soll dann der Landtag über die Erweiterung des Schutzgebietes entscheiden.

Lückenschluss geplant

Grüne und CDU haben sich auf diesen Lückenschluss verständigt. Damit sollen die beiden Teile des einzigen Nationalparks in Baden-Württemberg miteinander verbunden werden. Dies wird möglich, weil die Murgschifferschaft, eine Waldgenossenschaft, der das Waldstück zwischen den beiden Teilgebieten gehört, zu einem Flächentausch bereit ist. Voraussetzung: Das Land verkauft seine Anteile an der Genossenschaft an die übrigen Gesellschafter.

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