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Lehrer sollen lernen, KI im Unterricht einzusetzen
Heilbronn/Stuttgart. Wer in Heilbronn aus dem Bahnhof tritt und den Neckar überquert, sieht viele Kräne, nagelneue und noch im Bau befindliche Gebäudekomplexe, kurz: einen neuen Stadtteil im Werden – den Bildungscampus. Dort startet ein Projekt, das Lehrer für den KI-Einsatz im Unterricht fit machen soll.
Am Montag hat die Landesregierung in Heilbronn das KI-Zentrum Schule gegründet. Es soll die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz für den Unterricht vermitteln und über deren Chancen, aber auch Risiken aufklären. Man wolle einen Ort, an dem „wir mit Praktikern aus der Schule und mit Expertinnen und Experten Lösungen für modernen Unterricht erarbeiten“, sagte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne).
Landeseinrichtung und Schwarz-Stiftung sind Träger des KI-Instituts
Träger des Zentrums sind das landeseigene Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und die Dieter Schwarz Stiftung in Heilbronn – „ein Player, ohne den das nicht gegangen wäre“, wie Schopper sagte. Laut Silke Lohmiller, der Geschäftsführerin der Stiftung, wird die neue Einrichtung auch von der Ansiedlung im Innovation Park Artificial Intelligence und deren vielen Experten profitieren. Eine „Netzwerkarbeit ohne Tabus“, unter Einbeziehung der Tech-Industrie, forderte ZSL-Präsident Thomas Riecke-Baulecke: „Das Entscheidende wird sein, die Vernetzung mit der Wissenschaft herzustellen“ – möglichst über die Grenzen Deutschlands hinaus. Lehrerfortbildung sei „nicht die alleinige und wichtigste Aufgabe“. Es gelte auch, neue KI-Plattformen und Anwendungen auf dem Markt auf ihre Tauglichkeit für den Einsatz an der Schule zu prüfen, und dabei dürfe „Pädagogik vor Technik“ nicht die Losung sein.
Nicole Stockmann leitet das Ellental-Gymnasium in Bietigheim-Bissingen (Landkreis Ludwigsburg). Ihr zufolge ist KI an den Schulen längst gang und gäbe, bei Lehrern wie Schülern gleichermaßen. Beim Einsatz von ChatGPT als Lehrer bekämen Schüler sehr individuelle Antworten „und trauen sich mitunter mehr als im Unterricht“. Denn, so habe einmal ein Schüler gesagt, „ChatGPT ist immer nett zu mir, Frau Stockmann!“. Lehrkräfte setzten KI zum Erstellen von Arbeitsblättern und beim Korrigieren ein. Stockmanns Hoffnung, die auch viele andere Teilnehmer der Veranstaltung zum Ausdruck brachten, ist, dass Lernen mit KI-Unterstützung vielleicht auch die Ungleichheit zwischen vom Elternhaus stark und weniger stark geförderten Kindern etwa verringern könne. „Lehrkräfte sind sehr einfach zufriedenzustellen“, sagte sie in der abschließenden Podiumsdiskussion. „Sie wollen, dass all ihre Schüler gut lernen können.“
Kritik kommt vom Schülerbeirat und Lehrervertretern
Kaum mehr als ein Jahr dauerte es laut den Verantwortlichen von der Idee bis zur Gründung des KI-Zentrums, nun soll es in hohem Tempo weitergehen: In wenigen Wochen, am 13. November, wird die Ministerin in Berlin die neue Einrichtung bundesweit bekannt machen – und bei ihren Ressortkollegen für länderübergreifende Zusammenarbeit werben.
Etwas Wasser in den Wein goss allerdings Joshua Meisel, der Vorsitzende des Landesschülerbeirats, schon während der Veranstaltung selbst und mehr noch tags darauf. Angesichts der rasanten Entwicklung komme die Gründung eigentlich „Jahre zu spät“ und die davon hauptsächlich Betroffenen seien zu wenig beteiligt worden. Letzteres kritisierte auch die Vorsitzende des Philologenverbands Baden-Württemberg, Martina Scherer, in einer Pressemitteilung.
Und ihr für IT und Medien zuständiger Kollege Cord Santelmann fragte: „Warum braucht das Land das Sponsoring einer wirtschaftsnahen Stiftung?“ Der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung, Gerhard Brand, nannte das KI-Zentrum „einen wichtigen Schritt, um die Schulen zukunftssicher aufzustellen“. Allerdings bräuchten diese dann eine entsprechende Ausstattung, sowohl mit Infrastruktur als auch mit Personal.