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Viele Themen zum Schuljahresbeginn

Laut Verbänden: Schüler sollen zur Mündigkeit befähigen werden

Zum Beginn des Schuljahrs 2024/2025 rückt die Demokratiebildung in den Vordergrund. Die will auch die Landesregierung stärken. Vor allem Berufsschullehrkräfte zeichnen ein erschreckendes Bild.

Mehr Bildung in Sachen Demokratie - das war unter anderem Thema in den Pressekonferenzen von Verbänden zum Beginn des neuen Schuljahrs.

IMAGO/Christopher Neundorf)

Stuttgart. Sie haben Tradition, die Pressekonferenzen von Verbänden, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie dem Kultusministerium wenige Tage bevor der Unterricht nach den Sommerferien wieder losgeht. Mit der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium sind Veränderungen für alle Schulen ab der fünften Klasse im kommenden Schuljahr verbunden. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) stellt dafür ein Bündel von Maßnahmen vor, mit Fokus auf das „Startchancenprogramm“ für Brennpunktstandorte.

Auf die Förderung greifen nach den Zahlen aus dem Ministerium in diesem Jahr 227 Schulen zu, davon 167 Primarschulen. 313 Schulen sollen ab dem Schuljahr 2025/2026 folgen. Noch klären muss das Land in den Haushaltsverhandlungen, wie viel eigenes Geld es zusätzlich gibt. Die Demokratiebildung, die seit 2019 an allen Schulen angestoßen ist, wird im neuen G9 und darüber hinaus strukturell ebenfalls im nächsten Schuljahr eingeführt. Fürs Gymnasium begrüßt der Philologenverband wie alle weiterführenden Schularten, dass diese durch die geplante Schulreform eine Stärkung der Basiskompetenzen und der Informatik erfahren. Hervorgehoben wird außerdem die Bedeutung der beruflichen Orientierung, die auch der Studienorientierung dienen müsse, und die Stärkung der Demokratieerziehung.

Der Philologenverband will die Gesellschaftswissenschaften stärken

„Ein wichtiger Baustein sind die geplanten Klassenlehrerstunden in der Unterstufe, in denen Dialogkultur und soziales Lernen gefördert werden können“, erläutert Martina Scherer, neue Landesvorsitzende des Philologenverbands Baden-Württemberg. Gerade die Stärkung der Gesellschaftswissenschaften helfe, „bei den vielschichtigen Herausforderungen unserer Zeit Resilienz und Problemlösekompetenzen zu schaffen“. Ohnehin habe die Schule den Auftrag, jeden Tag, neben dem Elternhaus und der gesamten Gesellschaft, „Schülerinnen und Schüler zur Mündigkeit zu befähigen, um damit auch dauerhaft unsere Demokratie zu sichern“. Respekt, Toleranz, Gewaltfreiheit und Nächstenliebe müssten täglich praktiziert werden.

In einer besonderen Lage sehen sich Berufsschullehrkräfte, weil viele Schüler und Schülerinnen im Wahlalter, zugleich aber politisch bereits festgelegt sind. Trotz eines großen Augenmerks auf Demokratiebildung sei ein Gros der Jugendlichen und jungen Menschen „desinteressiert an dem, was wir sagen“, so die stellvertretende Vorsitzende des Berufsschullehrerverbands (BLV) Michaela Keinath. Sie höre oft Ansagen wie „Ihr seid System“, so Keinath, die in Pforzheim unterrichtet, einer AfD-Hochburg ausweislich der Kommunalwahlergebnisse: „Da ran zukommen, ist aber entscheidend.“ Dazu brauche es viel Einsatz der einzelnen Lehrkräfte, aber ebenso zusätzliche und spezielle Fortbildungen. Außerdem berichtet der BLV von Meldungen aus dem ganzen Land  „über abgetauchte Schülerinnen und Schüler“. Viele Jugendliche, die nach dem Abschluss oder Abbruch einer allgemeinbildenden Schule noch berufsschulpflichtig seien, kämen in den beruflichen Schulen überhaupt nicht an. Stefan Fulst-Blei (SPD), Bildungsexperte der Landtagsfraktion mit Erfahrungen als Berufsschullehrer, verlangt nach mehr Schulsozialarbeit und einer größeren Rolle in der bildungspolitischen Debatte für „diese schleichende Katastrophe“.

Landeselternbeirat kritisiert Hickhack bei der Mittelverteilung

Die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein will auch den Begriff der Grundkompetenzen ausweiten. Es heiße oft, dass Kinder zuerst Schreiben, Lesen und Rechnen müssen: „Für mich gehören die Demokratieerziehung und der selbstverständliche Umgang mit Vielfalt von Anfang an mit dazu und wie demokratische und menschenrechtliche Werte und Normen gerade in Schulen gelebt, vorgelebt und gelernt werden.“

Schriftlich hat sich zum Schulstart der Landeselternbeirat gemeldet. Große Sorge bereite „der allgemeine Hickhack bei der Verteilung von Mitteln im Bildungsbereich“. Und der Vorsitzende Sebastian Kölsch ist dafür, über die bisher beschlossenen Reformen hinauszudenken, gerade in den Reihen der Regierungsfraktionen Grüne und CDU. Vor Kurzem habe eine Expertenkommission die Idee einer „Neuen Sekundarschule“ präsentiert. Diese Initiative zu grundlegenden, gemeinsamen Schritten verdiene Beachtung.

Enquete vorgeschlagen

Der Landeschülerbeirat will, dass alle bildungspolitischen Reformideen nochmals diskutiert werden. In einem Offenen Brief an Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) wird die Einrichtung einer „Enquetekommission Bildung“ verlangt. Sie solle „ausdrücklich mit dem Ziel antreten, die andauernde Selbstblockade der Beteiligten im Bildungssystem zu überwinden“. Notwendig sei „eine von der Öffentlichkeit gut beobachtete Instanz, die sich für den Ausstieg aus der Bildungsmisere verantwortlich zeigt“.

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