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Lass Donald Trump doch gerne mit Zitronen handeln

Donald Trump will auf alle Importe aus der EU 20 Prozent Zoll erheben, auf Autos sogar 25 Prozent.
dpa/Mark Schiefelbein)Deutsche, kauft deutsche Bananen! Der Spruch, der fälschlicherweise Kurt Tucholsky zugeschrieben wird – bei ihm war noch von Zitronen die Rede –, bringt den ganzen Irrsinn dessen, was gerade unter dem Stichwort Strafzölle passiert, auf den Punkt. Klar kann man versuchen, in Deutschland Südfrüchte zu züchten oder der über Jahrzehnte herabgewirtschafteten amerikanische Autoindustrie künstlich neues Leben einzuhauchen. Doch sinnvoll ist das nicht. Jedenfalls nicht, wenn man über den Tag hinausdenkt.
Kurzfristig mögen die US-Autobauer und andere Branchen, die Donald Trump so schützen will, sogar profitieren, doch langfristig schaden sie sich selbst. Handel und Wirtschaft funktionieren dort am besten, wo eine gesunde Konkurrenz herrscht. Maßnahmen, wie sie Donald Trump jetzt zum Schutz seiner Industrie ergriffen hat, bremsen den Fortschritt. Gleichzeitig dreht sich die Erde weiter. Die Amerikaner sollten sich keinen Illusionen hingeben. Auch sie werden eines Tages von China und Indien abgehängt.
Womit wir bei Deutschland wären. Trumps Attacke trifft in erster Linie eine Branche, die ohnehin schwer gebeutelt ist. Die vergangenen Jahre haben der heimischen Autoindustrie nicht gutgetan. Die Chinesen haben uns beim Thema Elektromobilität den Rang abgelaufen. Benzin- und Dieselmotoren sind Auslaufmodelle, zumindest was den europäischen Markt angeht. Ein paar Nischen bleiben, aber das Massengeschäft könnte über kurz oder lang in jene Weltregionen abwandern, in denen weniger gezahlt und weniger reguliert wird.
Das muss man nicht schicksalergeben akzeptieren. Man kann versuchen, den Wettbewerbsvorteil, der in einer hohen Qualifikation der Beschäftigten liegt, zu nutzen, um die Konkurrenz auf Abstand zu halten. Heimische Marken wie Mercedes, Porsche und Audi dürften auch von ihrem über Jahrzehnte erworbenen guten Ruf profitieren.
Man muss aber vielleicht auch akzeptieren, dass Europa und die USA nicht für alle Zeiten Platz eins gebucht haben. Jahrhundertelang hatte ein Erdenbürger, Zeiten von Krieg und Verfolgung einmal ausgenommen, das große Los gezogen, wenn er im globalen Westen und nicht im globalen Süden zur Welt kam. Das muss nicht immer so bleiben.
Der Strukturwandel in der Automobilindustrie dürfte dazu führen, dass in Baden-Württemberg Arbeitsplätze wegfallen und damit auch Wohlstand. Mag sein, dass andere Entwicklungen, deren Folgen derzeit noch nicht absehbar, dies ausgleichen. Aber wenn dem nicht so sein sollte – was wäre eigentlich so schlimm daran, wenn wir mal nicht auf der Überholspur unterwegs sind?
Natürlich kann man das Leben auch als Wettstreit deuten, als Überlebenskampf, den laut Charles Darwin nur der Fitteste besteht. Dann muss man Leuten wie Donald Trump Respekt zollen, denen die „Kollateralschäden“ egal sind, ob sie Ukraine, Panama, Grönland, Weltklima oder Artenvielfalt heißen.
Aber man muss es nicht tun. Man darf auch der Vorstellung, dass wir uns in einem Krieg aller gegen alle befindet, ein humanistisches Weltbild entgegensetzen.
Und damit sind wir bei der Antwort auf die Frage, wie Europa, wie Deutschland auf den drohenden Handelskrieg reagieren sollte. Selbstverständlich darf man sich nicht alles gefallen lassen. Aber man kann auch einmal beobachten, wie sich die Sache entwickelt. Bei den Zöllen gegen Mexiko und Kanada hat der US-Präsident ja auch mehrmals seine Meinung geändert. Manchmal muss man den längeren Atem haben. Und hoffen, dass die Gegenseite begreift, dass sie sich selber ins Knie schießt. Vielleicht besucht Ursula von der Leyen mal den Dealmaker im Weißen Haus. Ihrem Vorgänger Jean-Claude Juncker ist es ja gelungen, ihn in Sachen Zölle zu bezirzen.
Die wirklichen Herausforderungen müssen wir ohnehin gemeinsam meistern. Die Menschheit schaufelt sich ihr Grab, wenn sie so weitermacht wie bisher. Das fossile Zeitalter muss und wird zu Ende gehen. Auf dem Pfad in ein neues, CO 2 -neutrales Zeitalter ist Deutschland schon ein ganzes Stück vorangekommen. Das könnte eine neue Wachstumsbranche sein. Das mag für diejenigen, die gerade in der Automobil- und Zuliefererindustrie um ihren Job bangen, wie Hohn klingen. Doch wir müssen einfach nur die besten Autos für das postfossile Zeitalter bauen. Dann können wir auch auf dem Weltmarkt bestehen. Wir wollen ja nicht mit Zitronen handeln wie Trump.
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