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Katastrophenschutz: Landkreistag und Feuerwehrverband fordern mehr Ressourcen
Stuttgart. Der Bevölkerungsschutz ist wieder stärker in den Fokus gerückt – auch für die Landkreise in Baden-Württemberg. Wie Tim Gerhäusser, Dezernent für Ordnung, Gesundheit und Strukturpolitik beim Landkreistag, sagt, habe die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ wie ein Booster für das Thema Katastrophenschutz gewirkt.
Ein wesentliches Ergebnis sei, dass festgestellt wurde, dass das Landeskatastrophenschutzgesetz überarbeitet werden muss. „Die Krisen verändern sich nach Art und Qualität, so dass auch die Rolle der unteren Katastrophenschutzbehörden und damit zusammenhängend auch ihre Ressourcenausstattung neu bewertet werden muss“, so Gerhäusser.
Landkreistag rechnet absehbar mit gewaltigen Aufgaben
Bisher habe man sich vornehmlich für Blaulicht-Szenarien gewappnet. „Diese bestehen weiter, sind – als Beispiel mögen hier die Starkregenereignisse des Sommers dienen – aber von einer neuen, erschreckenden Qualität“, sagt Gerhäusser. Doch sähen sich die unteren Katastrophenschutzbehörden auch mit ganz anderen Krisenszenarien konfrontiert: Klimawandel, Energiemangellagen, Pandemien und Flüchtlingsunterbringung.
An die Herausforderungen und Aufgaben, die sich aus dem Operationsplan Deutschland der Bundeswehr ergäben, denke er da noch gar nicht. „Sie werden absehbar gewaltig sein und sind zuvorderst eine staatliche Aufgabe, für die das Land die unteren Katastrophenschutzbehörden entsprechend ausstatten muss.“
Der Enquetekommission könne man nur beipflichten, wenn sie dem Land rät, die unteren Katastrophenschutzbehörden unter Bereitstellung notwendiger Ressourcen „Bevölkerungsschutzämtern“ weiterzuentwickeln. Konsequenterweise müsste dabei auch das Land die Kosten übernehmen. „Genau dies und nicht weniger erwarten die Landkreise von der Novelle des Landeskatastrophenschutzgesetzes“, sagt Gerhäusser. Ein Baustein wäre die Einrichtung von Bevölkerungs- oder Katastrophenschutzbeauftragten, wie sie dem Vernehmen nach in der geplanten Gesetzesnovelle vorgesehen sei. Man müsse aber darüber nachdenken, wie man dies umsetze. Der Schaffung von Beauftragtenstellen wohne immer die Gefahr inne, dass parallele Strukturen entstünden und den „Beauftragten“ die Einbindung in die Verwaltungshierarchie fehle.
Feuerwehrverband blickt mit Sorge auf Gefahr flächendeckender Kontaminationslagen
Auch der Landesfeuerwehrverband sprach sich bei seiner Verbandsversammlung im Oktober für „eine grundlegende Neugestaltung des Landeskatastrophenschutzes“ aus. Denn der Bevölkerungsschutz müsse aus seinem „Dornröschenschlaf der vergangenen 30 Jahre“ erweckt werden. Dazu brauche es vor allem Verbesserungen in planerischer, personeller und finanzieller Hinsicht. Es gelte, die Handlungsempfehlungen zur „staatlichen Krisenvorsorge und Krisenbewältigung“ der Enquete-Kommission zu berücksichtigen.
Sorgen bereiten dem Feuerwehrverband vor allem die Gefahr flächendeckender Kontaminationslagen durch chemische, biologische oder radioaktive Substanzen, ein längerfristiger Ausfall der Gas-, Wasser- und Stromversorgung sowie Lieferketten sowie Terrorlagen.
Die geopolitische Lage ist so angespannt wie seit Jahren nicht mehr
Im Innenministerium arbeitet man bereits an der Novelle des Katastrophenschutzgesetzes. „Die geopolitische Lage ist so angespannt wie seit Jahren nicht mehr, auch der Klimawandel fordert uns mit den Folgen der Extremwetterlagen heraus und die zurückliegende Corona-Pandemie hat gezeigt: Krisen kennen keine Grenzen“, heißt es. „Darauf müssen wir reagieren, uns gut vorbereiten, Vorsorge treffen und den Katastrophen- und Zivilschutz so aufstellen, dass er die Herausforderungen bewältigen kann“, so ein Sprecher.
Das Land sei auf einem guten Weg, man sei im Bevölkerungsschutz auch gut aufgestellt. Damit das so bleibe, müsse der Bevölkerungsschutz auf eine moderne und leistungsfähige Ausstattung zurückgreifen können. Fahrzeuge und Equipment müssen ersetzt, ausgetauscht oder neu beschafft werden.
Innenministerium: 48,8 Millionen Euro für den Katastrophenschutz
Das Ministerium verweist auf das 25-Millionen-Euro-Programm zur Stärkung des Katastrophenschutzes, das umgesetzt werde. Im neuen Doppelhaushalt sind weitere Mittel eingeplant. Etwa Mittel für den Rettungsdienst in Höhe von sieben Millionen Euro pro Jahr sowie Verpflichtungsermächtigungen von je fünf Millionen Euro. Für die Kofinanzierung des Sirenenförderprogramms 2.0 gibt es über 2,5 Millionen Euro.
Für das Sonderprogramm zur Stärkung des Katastrophenschutzes sowie für den Katastrophenschutz sind 15,8 und für die Gesetzesnovelle 6,5 Millionen Euro vorgesehen. Insgesamt sind das 48,8 Millionen Euro.
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