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Migrationspolitik

Landkreise hoffen auf schnelle Einführung der Bezahlkarte 

Der Fahrplan für die Bezahlkarte für Flüchtlinge steht in Baden-Württemberg, zunächst werden ab Dezember die elf Landeserstaufnahmeeinrichtungen mit den Karten versorgt, ab Januar 2025 die unteren Aufnahmebehörden, also die Landkreise und kreisfreien Städte. Diese begrüßen die Karten, allerdings nicht uneingeschränkt.

Willkommen sagen die meisten Landkreise in Baden-Württemberg zur geplanten Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge.

dpa/Sven Hoppe)

Stuttgart. Mit der Einführung der Bezahlkarte, einer Kreditkarte für Geflüchtete mit eingeschränkten Funktionen, will das Justiz- und Migrationsministerium den Flüchtlingszuzug verringern. Die meisten Landratsämter, die vor der Einführung der Karte stehen, erhoffen sich dagegen eine Verwaltungsvereinfachung. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage unter den 35 Landkreisen und neun kreisfreien Städten Baden-Württembergs.

Bislang arbeiten Behörden mit verschiedenen Auszahlungsverfahren. Sie überweisen meist die Leistungen auf Girokonten der Geflüchteten. Wer keine Bankverbindung hat, bekommt einen Barscheck oder Sachleistungen. Doch es gibt auch Landkreise, die nur bar auszahlen, teils über Kassenautomaten. Andere wie der Ortenaukreis oder Rastatt haben Bezahlkarten bereits eingeführt und gute Erfahrungen gemacht.

Kostenübernahme durch das Land animiert zur Einführung

Die große Mehrheit der Landkreise und kreisfreien Städte möchte daher so schnell wie möglich die Karten einführen. Über 80 Prozent der Behörden planen die Einführung wenigstens innerhalb des ersten Quartals 2025, etliche darunter bereits zum Jahresbeginn (Siehe Grafik). Das dürfte auch an der Kostenübernahme durch das Land liegen. Die meisten Kreise rechnen mit nur geringen Ausgaben für die Einrichtung einer Schnittstelle in der Verwaltungssoftware oder für einen erhöhten Personalaufwand zu Start der Kartenausgabe.

Der landesweite Erstbedarf dürfte deutlich über 45 000 Karten liegen, 37 der 44 Gebietskörperschaften konnten beziffern, wie viele Karten sie brauchen, Stuttgart zum Beispiel 4400. Weil die Städte Karlsruhe, Heidelberg und Freiburg Landeserstaufnahmeeinrichtungen haben, sind diese von der Aufnahme weiterer geflüchteten Menschen ausgenommen. Das Land rechnet laut Doppelhaushalt für 2025 und 2026 zunächst mit Kosten von 10,7 Millionen Euro für die Karteneinführung.

Kontrolle soll Schleuserfinanzierung vereiteln

Bislang konnten Leistungsbezieher frei über ihr Geld verfügen. 2024 waren das etwa für alleinstehende Erwachsene 460 Euro pro Monat. 2025 sinkt der Betrag auf 441 Euro. Durch die Bezahlkarte sollen Verwendungszwecke wie die Überweisung ins Ausland oder Glücksspiel ausgeschlossen sein. „Wir tragen durch eine gezielte Steuerung und Kontrolle der Gelder aktiv zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität bei“, sagt Siegfried Lorek (CDU), Staatssekretär im Justizministerium.

Da im Bundesgesetz kein Vorrang der Bezahlkarte für die Leistungsgewährung vorgesehen ist, rechnen einige Kreise mit Widersprüchen gegen ihre Ermessensentscheidung, die Karte anzuwenden. Beides, Widerspruch und Ermessen, werde den Verwaltungsaufwand erhöhen. Eine Chance auf Änderung der seit Mai geltenden Regel im Asylbewerberleistungsgesetz sieht das Landesjustizministerium aktuell nicht, Stichwort: Ampel-Aus in Berlin.

Auch die Begrenzung auf einen Abhebe-Betrag von 50 Euro wirft bei einigen Ämtern Fragen auf, ob die Summe ausreicht. Nicht überall werden Karten akzeptiert, etwa auf Flohmärkten oder im Sozialkaufhaus. Schon jetzt böten Flüchtlingshelfer den Umtausch von Warengutscheinen in Bargeld an, dies könnte auch bei der Bezahlkarte funktionieren.

Zurückhaltende Landkreise, überzeugter Staatssekretär

Bei der Frage, ob die Bezahlkarte das Migrationsgeschehen in Deutschland beeinflussen kann, geben sich die Landkreise zurückhaltend. Dagegen sagt Staatssekretär Lorek: „Wir reduzieren durch die Umstellung Anreize für eine irreguläre Asylmigration nach Deutschland.“ Doch etwa zwei Drittel der Kreise wollen erst abwarten, ob diese Annahme zutrifft. Es gibt aber auch Einschätzungen, die mit Loreks Erwartungen übereinstimmen, etwa aus den Kreisbehörden in Schwäbisch Hall und Freudenstadt.

Grundsätzliche Kritik kommt aus Ulm. Dort wird befürchtet, dass die Karteneinführung viel Personal binde. Auch wegen rechtlicher Fragen rechnet die Münsterstadt erst mit der Karteneinführung für Anfang 2026. Ablehnen könnte sie die Einführung übrigens nicht, die Kommunen agierten hier nicht in Selbstverwaltung, sondern als staatliche untere Verwaltungsbehörde, so das Ministerium. Aus Ulm kommt auch die Kritik, dass eine Evaluation für die regulierende Wirkung fehle. Diese dürfte aber schwerfallen, so das Justizministerium, die Bezahlkarte sei nur eine Maßnahme von vielen, um illegale Migration zu reduzieren.

Einen Kommentar zu diesem Thema finden Sie hier.

So stehen die Landkreise und kreisfreien Städte zur Einführung der Bezahlkarte.

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