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Flüchtlingspolitik

Land will Kurs bei Abschiebungen verschärfen

Wenn einer eine Reise macht: Dann kann das Erkenntnisse bringen. Die Justizministerin Marion Gentges und ihr Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU) wollen nach ihrem Besuch im Norden einige Elemente der strikten Migrationspolitik kopieren.

Es ist die erste große Auslandsreise von Justizministerin Marion Gentges (CDU, Mitte): Mit Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU, links) ist sie hier mit dem Botschafter Pascal Hector unterwegs. Es geht um Ideen für Migrationspolitik.

Justizministerium)

Stuttgart. Ein Satz ist den beiden CDU-Politikern in Dänemark besonders in Erinnerung geblieben. „Die Sozialdemokraten dort haben gesagt: Es sind die kleinen Leute, unsere Wähler, die mit den Folgen der Migrationspolitik zu kämpfen haben.“ Nun ist vor allem der für Flüchtlinge zuständige Staatssekretär Siegfried Lorek nicht gerade dafür bekannt, Sozialdemokraten zu loben.

Eine erste Konsequenz der Reise: Flüchtlinge, die neu in einer Erstunterkunft ankommen, müssen bald einen Teil ihrer Wertsachen abgeben, um die Verfahrenskosten zu decken. Wie das genau abläuft, hat die Ministerin vor der Landespresse diese Woche noch präzisiert. „Körpernah getragener Schmuck oder religiöse Symbole sind tabu“, sagt sie.

Nur wer keinen Pass hat, muss Wertsachen abgeben

Infrage kommen auch nur Flüchtlinge, die keine Pässe bei sich tragen, und daher durchsucht werden. Es gilt eine Untergrenze von 200 Euro, bis zu diesem Wert wird nichts eingezogen, und eine Obergrenze von 5000 Euro. Die Praxis ist übrigens in der Ankunftsstelle Heidelberg bereits Usus, im vergangenen Jahr wurden laut Gentges Wertgegenstände und Geld dort von 50 000 Euro sichergestellt, davon 35 000 Euro konfisziert. Rechtlich möglicht ist das schon seit den 90er-Jahre. „Es ist mir in Dänemark aber erst wieder bewusst geworden“, sagt die CDU-Politikerin.

Früher hat Grün-Schwarz über Abschiebungen gestritten

Auch ansonsten tut das Land deutlich mehr. Die Verfahren wurde deutlich verkürzt, im Schnitt auf 1,2 Monate. Es gibt mehr Abschiebungen, im vergangenen Jahr waren es 2873, eine Steigerung um 37 Prozent, wie Siegfried Lorek vorrechnet. Gleichzeitig fanden 4000 freiwillige Ausreisen statt. Hier will das zuständige Justizministerium auch weiter ansetzen. „In Dänemark werden freiwillige Ausreisen mit bis zu 3500 Euro gefördert“, sagt Gentges. die Hälfte hier, die andere bei Ankunft.

Freiwillige Ausreisen statt Abschiebungen sind günstiger

Wenn die Flüchtlinge selbst in den Flieger steigen, ist das günstiger, stressfreier und einfacher. Während in Dänemark nur fünf Prozent abgeschoben werden und 95 freiwillig gehen, sind es hierzulande 50 Prozent Zwangsabschiebungen. Geld erhält in Dänemark übrigens auch, wer im Verfahren auf Rechtsmittel verzichtet.

Gentges fordert zudem, den Instanzen weg einzuschränken: „Bei uns kann bei jedem Zwischenschritt der Rechtsweg beschritten werden.“ In Dänemark gibt es nur eine Instanz, die Entscheidung fällt in sieben Tagen. Wer bleiben darf, bekommt Sprach- und Integrationsförderung, der Rest kommt sofort in Abschiebehaft. Und zwar in einem „Ausreisezentrum“, einer ehemaligen Kaserne, mit Basisversorgung, ohne Bargeldleistungen. Auch hier fordert Gentges in Richtung Bundesregierung: „Wir sollten hier die Regelungen ändern.“ Denn oft treffe man die Abzuschiebenden nicht an.

Zwei irakische Straftäter wurden abgeschoben

In zwei brisanten Fällen lief es anders. In einem Abschiebeflugzeug in den Irak waren von 476 Plätzen zwei für Straftäter aus Baden-Württemberg reserviert, die wegen Mordversuches, gefährlicher Körperverletzung und Drogenhandel verurteilt wurden. „Es sind statistisch nur geringe Zahlen, aber sie erhöhen die Sicherheitslage“, sagt auch der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er ist beim Thema Wertgegenstände eher reserviert, trägt sonst den strengeren Kurs von Gentges mit, was nicht allen in seiner Partei gefallen dürfte. Kretschmann: „Wer schwere Straftaten begeht, der muss raus, und zwar schnell.“

Nicht alle Regelungen aus Dänemark werden übernommen. Etwa dass Bewohner aus einem Problemviertel mit hohem Migrantenanteil höhere Strafen bei Straftaten erhalten. Es geht den CDU-Politikern auch um Symbolik. Die Botschaft: Es lohnt sich nicht, nach Deutschland zu kommen. Man verliert seine Wertsachen, es wird schnell entschieden und es gibt kein Bargeld.

Die SPD sieht Verantwortung bei der Ministerin selbst

Was sagen die heimischen Sozialdemokraten zu dem Ideenimport aus Skandinavien? Der SPD-Generalsekretär Sascha Binder erklärt, dass die Einbehaltung von Wertgegenständen unn Geld keine relevante Rolle spiele. „Allein schon deswegen ist die Vorstellung irrig, eine landesweite Durchsetzung werde Menschen davon ,abschrecken‘, sich in unserem Land um Asyl zu bewerben“, sagt er. Bei der Länge der Verfahren verweist Binder Gentges: „Für die Beschleunigung ist allein die Ministerin verantwortlich.“ Das Land sei beim Eilverfahren im Ländervergleich nicht gut.

Neues Staatsschutzzentrum in Stuttgart

In einem neuen Staatsschutzzentrum in Stuttgart will die Landesregierung künftig die Ermittlungen bei großen Terror- und Staatsschutzverfahren bündeln. Davon erhofft sich Justizministerin Marion Gentges (CDU) schnellere Verfahren. Zudem soll die Justiz dadurch stärker mit Ermittlern des Antiterrorzentrums im Landeskriminalamt sowie mit dem Verfassungsschutz vernetzt werden. Das Zentrum soll zuständig sein, wenn der Generalbundesanwalt nicht ermittelt.

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