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Potenzialtest

Kretschmann hält an neuer Grundschulempfehlung fest

In vier Wochen müssen Viertklässler, die ohne Empfehlung der Grundschule aufs G9 wollen, die neuen Potenzialtests schreiben. Allerdings ist es der Landesregierung bisher noch nicht gelungen, die scharfe Kritik an der Veränderung der Zugangsvoraussetzungen zu dämpfen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellt jetzt „Kulanz“ in Aussicht.

Auch mit Hilfe eines Tests soll geprüft werden, ob Grundschulkinder aufs Gymnasium oder eine andere weiterführende Schule gehen sollten. Foto: Adobe Stick/lev dolgachov

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Stuttgart.  Für die SPD-Fraktion, für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), für Eltern- und Schülervertretungen und für Teile der Grünen-Fraktion liegt die Lösung auf der Hand: Die verbindlichen Mathe- und Deutsch-Arbeiten mit dem Namen „Kompass 4“, die im November so viel mehr Schülerinnen und Schüler als erwartet in den Sand gesetzt haben, sollen für den Übergang ins Schuljahr 2025/2026 keine Bedeutung haben.

„Damit nicht Kinder der vierten Klassen und ihre Eltern ausbaden müssen, was die Landesregierung übereilt auf den Weg gebracht hat“, fordert beispielsweise die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein.

Zumal die nötigen Änderungen des Schulgesetzes noch gar nicht beschlossen sind. Tatsächlich muss das umfangreiche Bildungspaket rund um die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium erst noch durch den Landtag.

Kretschmann stellt Kulanz und „Günstigkeitsprinzip“ in Aussicht

Auslöser der großen Unruhe ist die Tatsache, dass im November lediglich sechs Prozent der Viertklässler Mathe-Arbeiten auf Gymnasialniveau geschrieben. Als nach und nach die Kompass-4-Aufgaben, die eigentlich geheim bleiben sollten, bekannt wurden, kritisierten Praktiker und Wissenschaftler das zu hohe Niveau für Grundschulen und die Zeitvorgabe von nur 45 Minuten. Seit Mitte Dezember wird um die Bedeutung der Tests gerungen.

Dennoch lehnte es Kretschmann auch auf der ersten Pressekonferenz nach der Weihnachtspause ab, die Arbeiten für die jetzt anstehenden Übergänge in die fünften Klassen im nächsten Herbst nicht heranzuziehen. Immerhin sagte er Kulanz zu und die Anwendung des „Günstigkeitsprinzips“: Wenn es günstiger sei für eine Schülerin, weil sie den Potenzialtest gut gemacht habe, „kann er herangezogen werden“.

Die CDU-Fraktion war bisher zu einer einmaligen Abkehr vom Modell „Zwei aus Drei“ nicht bereit. Empfohlen wird Lehrkräften stattdessen, wenn nötig, „korrigierend einzugreifen“. Ein Sprecher des Kultusministeriums brachte die Idee ins Spiel, Kompass 4 könnte den Viertklässlern „nur zum Vorteil, aber nicht zum Nachteil gereichen“.

Katrin Steinhüb-Joos, der SPD-Bildungsexpertin, reicht das nicht. Allein eine Rücknahme des Verfahrens „wäre der richtige Schritt“. Das wiederum lehnt das Kultusministerium kategorisch ab. „Nichts wird ausgesetzt“, sagt ein Sprecher auf Staatsanzeiger-Anfrage.

Thomas Poreski, Schulexperte in der Grünen-Fraktion, verlangt immerhin, das bisherige Verfahren zu evaluieren und einen „ausgewogener 360-Grad-Blick auf die Entwicklung der Kinder“.

Enger Zeitplan ist für die GEW ein Hauptkritikpunkt an den Plänen

Die GEW kritisiert die Zeitabläufe, vor allem die nur drei Wochen von der geplanten Verabschiedung des Bildungspakets im Landtag bis zu den neuen Potentialtests. Dazwischen muss in den Kollegien auch noch über die Grundschulempfehlung für die rund 100 000 Viertklässler im Land entschieden werden.

Das allerdings geht rechtssicher nach einer Mitteilung des Kultusministeriums nicht vor dem 6. Februar. „Mir ist bewusst, dass wir mit diesen Vorgaben in Ihre zeitliche Planung eingreifen“, schreibt der zuständige Abteilungsleiter an alle öffentlichen und privaten Grundschulen im Land und bitte „um Verständnis für die Notwendigkeit der engen Vorgaben“.

Zugleich wurden alle Gymnasien schon vor Weihnachten ausgefordert, sich doch vorsorglich abzusprechen, wie und wo die Potentialtests zu organisieren sind – wiewohl die Zahl der interessierten Kinder überhaupt nicht feststeht.

Inhalte der Arbeiten sind , wie bei Kompass 4, wieder Aufgaben, um das Mathe- und Deutsch-Niveau zu ermitteln. Außerdem werden, wie es in einer Mitteilung des zuständigen Instituts für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) heißt, „kognitive Grundvoraussetzungen getestet“.

CDU-Chef Hagel hat das Modell „Zwei aus Drei“ entwickelt

Die Rückkehr zu G9 ist Auslöser für eine neue Grundschulempfehlung. CDU-Landes- und Fraktionschef Manuel Hagel hat vor fast einem Jahr das Modell „Zwei aus Drei“ ersonnen. Es brauche „Stabilität und Planbarkeit“, erklärte er und schlug vor, Elternwillen und Lehrerempfehlung um einen Kompetenztest zu ergänzen: Wird er bestanden, würde das, wenn auch eines der beiden anderen Kriterien erfüllt ist, mit den Ausschlag geben für den Wechsel aufs Gymnasium.

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