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Landesparteitag der Grünen

Kretschmann für Aussetzung von Strafzahlungen für Autoindustrie

Beim Parteitag der Grünen in Reutlingen hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine Lanze für die Wirtschaft gebrochen, die sich längst auf den Weg zur Klimaneutralität gemacht habe. Doch angesichts der globalen Situation sagte er mit Blick auf China und die USA, dürften Automobilhersteller in der EU im kommenden Jahr nicht mit Strafzahlungen belegt werden, wenn sie die Flottengrenzwerte beim CO2-Ausstoß noch überschreiten. 

Ministerpräsident Winfried Kretschmannspricht beim Landesparteitag der Grünen in Reutlingen.

dpa/Helena Dolderer)

Reutlingen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sich in seiner Rede beim Landesparteitag seiner Partei in Reutlingen dafür ausgesprochen mögliche Klimastrafen der EU für die Automobilindustrie auszusetzen. Er sprach von China und den USA, wo Schlüsselindustrien mit Milliardensummen unterstützt würden. In so einer Situation dürften unseren Unternehmen keine Strafzahlungen in Milliardenhöhe aufgebürdet werden. Nach derzeitiger EU-Gesetzeslage drohen Geldbußen für Autohersteller, wenn sie die sogenannten Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß überschreiten. Die Grenzwerte sollen 2025 strenger werden. Für zu viel ausgestoßenes CO2 müssen Hersteller Strafe zahlen.

Kretschmann machte klar, dass eine Aussetzung der Strafzahlungen nicht die Klimaziele in Frage stelle. Er betonte, dass die Industrie – und gerade auch die Automobilindustrie – sich längst in Richtung Klimaneutralität aufgemacht habe. Doch die Unternehmen bräuchten dafür auch die nötige Flexibilität. So helfe man der Wirtschaft wirklich, anstatt Kulturkämpfe über den Verbrennungsmotor zu führen.

Kretschmann: Auto der Zukunft soll „bei uns vom Band rollen“

Zugleich hob der Ministerpräsident die Bedeutung von Europa hervor. Nur Europa gemeinsam habe die Stärke und Größe, um eine Antwort auf Chinas „aggressive Handelspolitik“ oder Trumps „America first“ zu bieten. Dass in Baden-Württemberg eine Wirtschaftspolitik des Goldstandards gemacht werde, begründete er unter anderem damit, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nun auch die Einrichtung eines Strategiedialogs Automobilwirtschaft nach dem Vorbild Baden-Württembergs angekündigt habe. „Wir müssen vor die Lage kommen und nicht immer den Dingen hinterhertrotten“, so Kretschmann.

Er hob hervor, dass er dafür kämpfen wolle, dass das Auto der Zukunft „auch bei uns vom Band rollt“. Die Automobilindustrie „ist Teil unserer DNA in Baden-Württemberg“, so der Ministerpräsident. Und er versprach: Wir kümmern uns, wenn die Automobilindustrie in Nöten ist. Die Automobilwirtschaft habe Milliarden in die E-Mobilität investiert. Das gelte es zu unterstützen. Etwa durch eine gute Ladeinfrastruktur in ganz Europa, eine Förderpolitik auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern. Auch könne es nicht sein, dass Deutschland sich bei Batterien von den Chinesen den Rang ablaufen lasse. „Wir sind technologieoffen, wenn man damit nicht mein, dass wir in die alte Welt zurückkehren werden. Das werden wir nicht machen“, gab er sich kämpferisch.

Schuldenbremse durch Sondervermögen für langfristige Investitionen ergänzen

Neben der Automobilwirtschaft betonte er, dass seine Regierung in allen entscheidenden Zukunftsbereichen anstrebe. Er nannte KI, Quantentechnik, Weltraumtechnik, Life Science und Green Tech. Selbst wenn mal nicht alles glatt laufe, dürfe man nicht verzagen und den Rückwärtsgang einlegen. „Das würde uns als Hochtechnologieland schaden“, so Kretschmann, der immer wieder in seiner Rede lobend die Leistungen seiner Grünen-Minister hervorhob.

Kretschmann, der die Schuldenbremse mit auf den Weg gebracht hat, machte sich in seiner Rede für Lockerungen stark. Es stünden Milliardeninvestitionen an in die Infrastruktur, in Glasfasernetze, in Wasserstoffnetze. Das könne man nicht aus einem regulären Haushalt stemmen. Dazu brauche es ein Sondervermögen, dass auch im Grundgesetz abgesichert sei. Und er betonte: Die Schuldenbremse solle nicht abgeschafft, aber ergänzt werden. Das Geld dürfe nur in bestimmte Projekte fließen.

„Ich bin verdammt froh, dass Cem es macht“

Kretschmann sprach über Projekte, über Aufgaben, über die Landesregierung. Und er machte deutlich: Der Wahlkampf in Baden-Württemberg starte erst in einem Jahr. Bis dahin habe er vor noch zu regieren. Zugleich zeigte er sich überzeugt, dass Cem Özdemir bei der nächsten Landtagswahl im Frühjahr 2026 sein Nachfolger werden kann. „Ich bin verdammt froh, dass Cem es macht“, sagte Kretschmann zur Kandidatur Özdemirs. Der Bundesminister sei aus „echtem Ministerpräsidenten-Holz“ geschnitzt. Er habe die nötige Erfahrung und wisse, wie man regiere, er rede gerne mit den Leuten, weil er sie verstehen wolle und er habe eine klare Haltung. Für Kretschmann gute Voraussetzungen, um die nächste Landtagswahl zu gewinnen.

Fraktionschef Schwarz blickt zuversichtlich auf die Bundestagswahl

Auch der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Andreas Schwarz, hebt hervor, was die Grünen geleistet haben. Trotz Wirtschaftskrise, Krieg in Europa und Populismus blickt er zuversichtlich nach vorne. Denn er sei viel im Land unterwegs und werde oft auf Robert Habeck, den Spitzenkandidaten der Grünen für die Bundestagswahl angesprochen.

Denn die Menschen sähen „einen CDU-Mann, dessen Positionen schon in den 1990-er Jahren altbacken und veraltet waren“, sagt Schwarz mit Blick auf den CDU-Spitzenkandidaten Friedrich Merz. Zu Olaf Scholz sagt er: Sie sähen einen SPD-Kandidaten, bei dem sie sich die Frage stellten, ob der überhaupt den Rückhalt der eigenen Partei habe. Und sei sähen Robert Habeck, der im Team mit Annalena Baerbock, ein Angebot mache, ein Angebot für Deutschland, ein Angebot der Verantwortung und ein Angebot für die Zukunft. Das fänden die Leute gut. „Da ist wieder Schwung da“, so Schwarz. Wir merken das an steigenden Mitgliederzahlen, bei Gesprächen mit Unternehmen, auf den Marktplätzen. „Und daher haben wir allen Grund für Zuversicht“, so Schwarz.

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