Glosse

Kreischende Dämonen

Durften die Kurtisanen Ludwig XIV. noch bei der Morgentoilette zuschauen, gewährt Donald Trump eher Einblicke in seine berufliche Tätigkeit. Diese besteht darin, Dekrete zu signieren. Anschließend gehen die Schreibutensilien ans gemeine Volk. Eine Glosse von Michael Schwarz.

Unterschreiben, bis der Arzt kommt oder: Donald Trump bei seiner Lieblingsbeschäftigung.

dpa/Evan Vucci)

Was braucht es eigentlich, um US-Präsident zu sein? Und was unterscheidet den Mann im Weißen Haus vom schwäbischen Ministerpräsidenten? Das Alter jedenfalls ist es nicht: Die beiden Herren erfüllen locker eine Bedingung, die sowohl die baden-württembergische als auch die US-Verfassung stellen. Demnach muss der Amtsinhaber das 35. Lebensjahr vollendet haben.

Schon eher ist es das Schreibgerät. Donald Trump bevorzugt Filzstifte der Marke Sharpie. So gehe ihm das Unterzeichnen von Dekreten besonders leicht von der Hand. Winfried Kretschmann dagegen ist nicht auf ein bestimmtes Fabrikat festgelegt. Hauptsache Kugelschreiber. Davon kann man nie genug besitzen. Das weiß der Landesvater nur zu gut. 1986 arbeitete er unter Joschka Fischer im hessischen Umweltministerium. Der war „weiß Gott, ein schwieriger Chef“, wie Kretschmann sich erinnert. Und im ganzen Haus habe es nur ein Telefon und zwei Kugelschreiber gegeben.

Solche Mangelerscheinungen mögen dazu beigetragen haben, dass Kretschmanns Unterschrift relativ unspektakulär daherkommt. Ein anderer Grund könnte darin bestehen, dass man mit einer allzu offensiven Handschrift den Graphologen ins Messer läuft. Trumps Unterschrift gleiche dem Ergebnis eines Lügendetektortests, dem Schattenriss von Mordor und den Frequenzausschlägen kreischender Dämonen, befanden die Schriftkundigen schon 2017. Und warnten vor einem Narzissten mit fast manischem Durchsetzungswillen. Da kann man nur noch drei Kreuze schlagen. Oder mit ihnen unterzeichnen. Das schont auch den Kugelschreiber respektive Filzstift.

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