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Konzept fürs Startchancenprogramm nimmt Gestalt an
Stuttgart. Eine Geschäftsstelle arbeitet seit Anfang März, die Auswahl der Schulen läuft bereits an. Kultusminister Theresa Schopper (Grüne) hat ihre Eckpunkte publik gemacht. Die Förderung – in den kommen zehn Jahren sollen bundesweit rund 20 Milliarden Euro fließen- bekommt einen ersten Rahmen.
Festgelegt für Baden-Württemberg ist die Zahl von 324 Grund- und 216 weiterführenden Schulen. Sie müssen, so Schopper, mehrere Voraussetzungen erfüllen: So müssen 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren einen Migrationshintergrund haben, derselbe Anteil muss armutsgefährdet sein. Ziel ist es, mehr Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen Familien zu einem ordentlichen Schulabschluss zu verhelfen. Eine „Herzensangelegenheit“ nennt die Ministerin die Bemühung, Erfolge von der Herkunft zu entkoppeln und so für mehr Bildungsgerechtigkeit zu sorgen.
Ganztagsgrundschulen spielen ein wichtige Rolle in der Debatte
Schon die Auswertung der ersten PISA-Studie von 2000 hatte Baden-Württemberg mangelnde Bemühungen um bessere Aufstiegschancen bescheinigt. Seit mehr als zwei Jahrzehnten spielen bei dieser Debatte die Ganztagsgrundschulen eine wichtige Rolle. Denn sie wurden, anders als in anderen Bundesländern, hier lange Zeit nur als Modellversuche geführt. Ihre gesetzliche Verankerung blieb dem ersten Kabinett Kretschmann vorbehalten, damals mit den Koalitionspartnern Grüne und SPD.
Mit einem parlamentarischen Antrag hat die SPD-Fraktion Details erfragt, weil „die Ergebnisse vergangener Bildungsstudien deutlich gemacht haben, dass der Handlungsdruck groß ist und Schulen in herausfordernder Lage dringend zusätzliche Unterstützung brauchen“.
Bildungsstanderhebungen zeigen Defizite auf
So brachte der IQB-Bildungstrend 2022 massive Defizite in den Grundschulen zutage. Zudem scheiterten fast 29 Prozent aller Neuntklässler an den Mindeststandards beim Lesen, gut 32 Prozent beim Hörverständnis. Schopper macht in ihrer Antwortklar, dass das Land mit auf bereits bestehende Programme setzen will.
Diskutiert wird sogar eine Umschichtung, um die notwendige, weil fix mit der Berliner Ampelregierung vereinbarte Ergänzung der Bundesgelder zu stemmen. Eines wird diese wohl nicht tun: „Es ist derzeit nicht angedacht, im Rahmen des Startchancen-Programms zusätzliche Stellen für Lehrkräfte zu schaffen.“
SPD fordert schnell die „konkrete Ausarbeitung“ des Programms
Die SPD-Fraktion verlangt mehr Engagement von der Landesregierung. „Das Startchancen-Programm ist ein wichtiger Schritt für mehr Bildungsgerechtigkeit“, sagt ihr bildungspolitischer Sprecher Stefan Fulst-Blei. Der Bund gehe voran und zeige „mit viel Einsatz und Geld, wohin es in Zukunft gehen soll“. Grün-Schwarz müsse jetzt „schnell in die konkrete Ausarbeitung kommen, denn das Programm ist es wert, dass alle Beteiligten mit vollem Einsatz gemeinsam an einem Strang ziehen“.
Schopper verweist auf die Geschäftsstelle, erste Gespräche mit der Schulverwaltung und den Austausch mit den Kommunalen Landesverbänden und der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen. Es bedürfe der Expertise und der Erfahrung aller Beteiligten, „um für die Schulen ein Programm zu gestalten, welches nachhaltig Wirkung entfalten kann, Freiräume für die pädagogische Arbeit schafft und am Ende auch auf die anderen Schulen ausstrahlt“.
Transferplattform soll Materialien bundesweit bereitstellen
Ohnehin wird es, wenn die ersten Gelder fließen, vor Ort nicht einfach sein, die Akzeptanz hochzuhalten. Denn die Grenzen zwischen den unterschiedlichen Belastungen in Brennpunktschulen sind fließend. Absehbar ist bundesweit und so auch im Südwesten, dass etliche Standorte leer ausgehen werden.
Schopper erinnert deshalb daran, dass im Verlauf des Programms entwickelte Materialien und Angebote sogar länderübergreifend auf einer digitalen Transferplattform bereitgestellt – und so viel mehr als nur die bezuschussten Standorte erreichen werden.
Wie die Auswahl der Schulen funktioniert
Vereinbart mit dem Bund ist, dass vor Programmbeginn jedes Land die entwickelten eigenen Sozialkriterien präsentiert und darüber Einvernehmen hergestellt wird. Erst dann ist die öffentliche Bekanntgabe der beteiligten Schulen vorgesehen. Armut und Migration in den Blick zu nehmen ist aus Sicht des Kultusministeriums so wichtig, weil „die Wissenschaft eine hohe Korrelation dieser Dimensionen mit Bildungsteilhabe und Bildungserfolg ausweist“.