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Kinder zu Besuch beim Amtsgericht Esslingen: Wieso frühe Aufklärung so wichtig ist

Was macht ein Wachtmeister? Wie funktioniert ein Amtsgericht? Im Rahmen des Sommerferienprogramms der Stadt Filderstadt erhielten zwölf Kinder Einblick ins Amtsgericht Esslingen.
Kinder im Amtsgericht Esslingen

Einmal auf dem Platz des Richters sitzen - die Möglichkeit hatten Kinder im Rahmen des Sommerferienprogramms Filderstadt.

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ESSLINGEN. „Klack!“ – Wachtmeister Mauro legt dem kleinen Emanuel Handschellen an. Aber alles nur zum Spaß: denn Emanuel ist einer von zwölf Kindern, die das Amtsgericht Esslingen von Innen besichtigen dürfen. Im Rahmen des Sommerferienprogramms der Stadt Filderstadt veranstaltet die gemeinnützige Einrichtung PräventSozial eine Führung für Kinder von 8 bis zwölf Jahren.

Fachkräfte erklären, was bei Gericht passiert und wer dort arbeitet. Vom Wachtmeisterbüro zu den Geschäftsstellen, über die Pforte bis hin zu den Zellen-Anlagen erhalten sie dabei Einblicke in die Judikative.

Wieso ist es denn so wichtig, Kinder über die Justiz aufzuklären? „Kinder kriegen schon viel mit über Gerichte, zum Beispiel über Zeitung und Social Media. Doch es ist oft einfach undurchsichtig, wie Justiz genau funktioniert und schwer greifbar“, erklärt Stefanie Heimpel. Sie ist im Team der Zeugen- und Prozessbegleitung von PräventSozial tätig, einer gemeinnützigen Einrichtung der Straffälligen- und Opferhilfe. Sie begleiten Zeugen vor Gericht und stehen ihnen unterstützend zur Seite. „Viele Kinder denken, dass die Polizei über das Urteil entscheidet, dabei macht es ja das Gericht. Deshalb ist es für uns ein Anliegen, den Kindern Infos zu geben – aber auch einen schönen Tag für sie zu gestalten.“

Um Wachtmeister Mauro bildet sich mittlerweile eine Schlange. Jeder will probeweise von ihm verhaftet werden. „Wir Wachtmeister in der Justiz legen die Handschellen nie hinter den Rücken an, sondern immer nach vorne“, erklärt Maurer. Und wenn sich ein Verdächtiger wehren sollte, so könne es an den Handgelenken auch mal wehtun.

Wachtmeister sorgen für Sicherheit

Wachtmeister sind für die Sicherheit des Gerichts verantwortlich, lernen die Kinder. Wachtmeister kümmern sich aber auch um die Post, das Telefon, Mails und Faxe, erklärt Mauro, der durch die verschiedenen Räumlichkeiten des Amtsgerichts führt. Besonders spannend wird es für die Kinder in den drei Gerichtszellen. Dort werden die Sträflinge untergebracht, während sie auf den Beginn des Gerichtstermins warten. Die Wände sind voller Zeichnungen und Gekritzel – ein kahler Raum, der nicht zum Verweilen einlädt.

In einem etwas kleineren Gerichtssaal wartet bereits eine Familienrichterin auf die Kinder. „Wann muss man zum Beispiel zum Familiengericht?“, fragt sie in die Runde. „Bei einer Trennung der Eltern zum Beispiel, um zu bestimmen, wer das Sorgerecht bekommt“, antwortet ein Junge. „Ganz genau“, sagt die Richterin. „Ich muss dann auch viel mit den betroffenen Kindern sprechen, das mache ich auch als erstes.“ Im Familiengericht könne es auch schnell mal emotionaler zugehen, denn dort ginge es um Themen, die den Beteiligten lieb und wichtig sind. Auch hier sorgen Wachtmeister im Ernstfall für Sicherheit und Ordnung.

Einblicke in den Kaisersaal

Nach einem Einblick in die Geschäftsstelle, wo etliche Akten verwaltet werden, geht es in den – laut der Direktorin des Amtsgerichts Esslingen Krause – schönsten Gerichtssaal im Amtsgericht – in den Kaisersaal. Wieso er so heißt, wird allen schnell klar: Der Blick richtet sich direkt auf die aufwendig bemalte Decke. Die Kinder haben vorab Sportmatten bekommen, damit sie sich auf den Boden legen können. Sie schauen die Decke hinauf.

Direktorin Krause erklärt, was die Bilder zu bedeuten haben: In der Mitte sieht man den Kaiser in einem roten Gewand, der eine Frau beschützt, die das Esslinger Wappen trägt – „Der Kaiser schützt Esslingen, soll das bedeuten.“

Zum Abschluss darf jedes Kind in die Rolle eines Gerichtsbeteiligten schlüpfen: vom Zeugen bis zum Richter sind alle Positionen vertreten. Das Rollenspiel soll den Kindern den Ablauf eines Gerichtstermins näher bringen.

Über PräventSozial

Die gemeinnützige Einrichtung setzt sich nach dem Leitsatz „Täter-Arbeit ist Opferschutz“ für die Resozialisierung bereits straffällig gewordenen Menschen ein. Zudem unterstützt sie Betroffene von Straftaten während des gesamten Strafverfahrens, insbesondere bei ihrem oftmals schweren Gang zu Gericht.

Auch setzen sich die rund 45 Mitarbeiter präventiv für die Verhinderung erster oder weiterer Straftaten von Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen, sowie für die psychosoziale Begleitung von Opferzeugen und deren Angehörigen im Strafverfahren ein.

Zum Beispiel vermittelt und überwacht der Verein im Auftrag der Justiz die Ableistung gemeinnütziger Arbeit im Rahmen des Projekts „Schwitzen-statt-Sitzen“, welches vom Netzwerk Straffälligkeitenhilfe Baden-Württemberg koordiniert wird.

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