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Bürgerbeteiligung

Keine Papierflut: Einsprüche bei Windkraft nur noch digital

Drohen Planungen für neue Windräder zu scheitern? Bürgerinitiativen legen zumeist Tausende ähnliche Einsprüche ein - viele auf Papier. Wie begegnet die Politik dem Phänomen der Massenstellungnahmen?

Ein Windrad im Bau: In Baden-Württemberg sollen künftige Einsprüche gegen Windkraftprojekte nur noch digital erfolgen.

IMAGO/imageBROKER/Manuel Kamuf)

Stuttgart. Einsprüche bei Öffentlichkeitsbeteiligungen sollen nach dem Willen der grün-schwarzen Landesregierung künftig nur noch digital eingereicht werden dürfen. Die für die Landesentwicklung zuständige Ressortchefin Nicole Razavi (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart auf Anfrage: „Bürgerbeteiligung sollte nicht dazu missbraucht werden, demokratisch beschlossene Projekte – wie etwa den Windkraftausbau oder ein neues Gewerbegebiet – zu verhindern.“ Die CDU-Politikerin verwies auf den jüngsten Fall in der Region Neckar-Alb, bei dem knapp 440.000 zumeist ähnliche Einsprüche gegen die Windkraft eingelegt worden sind. Sie wurden von den Bürgerinitiativen ausgedruckt und abgegeben.

Razavi sagte weiter, hier sei es also nicht darum gegangen, Argumente vorzutragen, sondern den Regionalverband mit der schieren Masse der Einwendungen lahmzulegen und somit seine Planungen zu verzögern oder gar zu verhindern. „Wir können nicht zulassen, dass diese Aktion Schule macht. Sie erweist der Bürgerbeteiligung und letztlich unserer Demokratie einen Bärendienst.“ Die Regionalverbände müssten vor solchen Praktiken geschützt werden, auch um eine zügige Auswertung der ernst gemeinten Einwendungen sicherzustellen. „Dieser Wunsch wurde auch von verschiedenen Seiten an uns herangetragen.“

Online-Formular für Einsprüche

Aktuell arbeitet die Landesregierung an einer Änderung des Landesplanungsgesetzes. Mit diesen Änderungen soll sich das Kabinett noch im Dezember befassen. Dafür sollen die Regionalverbände bei der Veröffentlichung von Raumordnungsplänen ein Online-Formular anbieten. Einwendungen per Brief sollten künftig nicht mehr möglich sein, sie seien auch nicht mehr nötig. Für Menschen, die elektronische Kommunikation nicht nutzen können oder wollen, gibt es daneben weiterhin die Möglichkeit, Ihre Stellungnahme direkt bei der Stelle vorzubringen, die den Planentwurf veröffentlicht hat, wie Razavi mitteilte. Für Landesbehörden wie die Regierungspräsidien, die Raumordnungsverfahren machen, wird das Anbieten eines Online-Formulars verpflichtend.

Die zwölf Regionalverbände im Südwesten begrüßen den Vorstoß der grün-schwarzen Landesregierung. Verbandsdirektor Matthias Proske sagte, dass Phänomen der Massenstellungnahmen sei bei den derzeit laufenden Planungsverfahren zur Festlegung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung in nahezu allen Planungsverfahren in Baden-Württemberg in mehr oder weniger starker Ausprägung aufgetreten. „Das sorgt für einen Mehraufwand, da diese Stellungnahmen zur weiteren Bearbeitung erst wieder digitalisiert werden müssen. Dieser Mehraufwand wird von allen Steuerzahlern getragen.“

Kritik von Umweltschutzverband

Kritik am Vorgehen der Politik kam hingegen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Landeschefin Sylvia Pilarsky-Grosch sagte, bei der Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen sollte nicht die Mehrarbeit der Verwaltung im Mittelpunkt stehen, sondern die Interessen der Bürger. „Sie sollte integrativ gedacht werden und nicht nur in Bezug auf einzelne „lästige“ Vorgänge.“ Andererseits sollte die Verwaltung mutig bei der Bearbeitung von Masseneinwendungen sein. „Nur in den Formulierungen abweichende – inhaltlich aber gleiche – Einwendungen müssen nicht lang und breit individuell abgehandelt werden.“

Der Bundesverband Windenergie erklärte, Bürgerbeteiligung sei ein wichtiger Baustein zur Akzeptanzsicherung für den Ausbau der Windenergie. Generell sollten die Verfahren möglichst schnell und umfassend digitalisiert werden. Damit würde zugleich auch unterbunden, dass Anti-Windenergie-Initiativen wichtige Verfahren durch eine gezielte Überforderung der Behörden verzögerten. (dpa/lsw)

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