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Katastrophenschutz: Bergwacht Schwarzwald ist „im Einsatz, wo andere nicht hinkommen“

Vom Naturschutz über Bergrettung bis hin zu Großeinsätzen wie bei der Flutkatastrophe im Ahrtal - die Bergwacht ist immer mittendrin. Ganz vorne mit dabei ist David Hierholzer, Landesleiter im Bergrettungsdienst. Der Bauingenieur ist seit 20 Jahren ehrenamtlich bei der Bergwacht tätig und erzählt von seinen Erfahrungen im Verein. 
David Hierholzer

David Hierholzer am Stand der Bergwacht Schwarzwald am Tag des Bevölkerungsschutzes in Potsdam.

Paula Schick)

POTSDAM. Rheinland-Pfalz im Juli 2021: Der Pegel der Ahr liegt im Höchststand bei 6,92 Metern, in den Kreisen wird der Katastrophenfall ausgerufen. Die Flut im Ahrtal reißt am Ende 134 Menschen in den Tod und beschädigt nach SWR-Berichten mehr als 70 Prozent aller Gebäude.

Für David Hierholzer ist dieser Einsatz eine der prägendsten Erfahrungen in seinen 20 Jahren bei der Bergwacht Schwarzwald. Bereits am 15. Juli 2021, nur Stunden nachdem in der Nacht die Katastrophe stattfand, unterstützt die Bergwacht die Feuerwehren und Hilfsorganisationen mit einem Rettungshelikopter vor Ort. In den Tagen darauf folgen hochgeländegängige Bergrettungsfahrzeuge, Rettungs-ATV und Drohnen der Bergwacht. Insgesamt ist das Team der Bergwacht zwölf Tage in Folge im Einsatz.

„Wir sind immer dort im Einsatz, wo andere nicht mehr hinkommen“, erklärt Hierholzer die Zuständigkeiten der Bergwacht. Im Fall der Katastrophe im Ahrtal hieß das, die Geländefahrzeuge und Drohnen zur Lageerkundung zu nutzen, die Sicherheit von Brücken zu prüfen und Menschen von den Dächern ihrer Häuser zu bergen.

Bergwacht stets vorbereitet auf den Ernstfall

Solche Ausnahmesituationen sind selbst bei der Bergwacht nicht Alltag, vorbereitet sind sie darauf trotzdem. Die starke Unterstützung mit Einsatzkräften aus Baden-Württemberg sei nur wegen der vorbereitenden Maßnahmen und der engen Zusammenarbeit im Vorfeld möglich gewesen, sagt das Innenministerium.

Angesichts der Corona-Pandemie, der Ukraine-Krise und den häufiger werdenden Unwetterlagen rückt der Bevölkerungsschutz auch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Sowohl Hierholzer als auch die Pressestelle sprechen von Lagen, die „das bisher Bekannte“ übersteigen. Insgesamt sind daher für den Katastrophenschutz vom Land Baden-Württemberg rund 8,6 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2023 und rund 13,1 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2024 vorgesehen. Auch mit einer Novellierung des Landeskatastrophenschutzgesetzes und einem 25-Millionen-Programm zur Stärkung des Katastrophenschutzes wird auf die Herausforderungen reagiert. Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist daher optimistisch: „In Baden-Württemberg sind wir gut aufgestellt: Dazu tragen vor allem unsere Katastrophenschutzeinheiten bei, die für Notlagen jeglicher Art bestens vorbereitet sind.“

Rettungsdienst, Technik und Zivilschutz – das sind dabei die Fachbereiche der Bergwacht. Im Schwarzwald wirken in 22 Ortsgruppen 1450 Mitglieder, davon rund 650 aktiv, allesamt ehrenamtlich. Viele davon kommen aus der Jugendarbeit und Vereinen zur Bergwacht, auch David Hierholzer. Sein Engagement bei der Bergwacht begann ursprünglich beim Kletterverein Todtnau, später gelangte er über die Jugendgruppe zur Bergrettung. Dort findet er Gleichgesinnte, der Verein sei „ein Club von Bergfans“.

20 Stunden in der Woche bei der Bergwacht

Mittlerweile ist Hierholzer Landesleiter Bergrettungsdienst und steht damit mehreren hundert Einsatzkräften vor. Auch dieses Amt übt er rein ehrenamtlich aus, eigentlich ist er Bauingenieur. Das kostet Zeit, um die 20 Stunden in der Woche beschäftigt ihn sein Ehrenamt. Auch, weil sich die Gegebenheiten und Belastungen in den letzten Jahren sehr verändert haben.

„Die Bergwacht hat sich auf links gedreht“, beschreibt er die Entwicklung innerhalb des Vereins. Das hat verschiedene Gründe. Zum Einen sei die gesellschaftliche Erwartungshaltung, immer schnell versorgt zu werden, gestiegen. Andererseits sind auch die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Anforderungen der Versicherungen verschärft worden, was den Druck auf die Einsatzkräfte erhöhe. Der wichtigste Aspekt ist für Hierholzer aber auch die interne Professionalisierung. So sei die Bergwacht zu Beginn noch etwas „hemdsärmelig“ organisiert gewesen, mittlerweile seien sich die Ehrenamtler aber ihrer Aufgaben sehr bewusst und zu einem professionellen Rettungsdienst geworden.

Arbeit habe sich versechsfacht

Zur Veränderung der Bergwacht trägt aber auch der Klimawandel bei. „Früher hatten wir kaum Sommereinsätze, 70 bis 80 Prozent der Einsätze sind wir im Winter gefahren“, erzählt Hierholzer. Heute hält sich das beinahe die Waage, insgesamt werden aber alle Notfälle mehr. Seit Beginn der Neunziger hat sich die Arbeit der Bergretter nach eigenen Angaben versechsfacht. Besonders zu schaffen machen den Einsatzkräften die immer plötzlicheren Wetterumstürze in den Bergregionen.

Um mit dieser Belastung umzugehen, wünscht sich David Hierholzer auch hauptamtliche Unterstützung. Fest angestellt seien bisher nur sieben Beschäftigte, die sich um die Verwaltung kümmern, wodurch viele Aufgaben kaum machbar seien. Gerade bei der Ausbildung und Ausbildungsvorbereitung wäre es von Vorteil, „wenn man sich wenigstens nicht um den Raum und um Verpflegung kümmern müsste.“

Organisation der Bergwacht Schwarzwald

Die Bergwacht Schwarzwald ist die einzige Deutschlands, die noch auf den 1920 in München gegründeten Verein Bergwacht zurückgeht und sich nach dem zweiten Weltkrieg neu gründen durfte. Die anderen elf Bergwachten sind Teil des Deutschen Roten Kreuz.

Sie finanziert sich über drei Säulen: Spenden, die Krankenkassen, die ihre Rettungseinsätze zahlen, und eine Förderung des Innenministeriums. Besonders im letzten Punkt hat sich in den vergangenen Jahren viel getan, David Hierholzer spricht von einer engen Zusammenarbeit mit dem Ministerium und dem Referat Katastrophenschutz.

In diesem Rahmen hat die Bergwacht Schwarzwald auch das Land Baden-Württemberg beim ersten bundesweiten Tag des Bevölkerungsschutzes am 24.06.2023 in Potsdam vertreten.

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