Justizminister kritisieren die Amnestieregelung
Stuttgart. Als „Freifahrtschein für den weiterhin illegalen Handel“ bezeichnet Marion Gentges (CDU), Ministerin der Justiz und für Migration, die seit acht Monaten geltenden Regelungen, die von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wurden. Seither ist Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen. Erwachsene dürfen bis zu 25 Gramm in der Öffentlichkeit bei sich haben. Privat sind der Besitz von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis und bis zu drei Cannabispflanzen erlaubt.
Gentges berichtet von ersten Erfahrungen der Gerichte, die zur Überzeugung gelangten, Angeklagte freisprechen zu müssen, „und zwar nicht, weil die Taten nicht strafbar wären, sondern weil die rechtmäßig gewonnenen Ermittlungsergebnisse mit dem neuen Gesetz nicht mehr für eine Verurteilung verwertet werden können“. Das widerspreche „massiv dem Gerechtigkeitsempfinden“. Und noch schlimmer sei, dass die Bundesrepublik dadurch attraktiver für den Drogenumschlag in Europa werde.
Die Herbstkonferenz bestätigte diese Einschätzungen und nennt in ihrem Beschluss, dass das Cannabisgesetz „zu einem Rückschritt in der Bekämpfung des Schwarzmarkts und der Organisierten Kriminalität geführt hat“. Deshalb werde das Bundesjustizministerium „gebeten, darauf hinzuwirken, dass im Rahmen der bevorstehenden Evaluierung des Konsumcannabisgesetzes entsprechende Neuregelungen frühzeitig besonders in den Blick genommen werden“.
Der Kanzlerkandidat der CDU, Friedrich Merz, hat eine Rücknahme der Regelungen – im Falle eines Wahlsiegs – bereits angekündigt. Mitte November kritisierte auch die Berliner Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz, Felor Badenberg (CDU), das Cannabisgesetz in einer Aktuellen Stunde des Bundestags als mangelhaft. Der angebliche Meilenstein in der Drogenpolitik habe sich als untauglicher Versuch erwiesen. Cannabis sei auch nicht harmlos, sondern könne das Risiko für Psychosen erhöhen.
Bundesweit müssen rund 210 000 Akten überprüft werden
Heftig diskutiert ist die Amnestieregelung, die nach den von Badenberg vorgelegten Zahlen dazu führt, dass 210 000 Akten bundesweit manuell überprüft werden müssten. Manche Altverfahren müssten sogar komplett neu aufgerollt werden. Die großen Freimengen für den privaten Gebrauch und kuriose Abstandsvorschriften seien weitere Probleme der neuen Regelung. Zudem sei es naiv zu glauben, dass mit der Legalisierung der Schwarzmarkt ausgetrocknet werden könne. Vielmehr sei die Reform „ein Geschenk“ für die Organisierte Kriminalität, die eingeladen sei, ihre lukrativen Geschäfte in Deutschland auszubauen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warf der Union in der Bundestagsdebatte dagegen vor, das Cannabisgesetz in den Ländern zu blockieren und damit gerade keinen Beitrag zur Lösung der Probleme zu leisten. Er betonte, nicht die Konsumenten seien kriminell, sondern die Dealer und wo Alternativen zum Schwarzmarkt bestünden, wie in den USA, steige der Konsum nicht, deshalb hätten das Gesetz und die geplante umfangreiche Auswertung der Folgen eine „faire Chance“ verdient.
Justizminister drängen auf verdeckte Ermittler
Die Justizminister der Länder drängen konkret unter anderem darauf, dass eine neue Bundesregierung die Zulässigkeit des Einsatzes verdeckter Ermittlungsmaßnahmen „frühzeitig besonders in den Blick nimmt“. Strafverfolgungsbehörden müssten zwingend notwendige Ermittlungsmöglichkeiten zurückerhalten, sagt Gentges, die auch ein zweites Anliegen des Landes durchsetzen konnte. Autohersteller sollen künftig zur Herausgabe von Zweitschlüsseln oder -Codes an die Polizei verpflichtet werden, damit mutmaßliche Schwerkriminelle in ihren Fahrzeugen besser abgehört werden können. Es werde für den Staat immer schwerer, Autos zu verwanzen, weil die Systeme zum Diebstahlschutz wie etwa von Türverriegelungen besser würden, so die baden-württembergische Ministerin.
Verschiedene andere Themen sind nach Angaben der JuMiKo vertagt, darunter die Reform des Umgangs mit Politiker-Beleidigungen und ein mögliches neues Strafmaß. Eine Arbeitsgruppe soll sich bis zur turnusmäßigen Frühjahrskonferenz mit Regelungsmöglichkeiten befassen. Insgesamt fiel die Bilanz von Kathrin Wahlmann, der Vorsitzenden und Justizministerin aus Niedersachsen, positiv aus, denn: „Wir haben ein starkes Bild abgegeben und nicht nur wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht, wir haben vor allem auch den Wert der Justiz für unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.“
Länder wollen auf Bedeutung der Justiz hinweisen
Mit einer „gemeinschaftlichen, bundesweiten Kampagne“ wollen die Länderminister „auf die zentrale Bedeutung die Justiz für einen starken und wehrhaften Rechtsstaat aufmerksam machen“ und diese damit auch als attraktive Arbeitgeber mit vielfältigen Berufsmöglichkeiten präsentieren. Wie es in der Ankündigung weiter heißt, soll die Initiative „möglichst im vierten Quartal 2025 die breite Öffentlichkeit erreichen“. Kathrin Wahlmann (SPD) aus Niedersachsen, streicht die Bedeutung heraus: „Denn wir sind es, die als Dritte Staatsgewalt für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sorgen.“