Israel, Integration und immer wieder Friedrich Merz
Herrenberg. Zwei Politiker standen im Katholischen Gemeindezentrum auf dem Podium, ein Kirchenmann und einer, der selber geflüchtet ist und jetzt Flüchtlinge berät. 120 Gäste lauschten gespannt ihren Worte Doch einer fehlte, obwohl sein Name immer wieder fiel: An Friedrich Merz, CDU-Partei- und Fraktionschef, schieden sich die Geister.
Wie die deutsche Bürokratie die Integration der Flüchtlinge bremst
Wobei es schon interessant war, wer dem Oppositionsführer im Deutschen Bundestag die Stange hielt und wer nicht. Der aus Ägypten stammende Integrationsmanager des Landkreises Böblingen, Yousry Hammed, hat jedenfalls an Merz-Aussagen wie jener, dass Deutschland diesmal nicht an der Reihe sei, falls es darum gehen sollte, Gaza-Flüchtlinge aufzunehmen, nichts auszusetzen.
Vorsichtige Kritik an seinem „Chef“ übte dagegen der Böblinger CDU-Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz. Nämlich an jener Forderung, wonach alle Flüchtlinge einen Antisemitismustest unterzogen werden müssten. Im politischen Berlin falle „manchmal ein Satz zu viel“, kommentierte Biadacz und merkte an, dass man bei so einem Test ja auch lügen könne.
Daniel Lede Abal wiederum, bei den Grünen im Landtag für Migration und Integration zuständig, riss sich zusammen, um nichts zu sagen, was nicht spruchreif wäre, wie er dem Chefredakteur des Staatsanzeigers, Rafael Binkowski, und Co-Moderator Carsten Beneke verriet. Merz‘ Wort von den kleinen Paschas habe schon „sehr viel angerichtet“, sagte der Tübinger Abgeordnete.
Hammed: Es braucht Vorbilder, die es geschafft haben
Integrationsmanager Hammed, der selber auf Ägypten floh, nannte drei Voraussetzungen für gelingende Integration: Die Flüchtlinge müssten dazu bereit sein, sie bräuchten Vorbilder, die es in Deutschland geschafft haben, und sie dürften nicht an der Bürokratie scheitern. Er könne keinem Flüchtling erklären, warum er monatelang auf eine Arbeitsgenehmigung warten müsse.
Das Thema Integration treibt die Menschen um. Doch es gibt ein anderes Thema, das noch mehr Emotionen weckt: Israel und Palästina. Das wurde in der anschließenden Fragerunde deutlich. Es sei wichtig, „das Leiden der anderen zu sehen“, sagte ein Besucher. Ein anderer fand, dass die Kritik an Israel in der aktuellen Debatte zu kurz komme.
Diakonie rät zu Mut bei Integration: „Da ist unheimlich viel Power da“
Auch dazu liefert Hammed die Fakten. Beginnend beim Emblem der Hamas, das eine Karte von Palästina zeigt, auf dem es kein Israel gibt. Am 7. Oktober habe die Terrororganisation mehr als 1300 Israelis getötet, mehr als 2500 verschleppt und mehr als 250 Geiseln genommen. Zivile Personen seien zu legitimen militärischen Zielen erklärt worden, ergänzte Lede Abal. Wer sich die Bilder anschaue, der „finde dafür keine Worte“. Da sei eine Linie überschritten worden. Man könne mich der Hamas nicht verhandeln.
Aber vielleicht mit anderen? Matthias Rose vom Diakonischen Werk sieht die Aufgabe der Kirche darin, mit allen im Gespräch zu bleiben. Und er mahnte die Deutschen zu mehr Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten beim Thema Integration. „Da ist unheimlich viel Power da. Davon redet gerade keiner mehr.“
Neue Gesprächsreihe
Die Herrenberger Gespräche werden vom Staatsanzeiger, der evangelischen Diakonie im Kreis Böblingen und der katholischen Kirchengemeinde Herrenberg veranstaltet. Die nächste Veranstaltung findet am 11. März statt.