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Immer mehr Menschen aus Baden-Württemberg wandern in andere Bundesländer ab
STUTTGART. Baden-Württemberg scheint innerhalb der Bundesgrenzen an Beliebtheit zu verlieren. Die Wanderungsstatistik weist im Jahr 2021 einen Verlust von rund 12.000 Menschen auf, die das Land an andere Bundesländer verloren hat. Damit ist es Schlusslicht im bundesweiten Vergleich. Das Statistische Landesamt nennt hohe Lebenshaltungskosten in Baden-Württemberg, gesunkene Arbeitslosenquoten in den neuen Bundesländern und die Beliebtheit von Berlin und Hamburg bei jungen Erwachsenen als Gründe.
Laut Wanderungsstatistik des Statistischen Bundesamtes (Destatis) profitierte Brandenburg im Jahr 2021 mit einem positiven Saldo von 17.000 Personen am meisten von innerdeutschen Wanderungen, gefolgt von Schleswig-Holstein (+13.000) sowie Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern (jeweils +7.000). Baden-Württemberg (-12.000) sowie Hamburg und Berlin (jeweils -9.000) verloren dagegen die meisten Einwohner zugunsten anderer Bundesländer.
Der Südwesten hatte in den vergangenen Jahren also steigende Wanderungsverluste gegenüber dem übrigen Bundesgebiet zu verzeichnen.
Doch wäre nicht zu erwarten, dass die Menschen vor allem dorthin ziehen, wo das Arbeitsplatzangebot überdurchschnittlich und die Arbeitslosenquote gering ist? Tatsächlich weist Baden-Württemberg nach Bayern weiterhin die geringste Arbeitslosenquote auf. Wohl auch deshalb erzielte der Südwesten bis etwa 2008 deutliche Wanderungsgewinne gegenüber dem übrigen Bundesgebiet, schreibt das Landesamt. Im Zeitraum 2009 bis 2015 war der Saldo in etwa ausgeglichen. Seit 2016 sind aber per Saldo deutlich mehr Menschen aus Baden-Württemberg in das übrige Bundesgebiet fortgezogen.
Berlin und Hamburg als Magnet
„Berlin, aber auch Hamburg bilden weiterhin einen „Magneten“ vor allem für junge Erwachsene“, erklärt Werner Brachat-Schwarz vom Statistischen Landesamt. „Baden-Württemberg verliert deshalb bereits seit einigen Jahren in erheblichem Umfang Einwohner an beide Stadtstaaten.“
Die wirtschaftliche Entwicklung war in den letzten Jahren auch im übrigen Bundesgebiet überwiegend positiv, in den neuen Bundesländern ist die Arbeitslosenquote ebenfalls deutlich gesunken. Wohl deshalb seien wieder viele Menschen in die neuen Bundesländer gezogen und zwar – wie eine Auswertung gezeigt hat – nicht erst nach dem Eintritt in den Ruhestand, sondern auch bereits im erwerbsfähigen Alter, heißt es weiter.
Aber auch die hohen Lebenshaltungskosten in Baden-Württemberg können eine Rolle spielen. „Es ist deshalb zu vermuten, dass der Anreiz, in den Südwesten zu ziehen, beziehungsweise hier zu bleiben, trotz überdurchschnittlicher Verdienstmöglichkeiten heute geringer als noch vor einigen Jahren sein dürfte, zumal die wirtschaftlichen Verhältnisse auch in anderen Bundesländern überwiegend günstig sind“, so Brachat-Schwarz.
Was die Wanderungsverflechtung mit dem Ausland betrifft, zeigt das obige Schaubild, dass der Wanderungssaldo Baden-Württemberg in den Jahren 2000 bis etwa 2009 eher moderat, teilweise sogar negativ war. Die Folgejahre waren durch einen starken Anstieg der Migration vor allem aus EU-Staaten bestimmt. Insbesondere aus Polen, Ungarn und Rumänien zogen wesentlich mehr Menschen in den Südwesten als in den Jahren zuvor, weil damals Staatsangehörigen aus diesen Staaten die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeräumt wurde, erklärt das Landesamt.
In den Jahren 2015 und 2016 bestimmten vor allem Schutzsuchende das Migrationsgeschehen in Baden-Württemberg. Die Wanderungsbilanz des Landes wies deshalb im Jahr 2015 ein Plus von annähernd 171.000 Personen auf (siehe Schaubild oben). Der Wanderungsgewinn war damit seit Bestehen des Landes nur im Jahr der Wiedervereinigung höher, als per Saldo 182.000 Personen zuzogen, darunter auch viele Menschen aus den neuen Bundesländern. In den Folgejahren gingen die Wanderungsgewinne Baden-Württembergs deutlich zurück. Ursächlich hierfür waren vor allem rückläufige Zuzüge insbesondere aus Flüchtlingsstaaten, beziehungsweise eine verstärkte Rückwanderung in Flüchtlingsstaaten, so das Statistische Landesamt. Corona habe diesen Rückgang aufgrund der eingeschränkten Freizügigkeit weiter verstärkt, schreibt das Statistische Landesamt dem Staatsanzeiger.