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Hubschrauber über dem Gaskessel: Übung der Polizeihubschrauberstaffel und Berufsfeuerwehr Stuttgart
STUTTGART. Die fünf Rotoren des Airbus H 145 beginnen sich zu drehen. Langsam, dann immer schneller. Es wird laut, Blätter und Staub werden aufgewirbelt. Der Polizeihubschrauber hebt ab, gewinnt an Höhe, dreht dann in Richtung „Gaskessel“ in Stuttgart Gaisburg ab.
An diesem Mittwochvormittag trainieren die Polizeihubschrauberstaffel Baden-Württemberg mit den Höhenrettern der Berufsfeuerwehr Stuttgart eine Windenrettung. Das Seil ist 90 Meter lang, damit können Lasten bis zu 250 Kilo getragen werden. Die Rettung per Winde werde mit Blick auf häufiger werdende Unwetterereignisse – wie zuletzt in Slowenien und Österreich – immer wichtiger, heißt es beim Polizeipräsidium (PP) Einsatz. Die Einsatzkräfte waren 2021 auch bei der Unwetterkatastrophe im Ahrtal eingesetzt. 40 Personen konnten sie von den Dächern eingeschlossener Häuser retten. „Solchen Aufgaben müssen sich Polizei und Feuerwehr stellen“, sagt der stellvertretende Leiter der Hubschrauberstaffel, Martin Landgraf. „Wir unterstützen die Hilfsorganisationen dabei, weil wir den Bedarf einfach sehen“, sagt er.
Sicherheitseinweisung für die Einsatzkräfte
Und so war bei der simulierten Einsatzlage am Mittwoch nur die Hilfe aus der Luft möglich. Vom rund 100 Meter hohen Gaskessel auf dem Gelände der Netze BW – diese nahm den Kessel 2021 außer Betrieb – mussten Personen gerettet werden. Mittels einer Winde ließen sich die Rettungskräfte der Berufsfeuerwehr vom Hubschrauber zu den Hilfsbedürftigen ab, um sie zu sichern. „Was wir hier tun, ist gar nicht so ohne“, sagt Landgraf. Der Hubschrauber fliege sehr tief, es sei sehr laut, da ist das Windenseil, an dem Windenseil hängen Menschen, „da ist die Sicherheit der wichtigste Punkt für uns“. Deshalb gibt es wie vor jedem Einsatz auch, an diesem Mittwoch eine Sicherheitseinweisung für die Einsatzkräfte.
Sonst werden die Übungen an eher abgelegenen Orten durchgeführt, um die Bevölkerung nicht mit dem Fluglärm zu stören. Doch sei es auch wichtig, einmal zu zeigen, warum solche Einsätze wichtig sind, wie sie ablaufen und vielleicht auch, um Verständnis für den Einsatz der Hubschrauber zu schaffen, sagt Landgraf. Der „Gaskessel“ sei schon eine außergewöhnliche Übungsörtlichkeit.
Hubschrauberstaffel unterstützt Feuerwehr und Bergwacht
Der Hubschrauber schwebt mittlerweile gegenüber vom Gaskessel über einem schmalen Turm, neben dem ein Schornstein aus der Luft ragt. Auch von dem Turm müssen nun Personen gerettet werden. Diese Rettung sei nun schon etwas komplexer, weil alles so schmal sei, sagt Landgraf. Genauso herausfordernd seien Windenergieanlagen. Auch solche Einsatzoptionen habe die Polizei auf dem Schirm.
Die Polizeihubschrauberstaffel kooperiert bei der Windenrettung mit mehreren Partnern. Geht es um Einsätze in urbanem Gelände und an Industrieanlagen, kommen meist die Höhenretter der Berufsfeuerwehr Stuttgart zum Einsatz. In unwegsamem Gelände und Gebirge arbeitet die Polizei mit den Bergwachten Schwarzwald und Württemberg zusammen.
Komplexe Rettungsverfahren brauchen Übung
Laut Polizeipräsidium Einsatz braucht es regelmäßige Übungen, um die Einsatzkräfte auf die unterschiedlichen Szenarien vorzubereiten, denn das komplexe Rettungsverfahren stelle hohe Anforderungen an Piloten, Windenoperator und Höhenretter. Auch das Training in Stuttgart trage dazu bei, dass im Ernstfall sicher und effizient Hilfe aus der Luft geleistet werden kann. „Dann kann es – angesichts einsturzgefährdeter Häuser und anderer zeitkritischer Faktoren – auf jede Minute ankommen“, heißt es.
Solche Übungen erzeugen allerdings auch Lärm, vor allem in Städten. Das weiß man auch beim Präsidium Einsatz: Dennoch sei der Fluglärm eines tief fliegenden Hubschraubers nicht zu vermeiden bei dem Unterfangen in realistischer Einsatzumgebung zu trainieren. Vor dem Hintergrund der wichtigen Bedeutung des Windenrettungsverfahrens in Notfällen bitte man um Verständnis.
„Ein Arbeitsplatz, den man bedienen können muss“
Grundsätzlich ziehe der Hubschrauber immer Aufmerksamkeit auf sich, so Landgraf. Es gebe auch Bürger, die bei einem Einsatz über den Notruf nachfragen, was da los sei oder wie lange der Lärm noch gehe. Landgraf weist daraufhin, dass solche Nachfragen über die Notrufleitungen 110 und 112 Kapazitäten der Leitstellen binden. Diese sollten für Notfälle freigehalten werden. Landgraf bekräftigt, dass der Polizeihubschrauber nie zum Spaß eingesetzt werde. Schon gar nicht in der Nacht, denn das Fliegen im Dunkeln sei sehr anstrengend und verlange der Besetzung einiges ab. Das alles sehe immer „mega cool aus“, aber der Polizeihubschrauber sei ein Arbeitsplatz, den man auch bedienen können muss. Die Besatzungen leisteten eine fordernde und hervorragende Arbeit. (jer)