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Bürgerbeteiligung

Wie Volksanträge und Volksbegehren vereinfacht werden können

Bei einem Demokratie-Symposium hat der Verein Mehr Demokratie Vorschläge gemacht, wie Volksanträge und Volksbegehren vereinfacht und weiterentwickelt werden können. Dabei wurden sie von den Erfahrungen der Initiatoren solcher Anträge unterstützt. Diese Vorschläge zielen darauf ab, die Bürgerbeteiligung zu vereinfachen. Ein Ziel, das auch im Koalitionsvertrag von Grün-Schwarz verankert ist.

Die Elternintiative „G9 Jetzt! BW“ forderte einen Volksantrag für eine flächendeckende Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium in Baden-Württemberg.

dpa/Marijan Murat)

Stuttgart. Nach Angaben des Vereins „Mehr Demokratie“ wurden in den vergangenen Jahren sechs Volksanträge beziehungsweise Volksbegehren gestartet. Bislang ist keine der Initiativen gescheitert. Zum Teil konnten Erfolge und Lösungen erzielt werden, die möglicherweise ohne die Initiativen nicht zustande gekommen wären. Bestes Beispiel: der Volksantrag zur Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums. Dieses soll nun kommen, obwohl die Landesregierung eigentlich am bestehenden achtjährigen Gymnasium in dieser Legislaturperiode nicht rütteln wollte. Auch beim Volksbegehren gegen Gendern in amtlichen Stellungnahmen zeigten sich die Initiatoren zufrieden. Was sie gesetzlich verankert sehen wollten, wurde nun in einer Verwaltungsvorschrift aufgegriffen. Damit hatte sich das Volksbegehren erledigt, wie Initiator Klaus Hekking beim Demokratie-Symposium des Vereins „Mehr Demokratie“ erläuterte.

Doch alle Initiativen für Volksanträge oder Volksbegehren haben eines gemeinsam: sie kämpften und kämpfen mit Verwaltungsvorschriften und Gesetzestexten, brauchen gute Sachkenntnis in ihrem Thema, Durchhaltevermögen und stoßen immer wieder auf unterschiedliche Widrigkeiten – etwa beim Sammeln der notwendigen Unterschriften. Dieses muss auf Papier geschehen. Die Wahlberechtigung der Unterzeichner muss jeweils von den zuständigen Kommunen bestätigt werden. Auch dort fehlte zum Teil die Kenntnis, was zu tun war, so die Erfahrungen einzelner Initiativen. Oder sie hatten die Prüfung zwar in ihren eigenen Tabellen eingetragen, jedoch vergessen, diese auf den notwendigen Papieren für Volksantrag und Volksbegehren zu vermerken.

Kritik an Papierform der Unterschriftensammlung

Hinzu kommt, dass vor allem viele jüngere Menschen nicht bereit waren, solche Anträge auf Papier zu unterschreiben und digitale Lösungen forderten, berichten die Initiatoren des Volksantrags für mehr Flächenschutz – hinter dem stehen inzwischen 26 Landwirtschafts-, Natur- und Umweltschutzverbände. Vor zwei Wochen befasste sich der Landtag im Ausschuss mit dem Thema. Eine zentrale Erfahrung der Verbände ist: Ein analoges Verfahren auf Papier ist nicht mehr zeitgemäß. Hinzu kommt, dass das Formular für einen Volksantrag oder ein Volksbegehren häufig auch verwirrend ist und Menschen nicht genau verstehen, wie sie es ausfüllen sollen.

Von Seiten des Volksbegehrens gegen eine Aufblähung des Landtags durch Überhangmandate, das von der FDP initiiert wurde, kam die Forderung auf, solche Volksbegehren vorab auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Ein Vorschlag, den auch Arne Pautsch, Professor an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg in einer Studie für das Staatsministerium vor einem Jahr gemacht hatte – allerdings in dem Fall mit Bezug auf Bürgerbegehren im kommunalen Bereich. Die Initiative zur Verkleinerung des Landtags wurde vom Innenministerium als nicht rechtmäßig abgelehnt. Die Beschwerde dagegen liegt nun beim Verfassungsgerichtshof des Landes. In diesem Zusammenhang wurden auch Fristen bemängelt. Denn die Ablehnung erfolgte Mitte Dezember. Die Frist, um Beschwerde einzureichen, betrug zwei Wochen. Zwischen Weihnachten und Sylvester musste deshalb mit einem Anwalt ein entsprechendes Papier aufgesetzt werden.

Vorschläge, Volksanträge und Volksbegehren zu reformieren

Edgar Wunder vom Verein „Mehr Demokratie“ hat deshalb auch eine Reihe von Vorschlägen ausgearbeitet, wie das Verfahren für Volksanträge und Volksbegehren reformiert werden könnte. Dazu hat er die bestehenden Vorgaben, die derzeit in verschiedenen Gesetzen mit vielen Verweisen zu finden sind, in einem Text zusammengefasst. Und zwar chronologisch und verständlich, sodass Bürger, die eine entsprechende Initiative starten wollen, auch nachlesen können, welche Schritte wann notwendig sind. Das würde schon helfen, ist Wunder überzeugt, der deshalb auch das gesamte Gesetz neu formuliert hat, sodass unnötige Konflikte und Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. Zugleich soll der Verwaltungsaufwand für Gemeinden reduziert werden. Und das ohne Veränderung der Quoren oder anderer bedeutsamer Stellschrauben.

Die Vorschläge zielen auch auf die Landesregierung. Denn Grün-Schwarz hatte in seinem Koalitionsvertrag festgehalten: Wir wollen das Volksabstimmungsgesetz weiterentwickeln. Wunder schlägt dazu auch eine Prüfung und verbindliche Feststellung im Vorfeld mit wenigen Unterschriften vor, dass ein Volksantrag rechtmäßig ist. Danach könnte dann die Unterschriftensammlung beginnen. Derzeit müssen für ein Volksbegehren zunächst 10000 Unterschriften gesammelt werden, nur um damit feststellen zu lassen, ob das Volksbegehren rechtmäßig ist, was schon einen hohen Aufwand im Vorfeld bedeutet.

Zwei-Wochen-Frist für Gang zum Verfassungsgerichtshof zu kurz

Auch sollten manche Dinge im Gesetz präzisiert werden. So ist etwa das Staatshaushaltsgesetz von Volksbegehren ausgeschlossen. „Doch was bedeutet das genau?“, fragt Wunder. „Das Gesetz als solches oder auch sonstige Auswirkungen auf das Gesetz?“ Die Frist von zwei Wochen zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofs, wenn ein Antrag als nicht rechtmäßig abgelehnt wurde, ist nach Ansicht von Wunder ebenfalls deutlich zu kurz. Innerhalb von zwei Wochen Könne sich keine Initiative rechtlich soweit vorbereiten. Auch bestehe kein Grund für eine so kurze Frist. Die Beschwerde der FDP beispielsweise ist nach einer so kurzen Frist nun schon ein halbes Jahr beim Gericht anhängig.

Wunder kritisiert auch, dass der Verfassungsgerichtshof in Baden-Württemberg keine zeitliche Vorgabe hat, bis wann er über solche Beschwerden entscheiden muss. In Bayern hingegen hätte der Verfassungsgerichtshof drei Monate Zeit für seine Entscheidung. Auch Formulare für die Unterschriftensammlung müssen nach Ansicht Wunders benutzerfreundlicher werden. Dazu hat er auch Vorschläge gemacht. Ebenso wie zu Fristen und Unterschriftsammlungen. Auch sollten Anträge in Details etwa nach Diskussionen im Landtag leicht verändert werden dürfen, ohne erneut Unterschriften sammeln zu müssen.

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