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Hermino Katzenstein im Porträt
Manchmal kann Hermino Katzenstein auch fuchsig werden. Etwa in der Corona-Zeit, als der Bürgermeister seiner Heimatstadt meinte, bei einer Sitzung des Gemeinderats auf den Punkt „Mitteilungen und Anfragen“ verzichten zu können.
Da setzte sich Katzenstein in den Zuhörerraum, um von dort den Bürgermeister zu löchern. Mit der Begründung, dass er nicht nur Grünen-Stadtrat, sondern auch Bürger von Neckargemünd sei. Dann wurde es kurz unruhig. Später stellte das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises klar, dass auch einem Stadtrat das Recht zustehe, sich an der Bürgerfragestunde zu beteiligen. Der Bürgermeister müsse aber nicht antworten.
Am 12. Mai haben die Neckargemünder es in der Hand: Sie können Bürgermeister Frank Volk (parteilos) im Amt bestätigen. Oder sie können ein neues Stadtoberhaupt wählen, zum Beispiel den Grünen-Stadtrat und -Landtagsabgeordneten Hermino Katzenstein. Für Neckargemünd hat er sich einiges vorgenommen: „Das große Potenzial unserer Stadt lässt sich nur ausschöpfen, wenn wir mehr Miteinander wagen und unser Neckargemünd gemeinsam gestalten“, heißt es auf seiner Website.
Im Stuttgarter Landtag gehört der Grüne seit 2016 eher zu den Ruhigen. Nur bei einem Thema tritt Katzenstein verlässlich in die Bütt: Wenn es ums Fahrrad geht. Etwa im März, kurz vorm internationalen Frauentag, als die Grünen die Radstrategie des Landes auf die Tagesordnung gesetzt hatten. Da zitierte Katzenstein eine amerikanische Frauenrechtlerin mit den Worten: „Das Fahrrad hat mehr für die Emanzipation der Frau getan als irgendetwas anderes auf der Welt. Es gibt Frauen ein Gefühl von Freiheit und Selbstvertrauen.“
Das ist sein Ding. Darunter macht es der 55-jährige Physiker nicht. Nicht bei seinem Herzensthema. Und er redet nicht nur davon, er handelt. Das Auto hat der Familienvater schon vor Jahren abgeschafft. Stattdessen besitzt er jede Menge Räder. Ein Faltrad, mit dem er durch Stuttgart flitzt. Ein Rennrad mit E-Unterstützung für den Wahlkreis, weil es ja nicht schön aussieht, wenn man verschwitzt zum Termin erscheint. Ein Rennrad ohne „E“, um am Wochenende durch den Odenwald und im Sommer über die Alpen zu strampeln.
„Ich bin in Münster/Westfalen aufgewachsen“, antwortet er auf die Frage, wie er zu seiner Passion kam. Und fährt fort, weil damit ja nicht jeder im Südwesten etwas anfangen kann: „Da fahren alle Rad.“ Ihm hätten zwei ältere Geschwister gezeigt, wie es geht. Und dann war es da, „das Gefühl von Freiheit“, das ihn seither nicht mehr losgelassen hat.
Auch den Neckargemündern hat er schon ein Stück Freiheit gegeben: Er setzte sich dafür ein, eine Spur der vierspurigen Bundesstraße nach Heidelberg für Zweiräder freizugeben. Im November hat der Bund sein Okay für den Dauerbetrieb gegeben. Der „Katzenstein-Boulevard“, wie er im Volksmund genannt wird, ist schon mal da. Vielleicht wird er bald von einem Bürgermeister gleichen Namens befahren.
Drei Fragen…
Welche drei Eigenschaften zeichnen Sie aus?Ich kann gut zuhören. Bei mir bleibt nichts liegen. Und ich bleibe an Themen dran.
Sie haben als junger Mensch den Kriegsdienst verweigert. Würden Sie das heute wieder tun angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine?Ich könnte mir immer noch nicht vorstellen, eine Waffe in die Hand zu nehmen. Ich würde aber meine Arbeitskraft im zivilen Bereich zur Verfügung stellen. Das habe ich früher anders gesehen.
Sie tragen einen ungewöhnlichen Vornamen…Gute Frage! Hermann heißt ja nichts anderes als Heeresmann. In der Oberstufe wurde ich das erste Mal Hermino genannt. Im Zivildienst blieb es dabei. Und seither heiße ich Hermino und finde das gut. Auch wenn in meinem Pass immer noch Hermann steht.