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Kommentar zu Parteien

Grüne und FDP stehen vor einem Umbruch

Der Rücktritt der Grünen-Bundesspitze und die Wahlergebnisse zeigen, dass die Grünen starken Gegenwind aushalten müssen. Auch die FDP steht am Scheideweg – und muss auch in Baden-Württemberg den internen Machtwechsel moderieren. Ein Kommentar von Rafael Binkwoski.

Chefredakteur Rafael Binkowski sieht Grüne und FDP an einer entscheidenden Wegstelle.

Staatsanzeiger)

Stuttgart. Die Landtagswahl in Brandenburg hat ein politisches Erdbeben ausgelöst. Knall auf Fall ist der Bundesvorstand der Grünen zurückgetreten. Die dramatischen Wahlniederlagen und Umfragewerte lassen die Grünen ihre letzte Chance nutzen, sich als pragmatische und professionell agierende Regierungspartei zu zeigen. Auch in Baden-Württemberg dürfte alsbald Cem Özdemir als Spitzenkandidat ausgerufen werden.

Dann gilt es, das Erbe Winfried Kretschmanns als Ober-Realo und vielleicht noch eine Regierungsbeteiligung in Bund und Land zu retten. Eine Führungsrolle kann die Ökopartei nach aktuellen Umfragewerten dabei kaum noch erringen. Selbst im grünen Südwesten wäre ein Ergebnis von 20 Prozent ohne Kretschmann-Bonus ein Erfolg.

Die Grünen müssen ihre letzte Chance nutzen

Allzu viel ideologische und radikale Politik vom Heizungsgesetz bis zur Verschärfung eines Antidiskriminierungsgesetzes, und manch weltfremde Position in der Migrationsdebatte haben viele bürgerliche Wähler vergrault, zum Verdruss des grünen Regenten in der Villa Reitzenstein. Vielleicht nutzen die Grünen noch ihre letzte Chance.

Aber auch die FDP ist im Umbruch. Im Osten ist sie marginalisiert, selbst in Baden-Württemberg nähert sie sich gefährlich der Fünf-Prozenthürde. Dies ist Ergebnis eines Schlingerkurses in Berlin: Gleichzeitig Regierung und Opposition zu sein, das kann nicht funktionieren. Das ständige Schlechtreden der eigenen Erfolge ist ein Hauptgrund für den Verdruss über die Ampel. Wobei die Liberalen da keineswegs der allein Schuldige sind. Es wirkt aber so, als hätten Grüne und FDP in Berlin nie wirklich akzeptiert, dass man in einer Dreierkoalition andren auch Erfolge gönnen muss.

Rülke träumt von Schwarz-Gelb im Südwesten

Im Land setzt Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke klar auf einen bürgerlich-konservativen Kurs, träumt gar von einer schwarz-gelben Koalition mit seinem Wanderfreund Manuel Hagel (CDU). Zu den Grünen sucht er größtmöglichen Abstand, will mit der Aussicht auf Schwarz-Gelb bürgerliche Wähler von der AfD zurückgewinnen. Rülke ist ein Mann klarer Worte und klaren Profils, was für die FDP ein großes Pfund ist.

Vielleicht aber gerade deswegen erwächst dem 62-Jährigen möglicherweise innerparteiliche Konkurrenz. Zurück in die 90er und stramm ins Fahrwasser der CDU, mit krachender Rhetorik, ob das allein reicht, das Bild einer modernen liberalen Partei zu prägen? Christian Lindner hat auch durch seine offene Haltung den Liberalen ein Comeback verschafft. Wahrscheinlicher ist ohnehin, dass es in Baden-Württemberg zu einem lagerübergreifenden Bündnis kommt. Eine Ampel ist ausgeschlossen, aber eine Deutschlandkoalition aus CDU, SPD und FDP ist möglich. Aber auch dazu muss die FDP in die Mitte ausgreifen. Der Ausgang des Experiments ist offen.

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