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Manuel Hagel und Andreas Schwarz sehen sich als Grün-Schwarze Tempomacher

Die Legislaturperiode ist halb vorbei. Die Bilanz ziehen aber nicht Winfried Kretschmann und Thomas Strobl, sondern die Fraktionschefs der Regierungsfraktionen. Sie sehen sich als "Tempomacher" und sehen 2030 ein Baden-Württemberg, in dem alles funktioniert. 

Manuel Hagel (rechts) und Andreas Schwarz in Stuttgart.

Binkowski)

Stuttgart. Da stehen sie im Stuttgarter Konferenzzentrum „Das Büro“ an der Theodor-Heuss-Straße. Der grüne Zwei-Meter-Mann Andreas Schwarz aus dem Neckartal, und der CDU-Mann Manuel Hagel von der Donau. Sie sind zwei Schlüsselfiguren der grün-schwarzen Koalition, die seit seit acht Jahren das Land regiert. Sie duzen sich, sagen „Andy“ und „Manuel“ zu einander, telefonieren täglich miteinander, Hagel sagt sogar: „Manchmal häufiger als mit unseren Frauen.“

Und doch trübt ein Interview die Harmonie, das der 35-jährige CDU-Fraktionschef vergangene Woche mit der „Schwäbischen Zeitung“ geführt hat. Wenn Kretschmann aus welchen Gründen auch abtreten werde, würde die Union keinen neuen grünen Regierungschef wählen. „In einem solchen Fall sehe ich mit uns in dieser Legislatur keine Mehrheit für einen anderen grünen Ministerpräsidenten“, sagte er. 

Hagel setzt ein machttaktisches Signal

Das war ein klares machttaktisches Signal. Falls es bei den Grünen Gedankenspiele gäbe, schon vor 2026 einen Wechsel herbei zu führen, gäbe es Neuwahlen. Natürlich stürzen sich die Journalisten auf die Frage. Setzt er die Grünen damit unter Druck? Hagel überlegt, will jetzt nichts falsches sagen. „Ich habe die Debatte nicht begonnen, habe sie nicht gespeist“, sagt er, „ich habe nur einmal meinen Standpunkt festgemacht.“

Es ist nur eine Kleinigkeit, aber sie ist bezeichnend für die neue Arithmetik in der grün-schwarzen Koalition. Bestimmte seit 2016 die Harmonie zwischen Kretschmann und Strobl die Szenerie, sind es jetzt die Positionierungen der Fraktionschefs, die öffentlich wirksam werden.

Die Landesregierung selbst zieht auch keine Bilanz, es sind die Fraktionschefs. „Das war immer so“, betont Hagel. Doch Schwarz räumt ein, dass dies auch für die „selbstbewussten Fraktionen“ stehe. Dass Hagel selbst in einen unionsinternen Machtkampf verstrickt ist und sich die Frage offen hält, ob er Thomas Strobel im November als Landeschef ablösen will, spielt dabei natürlich auch eine Rolle.

Grün-Schwarz betont Geschlossenheit

Nun also inszenierte Harmonie. Beide treten gemeinsam auf, jeder mit einem Rednerpult inklusive Parteiemblem. Schwarz spricht von einer „Vision 2030“ für Baden-Württemberg, Hagel von 2035. „Wir machen Tempo für die Zukunft“, sagt der Grünen-Fraktionschef, er spricht von Leuchttürmen, Orientierung, dem Cyber Valley, Künstlicher Intelligenz. Lobt das Klimaschutzgesetz als „wichtigen Meilenstein“, die Task Force für erneuerbare Energien, das neue passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene für 16-Jährige, das einfachere Planungsgesetz.

Gegen die Stimmung der Rechtspopulisten setzt er „Geschlossenheit, abgestimmtes Vorgehen und Optimismus“. Bei Hagel hört sich das ganz ähnlich an. „Es ist hier viel Licht und wenig Schatten im Raum, das passt wunderbar zu unserer Koalition“, sagt er. Der Südwesten solle „Klimaschutzland Nummer 1“ sein, der ländliche Raum gestärkt werden, Hagel lobt die Vereine, „vom VfB und SC Freiburg bis zu den Blasmusikvereinen“. 

Das Sommerinterview mit Manuel Hagel lesen Sie hier und das von Andreas Schwarz lesen Sie hier.

Würden sie nicht vor ihren Parteilogos stehen, täte man sich schwer, Unterschiede zu erkennen. Obwohl beide betonen, das Erfolgsrezept der Koalition sei gerade nicht, sich gegeneinander in Stellung zu bringen, sondern „aus Gegensätzen Gutes zu schaffen“. Beide wollen die Bürokratie bekämpfen, mehr Fachkräfte gewinnen. Hagel zählt über 20 Punkte auf und sagt: „Erledigt“. 

Dann wird Manuel Hagel persönlich: „Für mich waren diese zweieinhalb Jahr intensiv.“ Er ist erst seit dieser Zeit Fraktionschef und sagt: „Schließlich war ich das ja noch nie, außer in Ehingen im Gemeinderat.“ Interessante Einblicke gibt es zudem: In den acht Jahren sei auch in den Fraktionen auf persönlicher Ebene Vertrauen erwachsen.

Kleine Spitzen möglicher Konkurrenten

Man könnte fast meinen, Grüne und CDU seien seit Jahrzehnten eng befreundet. Aber natürlich stehen hier auch Konkurrenten auf der Bühne, zwei potenzielle Aspiranten auf die Nachfolge in ihren Parteien, mögliche Spitzenkandidaten für die nächste Landtagswahl. Je mehr sich diese nähert, desto weniger wird es Freundschaft geben, sondern den Kampf um Platz eins im Parteienspektrum.

Vielleicht nur ein kleines Symbol dafür: Manuel Hagel meint irgendwann, viele Projekte hätten einen „schwarz-grünen“ Haken dran. Schwarz schmunzelt und sagt: „Einen grün-schwarzen.“ Derlei wird sich vermutlich bald häufen – wenn beide drangehen, ihre Visionen für 2030 oder 2025 in die Tat umzusetzen.

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