Gewerkschaften von Verhandlungsauftakt enttäuscht
Potsdam. Am heutigen Freitag haben die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst begonnen – und sind ohne ein Ergebnis vertagt worden. Bereits im Oktober 2024 haben die Gewerkschaften Verdi und der Beamtenbund (DBB) Forderungen für die Tarifrunde von Bund und Kommunen vorgestellt.
„ Wo bleiben die konkreten Angebote von Bund und Kommunen? Wenn Frau Faeser und Frau Welge uns in den Verhandlungen nur immer wieder die Finanzkrise der Kommunen vorhalten, kommen wir hier keinen Schritt weiter“, kritisierte der Beamtenbund-Verhandlungsführer Volker Geyer nach Ende der Gespräche mit Bund und Kommunen in Potsdam. „Die Attraktivität des Arbeitgebers Staat wird dadurch beschädigt, obwohl der Wettbewerb mit der Privatwirtschaft um die besten Köpfe gerade jetzt immer schärfer wird.“
Zudem kritisiert er, dass d ie Beschäftigten im öffentlichen Dienst einen Anspruch auf spürbare Einkommenszuwächse hätten, egal, ob gerade die Kassenlage angespannt ist.
Geyer: Es wird zu Warnstreiks kommen
„Ja, die Finanzausstattung der Kommunen ist nicht aufgabengerecht. Daran sind aber nicht die Kolleginnen und Kollegen schuld, sondern Bund und Länder. Die Kommunen sollen sich das Geld bei denen holen, die die enorme Aufgabenlast zu verantworten haben“, sagt Geyer. Er wolle den Arbeitgebenden in den nächsten Wochen klarmachen, dass die Beschäftigten auf keinen Fall ein ‚Sonderopfer Haushaltssanierung’ akzeptieren würden. „Es wird deshalb sicher zu Warnstreiks und Protestaktionen kommen, für die ich die Bevölkerung schon jetzt um Verständnis bitte. Bund und Kommunen lassen uns keine andere Wahl.“
Beschäftigte seien überlastet
Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke wies darauf hin, dass es nicht ausreiche, Verständnis für die starke Überlastung und die finanzielle Situation der Beschäftigten zu äußern. Wichtig sei vielmehr, Lösungen für die Entlastung herbeizuführen und die Gehälter deutlich anzuheben. Nur so könne der öffentliche Dienst attraktiver gemacht und mehr Arbeits- und Fachkräfte gewonnen werden. Die Beschäftigten seien überlastet, viele Kommunen seien kaum noch handlungsfähig. Im öffentlichen Dienst seien aktuell rund 500.000 Stellen unbesetzt.
„Die Beschäftigten müssen mit immer weniger Personal immer mehr Aufgaben bewältigen. Über kurz oder lang droht ein Kollaps, wenn jetzt nicht gehandelt wird“, mahnte Werneke. „Die Beschäftigten setzen auf ein positives Signal der Arbeitgeber und konkrete Antworten auf ihre Forderungen. In diesen unsicheren Zeiten ist es besonders notwendig, zielorientiert zu verhandeln. Deshalb erwarten wir in der zweiten Runde deutliche Fortschritte. Das wird nur möglich sein, wenn die Arbeitgeber ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen.“
Arbeitgeberverbände wollen Lösungen mit Augenmaß
Karin Welge, Präsidentin und Verhandlungsführerin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände plädierte im Vorfeld der Verhandlungen um Lösungen mit Augenmaß. „ Die finanzielle Situation der Kommunen ist mehr als ernst: Die historische Verschuldung von 160 Milliarden Euro setzt uns klare Grenzen. Bei rund 2 Prozent Inflation und stagnierender Wirtschaft wirken Entgeltforderungen von 8 Prozent, die sich aufgrund des geforderten Mindestbetrags von 350 Euro für die Kommunen tatsächlich auf 10 Prozent summieren, geradezu realitätsfern“, sagt sie.
Auch sieht sie d ie geforderten Arbeitszeitverkürzungen in Form zusätzlicher freier Tage und eines verpflichtenden Langzeitkontos besonders kritisch. Denn diese würden zwangsläufig zu spürbaren Einschränkungen in den kommunalen Dienstleistungen führen, beispielsweise in Form häufigerer oder längerer Kitaschließzeiten oder reduzierter Bürgerservices.
Welge: „Die stetigen Entgeltsteigerungen der vergangenen Jahre zeigen, wie sehr wir die Leistung unserer Beschäftigten wertschätzen. Wir brauchen Lösungen, die sowohl unseren Beschäftigten als auch der kritischen Finanzlage der kommunalen Arbeitgeber gerecht werden. Dafür setzen wir auf einen konstruktiven Dialog mit den Gewerkschaften.“
Die zweite Runde der Tarifverhandlungen findet am 17. und 18. Februar 2025 in Potsdam statt. Die dritte Runde ist vom 14. – 16. März 2025 laut Verdi ebenfalls in Potsdam angesetzt. (sta)
Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst haben begonnen | Staatsanzeiger BW