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Kultusministerium relativiert Bedeutung von „Kompass 4“
Stuttgart. Es ist hoch hergegangen in der größeren Regierungsfraktion am Dienstagnachmittag, als die Abgeordneten die Aufregung vor Ort rund um die landesweiten Prüfungen diskutierten, die im November von allen Viertklässlern geschrieben werden mussten. Schon seit Tagen wird von weinenden Kindern, von frustrierten Lehrkräftne und verärgerten Eltern. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verlangt von Kultusministerin Theresia Schopper (Grüne) deshalb das gesamte Verfahren zu stoppen.
Mathe-Arbeiten sind als „machbar“ eingestuft worden
„Kompass 4“ sei ein neues, zusätzlichen Element im Rahmen des Übertrittverfahrens auf eine weiterführende Schule, schreibt das Kultusministerium. Ausgehend von der bisherigen pädagogischen Gesamtwürdigung der Klassenkonferenz und dem Elternwillen, gebe es eine landesweit einheitliche und vergleichbare Leistungsrückmeldung. In einem „Factsheet“ an die beide Regierungsfraktion werden die Tests sogar als „Momentaufnahme“ charakterisiert. Präsentiert wird auch ein „Fazit aus den Praxischecks“: Beide Arbeiten seien „zwar als anspruchsvoll, jedoch als ‚machbar‘ bezeichnet worden. t
Alle Viertklässler mussten im November zwei 45-Minuten-Prüfungen absolvieren, eine in Deutsch und eine in Mathe. Betroffen waren an den 2.323 öffentlichen Grundschulen in Baden-Württemberg rund hunderttauschend Schüler und Schülerinnen. Die GEW hat eine Umfrage zur Einschätzung der Ergebnisse durch beteiligte Lehrkräfte gestartet. Die Ergebnissen sprechen, so die Landesvorsitzende Monika Stein, für sich: So sehen beispielsweise 80 Prozent der Pädagogen „größere Abweichungen zur eigenen Einschätzung der Kinder“. Vor allem aber habe „Großteil der Schüler und Schülerinnen die Mathematik-Aufgaben in der vorgegebenen Zeit nicht beantworten können“.
GEW-Chefin: „Wir brauchen kein neues Grundschul-Abi“
Landesweit einheitlich vorgeben waren 15 Fragen, die in einen Punktesysteme zu bewerten sind. Weil sieben Fragen aus zwei Teilen bestehen, bleiben für die jeweilige Beantwortung nur rund zwei Minuten. „Wir brauchen aber kein neues Grundschul-Abi“, so Stein, die auch darauf verwies, dass zwei Drittel der befragten Lehrkräfte das neue Verfahren als „überflüssig und wenig sinnvoll“ bezeichnet haben.
Für die Landesregierung ergibt es sich aber zwingend aus der Tatsache, dass die Gymnasial-Zeit ab dem kommenden Schuljahr wieder um ein Jahr gedehnt und das Regelabitur erst nach neun Jahren stattfindet. „Das Gymnasium kann seinen Auftrag, Schülerinnen und Schülern mit entsprechenden Begabungen und Bildungsabsichten eine breite und vertiefte Allgemeinbildung zu vermitteln, nur dann wirkungsvoll erfüllen, wenn der Zugang nicht voraussetzungslos möglich ist, sondern von einem entsprechenden Leistungsvermögen abhängig gemacht wird“, heißt es in der notwendigen Schulgesetz-Novelle, die allerdings noch nicht vom Landtag verabschiedet ist.
Gewerkschaft will die Verbindlichkeit von „Kompass 4“ vielleicht prüfen lassen
Die CDU-Fraktion konnte die Grünen von dem neuen „Zwei aus Drei“-Verfahren überzeugen. Das sieht vor, den Elternwillen bei Übergang von der vierten in die fünfte Klassen nicht mehr zum Tragen kommen zu lassen, wenn Kompass 4 und die Lehrermeinung zur Leistungsfähigkeit der Kinder übereinstimmt. Bisher galten als maßgeblich die Elterneinschätzung und ein Beratungsgespräch. „Vertrauen Sie dieser Beratungskompetenz“, verlangt Stein in ihrem Appell an die Landesregierung. Die GEW erwägt zudem, rechtlich prüfen zu lassen, ob „Kompass 4“ ohne gesetzliche Grundlagen überhaupt verbindlich zur Leistungsbeurteilung herangezogen werden kann.
Kommt das Kultusministerium der GEW-Forderung nicht nach, müssen alle Kinder ohne positive Bewertung der Kompass 4 oder die eigenen Lehrkräfte, in einen sogenannten „Potenzialtest“, wenn ihre Eltern den Wechsel aufs Gymnasium für richtig halten. Auch dazu fehlen konkrete Informationen, allerdings sich die Schulen schon aufgefordert sich untereinander zu organisieren: Und das Datum steht auch bereits fest: Die Potenzialtests finden am 18. Februar statt.