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Gegenseitige Schuldzuweisungen nach Scheitern von Bildungsgesprächen
Tübingen. Nach dem Ende der Gespräche über gemeinsam getragene Bildungsreformen haben sich Opposition und Regierung gegenseitig die Schuld für das Scheitern zugeschoben. «Wir haben keinen Sinn gesehen, diese Gespräche fortzusetzen», sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch am Donnerstag im Kloster Bebenhausen bei Tübingen, wo die Runde getagt hatte. Das Treffen habe nichts von einem ergebnisoffenen Gespräch gehabt, so Stoch . Es sei stattdessen nach dem Motto «Vogel, friss oder stirb» abgelaufen. Er sprach von einem traurigen Tag für das Land.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte, er habe bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nur wenig Offenheit zu Gesprächen gesehen. Man sei vor die Wahl gestellt worden, das Regierungspaket zu unterschreiben oder eben nicht. Er wolle aber den Mut nicht sinken lassen und erneut eine Einladung an die Fraktionsvorsitzenden aussprechen. «Vielleicht gelingt ja eine Verständigung ohne gewisse Leute», sagte Rülke .
„Chance vertan“
Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz gab dagegen der Opposition die Schuld für das Scheitern der Gespräche. Er habe den Eindruck, SPD und FDP seien von Anfang an nicht bereit gewesen, an einem Strang zu ziehen, sagte Schwarz. Man habe die Gelegenheit geboten, über Dinge zu sprechen, die nicht im Koalitionsvertrag geregelt seien. Es sei schade, dass die Opposition dazu nicht bereit gewesen sei. «Damit hat sie eine Chance für sich vertan», sagte er. Die AfD war nicht eingeladen zu den Gesprächen.
Ministerpräsident Kretschmann sagte, er hätte gerne über konkrete Sachthemen geredet. Neue Vorschläge von SPD und FDP habe er aber nicht ausmachen können. «Parteiübergreifenden Konsens kann es ja nur geben, wenn alle etwas vorlegen», sagte Kretschmann. Seine Koalition habe etwas vorgelegt.
Die grün-schwarze Koalition hatte sich im Vorfeld auf gemeinsame Vorschläge für grundlegende Reformen geeinigt. Unter anderem will die Koalition den Werkrealschulabschluss abschaffen und erreichen, dass sich bestehende Werkrealschulen mit Realschulen zu Verbundrealschulen zusammenschließen.
Grundschulempfehlung wieder verbindlicher
G9 soll demnach zum Schuljahr 2025/2026 eingeführt werden und mit den Klassen fünf und sechs starten. Die Gymnasien sollen zudem die Option erhalten, G8-Züge anzubieten – allerdings ohne dafür zusätzliche Mittel zu bekommen. Verständigt hat sich Grün-Schwarz auch darauf, die Grundschulempfehlung wieder verbindlicher zu gestalten. Außerdem soll es mehr Ganztagesgrundschulen geben. Grundschulen in Brennpunkt-Gegenden sollen gar zu verbindlichen Ganztagesschulen werden.
Diese Reformen will die Regierung nun auch ohne Unterstützung der Opposition umsetzen. «Wir kommen jetzt wieder ins normale Verfahren: Die Regierung regiert, die Opposition opponiert», sagte Kretschmann. Er wolle in der nächsten Woche eine Regierungserklärung abgeben. Darin werde die Koalition zusammenfassen, was sie in dieser Legislaturperiode noch vorhabe – «und darüber hinaus», sagte Kretschmann.
Hagel: Paket ist eine klare Botschaft
CDU-Fraktionschef Manuel Hagel lobte das Paket der Koalition. Dieses gehe die notwendigen Reformen für ein modernes Schulsystem der Zukunft an. «Unser Paket hat eine klare Botschaft. Wir geben uns nicht mit Mittelmaß zufrieden. Wir wollen zurück an die Spitze», sagte Hagel. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) sagte, man sei nun deutlich weiter als man es sich je habe vorstellen können.
Schon vor den Gesprächen hatte sich angedeutet, dass eine Einigung schwierig werden könnte. Man habe bisher wenig von einem offenen Austausch gespürt, sagte SPD-Fraktionschef Stoch vor Beginn der Gespräche. FDP-Fraktionschef Rülke sagte, eine Einigung könne nicht so aussehen, dass die Regierung eine Ansage mache und die Opposition salutiere. Kretschmann hatte bereits am Dienstag klargemacht, die Vorschläge seiner Koalition auch ohne Einigung mit der Opposition umsetzen zu wollen.
In der vergangenen Woche hatte die Koalition bereits eine interne Einigung im Bereich der frühkindlichen Bildung vermeldet und ein Programm zur Sprachförderung an Kitas und Grundschulen vorgestellt. Damit sollen Kinder mit Sprachproblemen frühzeitig gefördert werden. (dpa/lsw)