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Kommentar zur neuen Beamtenlaufbahn

Es gibt schon zu viele politische Beamte

Geisteswissenschaftler sollen schneller verbeamtet werden, und im Landtag werden seit Jahren Fraktionsberater beim Parlament als Beamte angestellt. Das sorgt für eine Aufblähung der Verwaltung, gerade die Grünen sollten hier vorsichtig sein, kommentiert Rafael Binkowski.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verteidigt die Verbeamtung von Geisteswissenschaftlern.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Gleich in zwei Bereichen steht die Landespolitik derzeit in der Kritik. Einmal verweist der Landesrechnungshof schon seit 2002 (!) auf die Praxis, parlamentarische Berater der Fraktionen als Beamte beim Landtag einzustellen. Seither haben sich diese Stellen von 39 auf 81 erhöht. Ohne dass die Zahl der Abgeordneten sich so stark nach oben geschraubt hätte. Das Problem ist: Verändern sich die Mehrheitsverhältnisse, werden viele dieser Berater nicht mehr von den Fraktionen benötigt.

Denn wer bisher für die Grünen oder die SPD gearbeitet hat, wird kaum von CDU oder FDP angestellt. Man hat also irgendwann Beamte, die beim Landtag angestellt sind, aber eigentlich nicht mehr benötigt werden. In Extremfall sogar auf Lebenszeit. Eine enorme finanzielle Last. Trotz der Mahnungen der Rechnungsprüfer halten alle Fraktionen bis auf die AfD daran fest, weil es ein gutes Mittel ist, parteinahe Mitarbeiter mit einer lebenslangen Versorgung und Beamtenprivilegien abzusichern. Wirtschaftlich und politisch sinnvoll ist dies allerdings nicht.

Hintergründe zur Verbeamtung lesen Sie hier.

Profitieren würden vor allem Redenschreiber und Pressesprecher

In dieselbe Richtung zielt der Vorstoß des Staatsministeriums, künftig einfacher Geisteswissenschaftler verbeamten zu können. Grundsätzlich kann man über einen solchen Weg nachdenken, damit die Landesverwaltung attraktiver wird auch Nicht-Juristen oder Menschen ohne Verwaltungsausbildung.

Doch dass ausgerechnet das eigentlich dafür gar nicht zuständige Staatsministerium diesen Vorstoß macht, befremdet ebenso wie der Zeitpunkt. Dass bei den Grünen die Sorge vor einem möglichen Machtverlust bei der Landtagswahl 2026 umgeht, ist verständlich. Doch es würden vor allem Mitarbeiter aus dem politiknahen Umfeld von Ministern davon profitieren. Also Pressesprecher oder Redenschreiber.

Bei politischen Wechseln bleiben die Beamte beim Land angestellt

Diese Stellen sind ohnehin reichlich attraktiv und begehrt und bedürfen sicher keiner Aufwertung durch den Beamtenstatus. Zumal auch hier das Problem besteht: Ist die Person erst einmal verbeamtet, bleibt dieser Status für immer, so lange sie keine goldenen Löffel stiehlt. Bei einem Regierungswechsel gibt es dann schnell zahlreiche Beamte, für die sich kein adäquater Ersatz für einen hochrangigen Posten findet.

In den fast 60 Jahre währenden Regierungszeit der CDU nannte man das „Operation Abendsonne“, und wurde nicht zuletzt vor dem Machtwechsel 2011 von Christdemokraten eifrig betrieben, um in allen Stellen der Verwaltung Parteifreunde zu versorgen. Auch aktuell gibt es eine ganze Reihe überraschende Beförderungen. Diesem Verdacht sollten sich gerade die Grünen nicht aussetzen.

Ja, bis zur Wahl muss noch regiert werden, doch 13 Jahre war das nicht so wichtig, jetzt sollte es in der Sommerpause durchgepeitscht werden. Das ist mindestens unglücklich und sollte überdacht werden.

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