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Europäischer Hochschulabschluss

Ein einheitlicher EU-Hochschulabschluss ist noch Zukunftsmusik

Die EU-Kommission möchte künftig einen einheitlichen europäischen Hochschulabschluss. Davor gibt es noch viele Hürden. Wissenschaftsministerium und Landesrektorenkonferenz sind skeptisch.

Studienanfänger am Tag der Erstsemesterbegrüßung. Ein europäischer Hochschulabschluss könnte die Mobilität Studierender fördern und den produktiven Wettbewerb zwischen den Hochschulen steigern, meint die EU-Kommission.

IMAGO/Christoph Hardt)

Stuttgart. Die Vision eines vereinten Europa ist schon alt, die eines einheitlichen Hochschulabschlusses mit Gültigkeit in ganz Europa vergleichsweise jung. Ende März ging die EU-Kommission mit diesem Plan an die Öffentlichkeit. Welche Vorteile hätte das? Es  würde die Mobilität der Studierenden fördern, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt steigern und auch die Wettbewerbsfähigkeit Europas erhöhen, so hofft die Kommission. Zunächst soll es Zwischenschritte geben, etwa die Entwicklung von Gütesiegeln für Abschlüsse (siehe Infokasten).

Gemeinsamkeit allein ist noch kein Qualitätsmerkmal, so der LRK-Chef

Was hält die Landesrektorenkonferenz (LRK) vom Vorhaben eines einheitlichen Hochschulabschlusses? „Gemeinsame europäische Abschlüsse sind ein wichtiges Unterfangen, bei dem es allerdings nicht um eine großflächige Umstellung aller Studiengänge gehen kann“, sagte der LRK-Vorsitzende und  Präsident der Universität Ulm, Michael Weber, dem Staatsanzeiger.

„Joint Degrees müssen strategisch sinnvoll sein, sowohl für die einzelnen Universitäten als auch für die beteiligten Hochschulnetzwerke, sodass sie deren Profil unterstützen.“ Gemeinsamkeit allein sei jedenfalls noch kein Qualitätsmerkmal, so Weber weiter: „Die Attraktivität der Abschlüsse für Studierende und den Arbeitsmarkt hängt stark von der Reputation der Abschlusshochschule(n) ab.“

Derzeit sieht Weber vor allem zwei Gefahren: Zum einen, dass der  Markenwert eines solchen europäischen Abschlusses überschätzt wird – „und dass angesichts der Bemühungen, solche Abschlüsse zu erleichtern, viele Probleme, die die Rekrutierung internationaler Studierender erschweren, zu wenig Beachtung finden.“

Der Gesetzgeber solle die Kooperation von Universitäten und Hochschulen in Europa unterstützen, – aber ohne zusätzliche Bürokratie zu schaffen. Die bestehenden Einrichtungen und Mechanismen zur Qualitätssicherung reichten aus.

Qualität und Vergleichbarkeit der Abschlüsse ist für Wissenschaftsministerin entscheidend

Und was hält die zuständige Ressortministerin von dem Vorstoß der EU-Kommission? „Ein europäischer Hochschulabschluss kann ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum gemeinsamen Bildungsraum sein“, heißt es im von Petra Olschowski (Grüne) geleiteten Wissenschaftsministerium.

E ntscheidend sei aber „die Qualität und die Vergleichbarkeit der Abschlüsse“. Viele Details seien noch unklar. Daher „lassen sich die Vorteile eines einheitlichen europäischen Abschlusses noch nicht abschließend beurteilen.“ Es gilt nun, weitere Verhandlungen in Brüssel abzuwarten.

Der europäische Hochschulraum könne durch die Initiative gestärkt werden, aber nur dann, wenn „durch diesen Abschluss Verfahren vereinfacht und verbindliche Kriterien etabliert werden“. In diesem Fall „würde der einheitliche europäische Abschluss über die Vorteile länderübergreifender Studiengänge mit einem gemeinsamen Abschluss hinausgehen, wie sie auch in Baden-Württemberg seit vielen Jahren angeboten werden“. Doch sieht man im Ministerium auch Risiken des Vorhabens.

Keine weiteren regulatorischen Anforderungen sind erwünscht

So etwa die Gefahr, „dass der gemeinsame Hochschulabschluss in Europa uneinheitlich umgesetzt wird“. Und weitere „regulatorische Anforderungen auf europäischer Ebene“ seien zu vermeiden.

Im Gegenteil: „Um gemeinsame Studienangebote und Abschlüsse zu ermöglichen, sollten Verfahren im Bereich Studienakkreditierung sowie bei der Anerkennung von Abschlüssen verschlankt und europaweit enger aufeinander abgestimmt werden.“ Immerhin wolle die EU-Kommission bereits 2025 zusätzliche Projektmittel ausschreiben, mit denen Hochschulen bestehende gemeinsame Studiengänge umgestalten oder neue Studiengänge schaffen können, die zu einem europäischen Abschluss führen.“ Doch das werde „sicherlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen“.

Gütesiegel ist ein erster Schritt

Ein ergänzendes Gütesiegel für gemeinsame europäische Abschlüsse auf freiwilliger Basis – das soll gemäß den Vorstellungen der EU-Kommission der erste Schritt auf dem Weg zum angestrebten einheitlichen europäischen Hochschulabschluss sein. Das sollen gemeinsame Studiengänge erhalten, die bestimmte Kriterien erfüllen.

Der europäische Hochschulabschluss selbst wäre dagegen eine neue Art von Qualifikation, automatisch anerkannt und in den nationalen Rechtsvorschriften verankert. Verliehen würde er gemeinsam von mehreren Hochschulen – oder von einer juristischen Person, die diese Hochschulen dafür erschaffen.

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