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Essay

Donald Trump oder die Rückkehr der Wundertüte

Europa muss und darf sich nicht verstecken - im Gegenteil. Europäische Stärke durch europäische Geschlossenheit als Antwort auf eine Welt, die durch Krisen und Disruptionen geprägt ist, empfiehlt der ehemalige Finanz- und Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Nils Schmid, der seit 2018 außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion ist.

Sind das die beiden, die in Zukunft das Schicksal der Welt bestimmen? Klar ist nur eines: Am 20. Januar wird der rechte Herr als 47. US-Präsident vereidigt.

dpa/Brandon Bell)

Seit Russlands Invasion der Ukraine vor nun fast drei Jahren wird die deutsche Wirtschaft von hohen Energiepreisen, sinkender Nachfrage in China und verschärftem Wettbewerb in die Mangel genommen. Als sei das nicht genug, steht nun auch noch Donald Trump vor der Tür. Wenige Tage vor dessen Amtseinführung am 20. Januar blickt die deutsche Wirtschaft besorgt über den Atlantik.

Grund dafür ist unter anderem Deutschlands exponierte Position im Welthandel. 2023 exportierte Deutschland Waren im Wert von knapp 158 Milliarden Euro in die USA. Davon stammt fast ein Viertel aus Baden-Württemberg. Mit einem Anteil von 16 Prozent ist der Südwesten das exportstärkste Bundesland – und somit überproportional abhängig vom Beziehungsstatus der transatlantischen Freundschaft.

Die Wiederwahl Trumps stellt Europa, Deutschland und insbesondere Baden-Württemberg vor Herausforderungen. Die zu erwartende Radikalisierung der US-Handelspolitik dürfte gravierende wirtschaftliche Folgen haben. Während des Wahlkampfs kündigte Trump Importzölle in Höhe von zehn bis zwanzig Prozent an. Sein designierter Handelsminister Howard Lutnick gilt als loyal und hat bereits angekündigt, Zölle vorbehaltlos zu unterstützen.

Die EU-Kommission und die Bundesregierung haben sich im letzten Jahr auf eine Rückkehr Trumps vorbereitet. Zwar gibt es Grenzen bei der Vorbereitung auf das Unberechenbare, doch die Europäische Union hat gerade in der Handelspolitik starke Kompetenzen. Ein Blick ins Güterverzeichnis unserer baden-württembergischen Exporte in die USA zeigt, dass Kraftwagen und Kraftwagenteile mit 29,5 Prozent den Löwenanteil stellen. Bekanntermaßen ist die Autobranche inmitten eines tiefgreifenden Wandels hin zur Elektromobilität, während sie vor allem aus China Wettbewerbsdruck bekommt.

In dieser empfindlichen Übergangsphase sind Strafzölle unbedingt von der Autoindustrie abzuwenden. Wenn nötig, kann die EU dagegenhalten, etwa mit eigenen Strafzöllen, die die amerikanische Wirtschaft ebenfalls empfindlich treffen würden. Diese Karte werden wir in Verhandlungen mit der neuen US-Regierung auf den Tisch legen.

Für Deutschland und die Europäische Union ist es nun noch wichtiger, strategische Partnerschaften und Allianzen jenseits der traditionellen Wirtschaftspartner zu stärken. Hier hat Deutschland unter Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz in den letzten drei Jahren wichtige Pflöcke eingeschlagen. Auch der Aufbau resilienter Lieferketten und die Diversifizierung von Handelsbeziehungen waren dabei von zentraler Bedeutung. Der Abschluss des MERCOSUR-Abkommen Anfang Dezember 2024 kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Zudem sollte die Europäische Union die bevorstehenden beziehungsweise andauernden Verhandlungen von Freihandelsabkommen mit Indien, Indonesien und weiteren ASEAN-Partnern wie Malaysia, Thailand und Philippinen weiter forcieren.

In Anbetracht aller ernst zu nehmenden Herausforderungen gibt es auch Grund zu vorsichtigem Optimismus: Erstens weisen die wirtschaftlichen Interessen der USA und der Europäischen Union insbesondere im Kontext der geopolitischen Herausforderungen weiterhin große Schnittmengen auf. Die Möglichkeiten für Kooperation in Industrie- und Handelspolitik sollte ergriffen werden, um Schäden von der europäischen Wirtschaft fernzuhalten.

Zweitens bleibt Präsident Trump eine Wundertüte. Nicht alles, was der US-Präsident in seiner ersten Amtszeit androhte, setzte er am Ende durch. Er verzichtete auf einen großen Handelskrieg mit der Europäischen Union; die Strafzölle auf Autos verhängte er nie.

Drittens wird China deutlich stärker im Fokus der USA stehen. Trump spricht hier von Strafzöllen in Höhe von 60 Prozent. Solche Strafzölle und ein starker US-Dollar würden deutsche Waren auf dem amerikanischen Markt attraktiver als chinesische Produkte machen. Hier konkurrieren vor allem deutsche Haushaltsgeräte und Maschinen mit den Chinesen, die etwa 23 Prozent der baden-württembergischen Exporte in die USA ausmachen.

Das Abwenden von Strafzöllen ist der EU-Kommission bereits in der ersten Trump-Präsidentschaft gelungen. Damals verhangene US-Strafzölle wurden sofort auf Eis gelegt und bis heute nicht in Kraft gesetzt. Das wird auch in den nächsten vier Jahren der Weg sein: europäische Stärke durch europäische Geschlossenheit.

Nils Schmid ist der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

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