Landesstiftung Baden-Württemberg

Die zweite Karriere von Theresia Bauer

Sie saß 23 Jahre im Landtag, war zwölf Jahre Ministerin. Nun wird Theresia Bauer, die einst als Nachfolgerin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne) gehandelt wurde, Geschäftsführerin der Landesstiftung Baden-Württemberg. Für sie eine Chance, Dialog über Parteigrenzen anzustoßen.

Theresia Bauer war zwölf Jahre Ministerin und 23 Jahre Abgeordnete, galt sogar als potenzielle Nachfolgerin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Nun leitet sie die Landesstiftung Baden-Württemberg, und will dabei neue Akzente setzen.

Achim Zweygarth)

Stuttgart. Sie ist wieder da. Eigentlich war sie nie so ganz weg. Aber Theresia Bauer ist tief gefallen, als sie 2022 den sicheren Posten als Wissenschaftsministerin aufgab, um Oberbürgermeisterin in Heidelberg zu werden. In der Stadt, mit der die gebürtige Saarländerin seit Studienzeiten im Herzen verbunden ist und in der sie lebt, und in der sie bei den Landtagswahlen das Direktmandat errang. „Der Abschied vom Ministerium war nicht leicht“, räumt sie ein, „aber die Zeit war reif.“ Ganz oder gar nicht, das sagte sie damals sich und ihren Mitarbeitern, Bauer kandidierte in Heidelberg, und verlor deutlich gegen den Amtsinhaber Eckart Würzner. Und dann war sie „nur“ noch einfache Abgeordnete, allerdings anders als zu Beginn in einer Regierungsfraktion.

Ein Rollenwechsel, mit dem sie sich anfangs schwertat. Schließlich war Bauer eine Ministerin der ersten Stunde des Machtwechsels 2011, wurde zeitweise als potenzielle Nachfolgerin von Kretschmann gehandelt. Doch auch die neue Rolle hat sie angenommen, und neu interpretiert. „In der Opposition musste man lernen, das Megafon zu bedienen, in der Regierung geht es eher darum, in welches Ohr man flüstern muss“, sagt die 59-Jährige. Schließlich erhält sie eine neue Chance. Die Grünen halten das Vorschlagsrecht für den Vorsitz der Landesstiftung, den Christoph Dahl nach 14 Jahren abgibt.

Um ihre Benennung gab es Unstimmigkeiten

Doch es gab Unstimmigkeiten in der grün-schwarzen Koalition, die Personalie verzögert sich, um Wochen und dann um Monate, Grüne und CDU sind sich nicht eins, wie man den wichtigen Posten besetzen soll. Wie von der grünen Seite hinter vorgehaltener Hand zu hören ist, soll die CDU eine „Doppelspitze“ von Bauer mit einem CDU-Mann angeregt haben, was allerdings von den Konservativen dementiert wird.

Letztlich wurde das schon im Koalitionsvertrag von 2021 festgehaltene Vorschlagsrecht der Grünen vollzogen. Der Weg war frei, der Aufsichtsrat wählte die Ex-Ministerin am 5. Juni schließlich.

Am 15. Juni hat sie ihr Amt angetreten, die gut 50 Mitarbeiter begrüßt und ist aus dem Landtag ausgeschieden. Nach fast einem Vierteljahrhundert im Parlament ist sie als erste Grüne an der Spitze einer Institution angekommen, die sie früher in der Opposition bekämpft hat.

Der EnBW-Verkauf lieferte 2000 die Basis

Denn das Kapital der Baden-Württemberg Stiftung stammt aus dem umstrittenen Verkauf von Teilen der EnBW durch Ex-Regierungschef Erwin Teufel. Zwar sind die Anteile durch Nachfolger Stefan Mappus (beide CDU) später zurückgekauft worden, doch die Stiftung mit ihrem Kapital von 2,3 Milliarden Euro blieb bestehen, und kann nun jährlich rund 40 Millionen Euro ausschütten für Projekte in Bildung, Forschung und Kultur.

Dass Theresia Bauer in der Opposition das Geld lieber in den Landesetat überführt hätte, ist bekannt: „Aber ich kann auch nachvollziehen, dass man diesen Weg gegangen ist.“ Bauers Weg führte vom Studium der Politikwissenschaft, Volkswirtschaft und Germanistik über die Politik nun zu einer zweiten Karriere.

Und dabei hat die 59-Jährige schon einiges vor. Eine Weichenstellung kommt von außen: Der Evaluierungsbericht einer unabhängigen Kommission unter Ex-Ministerin Annette Schavan (CDU) fordert mehr Unabhängigkeit von der Politik, und weniger Politiker in den Gremien.

Lesen Sie hier: Die Bilanz von Bauers Amtszeit als Ministerin

Die Stiftung wurde unter den CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel und Günther Oettinger und dem Geschäftsführer Claus Eiselstein (CDU) von der Opposition oft als verlängerter Arm der Politik kritisiert, um sich Wünsche zu erfüllen, die im Etat nicht darstellbar waren. Bis Oettinger 2005 den SPD-Finanzpolitiker Herbert Moser zum Geschäftsführer machte – ein kluger Schachzug, denn fortan fiel es der Opposition schwerer, die Stiftung zu kritisieren.

Bauer will das Haus der Stiftung in Stuttgart für Dialoge öffnen

„Mehr Unabhängigkeit, das finde ich genau richtig“, sagt die neue Geschäftsführerin. Obwohl sie selbst früher Politikerin war. Dass im Aufsichtsrat und diversen Untergremien mehr Experten und weniger Politiker sitzen, hält sie für richtig. „Mehr Politik könnte ich dort gebrauchen, wo es um die Fortführung von Projekten geht, die auslaufen“, so Bauer.

Gleichzeitig will die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen das Haus der Stiftung in der Stuttgarter Kriegsbergstraße öffnen, für Dialoge mit Bürgern, Beamten, Führungskräften, Akteuren etwa der Bildungspolitik.

Denn so sieht Bauer ihre Rolle: überparteilich, und als Brückenbauerin zwischen den Lagern. „Die Wahl hat uns gezeigt, wie viel Polarisierung es gibt“, sagt sie. Das will sie ändern, wieder ins Gespräch kommen.

Christoph Dahl hat die Stiftung 14 Jahre lang geleitet

Sie tritt in die Fußstapfen von Christoph Dahl, der die Stiftung 14 Jahre lang leitete und nun seine lange Karriere beendete, die ihn vom Politik-Redakteur bei der Esslinger Zeitung über das Amt des Sprechers des Wirtschaftsministeriums, der CDU-Landtagsfraktion und als Regierungssprecher schließlich zur Stiftung führte. Der Ehemann der früheren Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hat tiefe Spuren hinterlassen und die Stiftung geprägt.

Theresia Bauer wiederum bringt ihre Erfahrung aus zwölf Jahren in der Landesregierung ein. Auf diese Zeit blickt sie gerne zurück. Die Augen leuchten und ihr Körper strafft sich, wenn sie von großen Meilensteinen und spannenden Erlebnissen erzählt: etwa der Ansiedlung des Cyber Valleys, einem bundesweiten Leuchtturmprojekt.

Spannende Zeiten in zwölf Jahren als Wissenschaftsministerin

Oder der Rückgabe von „Beutekunst“ an Namibia, was politisch zunächst hoch umstritten war, dann aber ein großer Erfolg wurde: „Es waren alle Präsidenten des Landes dort, als wir sie übergeben haben. Da ist etwas entstanden.“ Bauer war mehrfach Wissenschaftsministerin des Jahres, musste sich aber auch mit der Zulagenaffäre an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg und anderen herumschlagen. Die Querelen an der „Kaderschmiede“ für Bürgermeister mit endlosen Streitigkeiten um die Rektorin Claudia Stöckle, Gerichtsurteilen und einem Untersuchungsausschuss im Landtag waren die schwierigen Seiten ihrer Ministerzeit.

Wie bewertet sie diese im Rückblick? „Ich habe unterschätzt, dass es in der Öffentlichkeit und im Parlament kein Verständnis gab“, sagt sie. Bauer wollte den Hochschulen Autonomie geben, und dabei auch Fehler in Kauf nehmen: „Das halte ich nach wie vor für richtig.“

Doch Bauer zieht eine positive Bilanz. Nun will sie mit allen Mitarbeitern der Landesstiftung Gespräche führen. Es soll etwas entstehen.

Die BW-Stiftung

Die Baden-Württemberg Stiftung ist eine der größten operativen Stiftungen in Deutschland. Sie wurde 2000 gegründet. Das Stiftungskapital von 2,3 Milliarden Euro stammt aus der ehemaligen Landesholding „Landesbeteiligungen Baden-Württemberg“ und dem Verkauf von Landesanteilen der EnBW an die Électricité de France. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Bildungsbereich. Dazu gehören ein Stipendium für Auslandsaufenthalte und ein Programm zur Erforschung der regenerativen Medizin.

Das Gespräch von Chefredakteur Rafael Binkowski mit Theresia Bauer fand in der Redaktion des Staatsanzeigers statt. Theresia Bauer zeigt sich dabei gut gelaunt und voller Ideen für ihre neue Aufgabe. Foto: Achim Zweygarth
Theresia Bauer als Ministerin 2015 mit Winfried Kretschmann Foto: dpa/Josh Edelson

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