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Die SPD warnt vor einem „Theaterdonner“
Stuttgart. Gabi Rolland, die Wissenschaftsexpertin der SPD-Landtagsfraktion, schlägt Alarm. Denn offenbar sollten die Gebühren für Studierende aus Ländern außerhalb der EU auch weiterhin bestehen bleiben. Offiziell bestätigen will das Wissenschaftsministerium diese Einschätzung auf Staatsanzeiger-Anfrage nicht. Angaben zum weiteren Vorgehen gibt es allerdings auch nicht.
„Mit den Gebühren für internationale Studierende steht Baden-Württemberg in ganz Deutschland nicht nur ganz allein, sondern auch ganz schlecht da“, sagt Rolland. Die Zahlen der Studierenden seien schlechter als anderswo, Teile der Einnahmen würden durch die Erhebungskosten aufgefressen, und der Wettbewerb um Fachkräfte sei in Schieflage.
Rund 30 Millionen Euro müssen finanziert werden
Es geht um rund 30 Millionen Euro, die aus dem Budget des Wissenschaftsministeriums aufgebracht oder eben anderweitig finanziert werden müssen. Deshalb haben die Verantwortlichen die Abschaffung bisher abgelehnt. Erst wenn die Frage der Finanzierung geklärt sei, hieß es schon vor einem Jahr im Ministerium, sei der Verzicht verantwortbar.
Immerhin gibt es weiterhin Signale aus beiden Koalitionsfraktionen, dass der Plan jetzt wieder auf die Tagesordnung gehoben werden soll. Ins Rollen gebracht hat die Debatten der Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Mitangestoßen werden sie aus der Wirtschaft, unter anderem durch den Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK), nach dessen Analyse der Fachkräftemangel nicht ohne zahlreiche ausländische Fachkräfte behoben werden kann. Für Baden-Württemberg liegt eine Zahl auf dem Tisch: Mindestens 74 000 qualifizierte Arbeitnehmer fehlen bis Mitte des nächsten Jahrzehnts.
Inzwischen spricht Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) selber von 140 000 Fachkräfte, die bis 2040 angeworben werden müssten: „Wir brauchen ganz dringend mehr Menschen, die ins Studium gehen.“ Denn nach einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung geht bis 2040 zudem eine noch deutlich größere Zahl an akademischen Arbeitskräften in Rente.
„Wenn wir die Erfolgsgeschichte im Bereich Wissenschaft weiterschreiben wollen, benötigen wir dringend Nachwuchs“, sagt die Grüne, die sich in den laufenden Haushaltsberatungen weiter für die Gegenfinanzierung einsetzen will. Grundlage für die Abkehr von den Studiengebühren ist nach Meinung der Befürworter die Arbeit des Monitoring-Rats. In einem Abschlussbericht wurde auch schon vor einem Jahr empfohlen, das Ende der Studiengebühren für internationale Studierende zu prüfen, bei gleichzeitiger Kompensation der ausfallenden Einnahmen.
Es dürfe, hieß es, keinesfalls zu Kürzungen im Haushalt des Wissenschaftsministeriums kommen. Schon damals wollten Wirtschaftsvertreter ausdrücklich nicht auf den Doppelhaushalt 2025/2026 warten.
Jetzt befürchtet Rolland, dass die Landesregierung auch diesen ungenutzt vorübergehen lässt zur Umsetzung der eigene Ideen. „Es ist ein Jahr vergangen“, erinnert die Sozialdemokratin aus Freiburg, „seit auch die Regierungsfraktionen im Frühjahr 2023 die Landesregierung zur Abschaffung der Studiengebühren gedrängt haben.“ Geschehen sei aber bislang nichts, und dabei bleibe es möglicherweise auch weiterhin: „Dann würden sich die die klaren Positionen von Grünen und CDU als reiner Theaterdonner erweisen.“
Gebühren wurden 2017/2018 zum Wintersemester eingeführt
Die erste grün-schwarze Landesregierung hatte die Gebühren zum Wintersemester 2017/2018 eingeführt. Seitdem müssen neu eingeschriebene Studentinnen und Studenten aus Nicht-EU-Ländern zusätzlich zu den üblichen Beiträgen 1500 Euro pro Semester zahlen. Es gibt Ausnahmen, etwa für Studierende aus Entwicklungsländern.
Unterschiedliche Regeln
Kein anderes Bundesland erhebt Gebühren für ausländische Studierende aus Staaten außerhalb der EU. Sachsen eröffnet den einzelnen Hochschulen die Möglichkeit einer eigenen Entscheidung. Ebenso bei Studierenden, die ein Zweitstudium aufnehmen. In Baden-Württemberg fallen dafür 650 Euro pro Semester an. In Bayern kostet ein berufsbegleitendes Studium bis zu 2000 Euro. In fast allen Ländern werden zudem Verwaltungsgebühren für alle von bis zu 75 Euro kassiert, lediglich Rheinland-Pfalz, Bayern und Nordrhein-Westfalen verzichten darauf.