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Interview

SPD-Fraktionsvize Nicolas Fink „Die Rücklage ist nichts anderes als ein Geldspeicher“

Die SPD wirft der grün-schwarzen Landesregierung vor, auf 9 Milliarden Euro Geldpuffer zu sitzen. Der SPD-Fraktionsvize und Haushaltsexperte Nicolas Fink fordert Investitionen in den Wirtschaftsstandort und Bildung. 

Nicolas Fink ist Vizechef der SPD-Landtagsfraktion und Haushaltsexperte im Landtag.

Achim Zweygarth)
Staatsanzeiger: Die SPD vermutet, Herr Bayaz habe einen geheimen Geldspeicher im Finanzministerium, er bestreitet das. Wer hat Recht, der Minister oder Sie?

Nicolas Fink: Ich habe Recht, und es gibt dafür einen Beleg im Haushaltsplan. Dazu muss man einfach nur die Zahlen nachlesen. In der Allgemeinen Finanzverwaltung auf Seite 322 gibt es einen Titel namens „Rücklagen für Haushaltsrisiken“, das ist nichts anderes als ein Geldspeicher. Dieser soll bis 2026 von sechs auf neun Milliarden Euro steigen.

Jetzt könnte man einwenden: Die schwäbische Hausfrau sorgt vor, ein solider Haushaltsplaner ebenso …

Die Frage ist nur: Wie groß ist der Puffer, und wann sind die schlechten Zeiten, für die man vorsorgt. Wir sind der Meinung: Gerade jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um in der Krise zu investieren. Die Verhältnismäßigkeit von Vorsorge und Handeln stimmt nicht.

Wo will die SPD investieren? Wieviel von den 9 Milliarden Euro Rücklagen wollen Sie vervespern?

Es geht nicht um Vervespern, das ist schon die falsche Begrifflichkeit. Investitionen in die Wirtschaft und die Infrastruktur vor Ort, Wasserstoffnetz und die Fortbildung werden entscheidende Punkte sein. Wie können auch kleine und mittlere Unternehmen ihre Arbeitnehmer fortbilden? Auch ein Modell wie der Deutschlandsfonds von Robert Habeck wäre für Baden-Württemberg denkbar. Oder bei der Wohnraumförderung, gerade bei dem Thema reicht es nicht, nur auf der Zuschauertribüne zu sitzen.

Gibt es auch Punkte, in der die Landesregierung etwas richtig macht, und die SPD loben kann?

Wenn man viel macht, dann macht man auch etwas richtig. Natürlich gibt es richtige Schritte. Etwa bei der Wohnungsförderung, Baden-Württemberg wird seinen Anteil steigern. Auch wenn wir von anderen Bundesländern noch weit entfernt sind. Auch in mehr Polizisten zu investieren ist richtig. Es ist Geld da für manche Gruppen, aber ich erkenne kein sinnvolles Muster dahinter.

Nicolas Fink, hier im Gespräch mit Chefredakteur Rafael Binkowski, ist bekennder VfB-Fan.
Die SPD vermutet auch immer, dass in den Haushalts-Ausgabenreste viel Geld gebunkert wird, können Sie das für alle verständlich erklären?

Auch das kann ich belegen. Wenn ich mir die Denkschrift des Rechnungshofes anschaue, dann werden dort Ausgabereste von 10 Milliarden Euro aufgelistet. Also Geld für Vorhaben, die nicht umgesetzt werden können. Auch davon sind schon wieder viele eingeplant. Dadurch wird auch dem Parlament die Planung darüber vorenthalten.

Welche Kritikpunkte haben Sie noch am Haushaltsentwurf?

Ich vermisse eine faire Partnerschaft mit den Kommunen. Wir haben in diesem Sommer ja erlebt, dass die Mittel für die Förderung der Ganztagesbetreuung verlost werden. Das halte ich für einen ungeheuerlichen Vorgang. Die Empörung darüber war zurecht groß. Und dann ist etwas Spannendes passiert.

Zur Haushaltsrede von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) lesen Sie hier mehr.

Was meinen Sie?

Diese Landesregierung, die angeblich viel zu wenig Geld hat, konnte innerhalb weniger Tage Hunderte Millionen Euro in die Hand nehmen und die Zuschüsse zur Ganztagesbetreuung aufstocken. Das zeigt: Es ist Geld vorhanden. Die Landesregierung feiert sich dann dafür, dass sie den Kommunen helfen. Die Mittel haben übrigens die Abgeordneten freigegeben, auch wir haben zugestimmt. Davon hat nur niemand gesprochen.

Würde die SPD sogar Kredite aufnehmen, um die angedachten Investitionen zu finanzieren?

Wir sprechen nicht von Krediten, sondern von Investitionen. Für konsumtive Ausgaben dürfen niemals Schulden aufgenommen werden. Es gibt im Haushalt noch 900 Millionen Euro Kreditermächtigungen – dieses Geld würde ich gerne dafür einsetzen, den Wirtschaftsstandort zu sichern.

Warum sollte die Landesregierung das Geld horten?

Grüne und CDU wissen sehr genau, wie die finanzielle Lage ist. Bei den Grünen will der Ministerpräsident vor allem seine Ruhe haben, da fehlt ein Regierungschef, der zupackt und anpackt. Die CDU will das Geld hingegen für das Jahr 2026 aufsparen, wenn sie hofft, den Ministerpräsidenten zu stellen. Dieser Stillstand findet sich auch in den Finanzplanungen des Landes wieder.

Das Gespräch führte Rafael Binkowski

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