Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Digitalisierung

Die öffentliche Verwaltung braucht ein neues Mindset

Wie wichtig ist die Digitalisierung der Verwaltung für die Wirtschaft - und wie kann sie rasch gelingen? Diese Frage diskutierten die Teilnehmer der 6. Ludwigsburger Digitalisierungsgespräche an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen.

Ein papierloser Arbeitsplatz ist in der Verwaltung derzeit noch eine Zukunftsvision. FOTO: IMAGO/ADDICTIVE STOCK

IMAGO/Addictive Stock)

Ludwigsburg. Ist die digitale Verwaltung in Deutschland ein wesentlicher Standortfaktor für die Wirtschaft? Laut einer Umfrage der Hochschule Ludwigsburg selbst ist die Digitalisierung der Verwaltung für 96 Prozent der befragten Unternehmen wichtig. Und was ist zu tun, damit sie besser wird? Diese Fragen stellte Volkmar Mrass, Professor für Digitales Verwaltungsmanagement an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen, ins Zentrum der sechsten Ludwigsburger Digitalisierungsgespräche.

Immerhin belege Deutschland im UN-Ranking von 193 Staaten derzeit Platz 12, vor Staaten wie Japan, den USA und Frankreich – zwei Jahre zuvor war es noch Platz 25. Das sei eine deutliche Steigerung, obwohl weiter viele Wünsche offen seien.

Einige davon nennt Susanne Herre, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart und Mitglied im Normenkontrollrat des Landes: Die vollständig digitale Abwicklung von Verwaltungsverfahren, papierlose Prozesse und weniger Hindernisse für den Datenaustausch durch Reform des Datenschutzes zählen dazu.

IHK-Chefin Herre fordert einen tiefgreifenden Wandel

Allein mit der Digitalisierung der Verwaltung sei bereits eine Steigerung des Bruttoinlandprodukts um 2,7 Prozent möglich. Doch Digitalisierung sei nicht nur eine technische Frage. „Es  bedarf eines organisatorisch-institutionellen Wandels“, so Herre – etwa „der Akzeptanz von Vereinheitlichung“. Aus Sicht der Nutzer von Verwaltungsleistungen, Bürger und Wirtschaft, rentiere sich Digitalisierung schnell; man müsse „einen gesamtgesellschaftlichen Blick einnehmen“.

Marcus Kohler war selbst Jahrzehnte in der Privatwirtschaft tätig bei einem großen US-Softwarekonzern. Seit fünf Jahren ist er Bürgermeister der 5300-Einwohner-Gemeinde Erdmannhausen. Kohler schätzt, dass bei Amtsantritt seine Gemeindeverwaltung gegenüber der Privatwirtschaftrund bei der Digitalisierung rund 15 Jahre im Rückstand war.

Er wünscht sich eine „bundeseinheitliche zentrale Strategie für die Digitalisierung der Verwaltung“. Digitalisierung koste die Kommunen allerdings Geld und sie hätten wenig.

Hendrik Scholta hat an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften  den Lehrstuhl für „Digital Government and IT“ inne. Nach Ansicht der Forschung gebe es „einen positiven Zusammenhang von Verwaltungsdigitalisierung und dem Erfolg von Unternehmen“. Und in der Verwaltung könne man viele Tätigkeiten gut digitalisieren, „wenn man klare Vorgaben hat“.

Österreich hat seine Verwaltung bereits grundlegend digitalisiert

Jonathan Weiter ist Mitarbeiter des grünen Landtagsabgeordneten Peter Seimer, der verhindert war. Er verwies auf erste Erfolge der Entlastungsallianz beim Bürokratieabbau. So seien die Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen von 35 auf 7,5 Monate verkürzt worden.

„Ein komplett anderes Mindset“ forderte Scholtau. In Österreich werde das Kindergeld seit zehn Jahren von den Behörden proaktiv ausgezahlt, ohne dass Eltern es beantragen müssten. Ins Nachbarland zu schauen empfahl in der abschließenden Diskussion auch einer der rund 400 Teilnehmer, Absolvent des noch jungen Studiengangs Digitales Verwaltungsmanagement, Florian Frauenhoffer, und nun Digitalisierungsbeauftragter in Remshalden. In Österreich seien keine Zulassungsstellen mehr nötig – in Deutschland gebe es derzeit rund 780. (crim)

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 199 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch