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Die FDP träumt von einer Deutschlandkoalition
Stuttgart. Niemand will sich zu der Personalie äußern, und auch Michael Theurer schweigt sich aus. Das ist auch sinnvoll, schließlich muss er zunächst beim Bundesbankvorstand in Frankfurt vorsprechen, der ihm die Eignung für einen Vorstandsposten bescheinigen muss. Dass diese Prüfung positiv bei dem studierten Volkswirt und Finanzexperten ausfällt, daran zweifelt niemand.
Parteichef und Finanzminister Christian Lindner hat ihn vorgeschlagen – und wenn alles klappt, könnte er im Juni den Posten antreten. Klar ist: Den Landesvorsitz, den der 57-Jährige seit elf Jahren innehat, wird er abgeben müssen, ebenso das Bundestagsmandat. Es ist de facto der Abschied von der Politik.
Theurers Abgang ist eine Zäsur für die Südwest-Liberalen
Für die Liberalen im Südwesten ein tiefer Einschnitt, Theurer galt schon früh als jüngster OB im Land in Horb als Hoffnungsträger, wurde 2021 Staatssekretär im Berliner Verkehrsministerium. Doch ob die FDP nach 2025 im Bundestag oder sogar noch in der Regierung sitzt, ist offen.
Schlägt nun die Stunde von Hans-Ulrich Rülke, der seit 2009 unermüdlich die FDP-Fraktion im Landtag führt? Nur zwei Jahre leitete er eine Regierungsfraktion, seitdem arbeitet er sich in der Opposition an Grünen und Schwarzen ab.
Ob er den Landesvorsitz übernimmt? Auch dazu äußert er sich nicht. Aber es liegt nahe, der 63-Jährige prägt das Bild der Partei, und in der zweiten Reihe hat sich niemand außerordentlich aufgedrängt.
Für den ehemaligen Gymnasiallehrer ist 2026 wohl die letzte Chance, wieder mitzuregieren. Nachdem 2021 eine Ampelkoalition scheiterte und Winfried Kretschmann lieber auf Grün-Schwarz setzte, denkt Rülke an ein anderes Bündnis: nämlich an die sogenannte „Deutschland-Koalition“ aus CDU, SPD und FDP.
Aber stände die CDU dazu bereit? Der Partei- und Fraktionschef Manuel Hagel müsste sozusagen die Pferde wechseln und die Grünen in die Wüste schicken. Auffallend ist jedenfalls, dass es am Rande der Gespräche über eine Bildungsallianz Gemeinsamkeiten der drei Parteien gibt. So wurde auf dem CDU-Parteitag in Ludwigsburg über ein kostenfreies letztes Kindergartenjahr diskutiert, eine Forderung, die der SPD um Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch am Herzen liegt. Auch die Liberalen könnten sich dafür erwärmen. Erwächst aus solchen gemeinsamen Ansätzen Vertrauen für mehr ab 2026? Dazu halten sich die drei Fraktionschefs natürlich auch bedeckt.
Interessant sind aber die Zeitabläufe seit dem Sommer vergangenen Jahres. Während der Ferien verkündete zunächst Rülke, für eine Ampelkoalition nicht zur Verfügung zu stehen. Wenig später erklärte Manuel Hagel, bis 2026 keinen anderen Grünen zum Ministerpräsidenten zu wählen, falls Kretschmann vorzeitig aufhören sollte. Beide waren zuvor wandern – eine Absprache liegt nahe. Diese Dynamik zerschlug Pläne bei den Grünen, vorzeitig die Pferde zu wechseln, um mit Amtsbonus in den Wahlkampf zu gehen.
Im Januar schließlich lud Rülke die Fraktionschefs im Landtag zu Gesprächen ins Kloster Bebenhausen zu einem „Bildungsfrieden“ ein. Stoch und Hagel sagten zu, nur der Grüne Andreas Schwarz zierte sich zunächst, er habe keine Termine frei. Bis schließlich Kretschmann alle ins Neue Schloss einlud.
Ein weiterer begünstigender Faktor für eine Deutschlandkoalition wäre, dass das Verhältnis zwischen Grünen und SPD in Baden-Württemberg traditionell spannungsreich ist. Historisch bedingt, der Zwist bei OB-Wahlen in Stuttgart sei erwähnt. Und natürlich sitzt der Stachel noch tief, dass Kretschmann lieber mit der CDU als mit der SPD weiterregiert hat.
Grüne und SPD haben nur wenig gemeinsam im Land
Auch aktuell scheint es nicht zum Besten bestellt. Der grüne Regierungschef lässt keine Gelegenheit aus, sich über die SPD zu ärgern. Noch am Dienstag bürstete er Stoch auf der Landespressekonferenz öffentlich ab: „Die SPD glaubt immer, wir hätten Säcke mit Milliarden herumstehen, die existieren nur in ihrer Fantasie.“
Zwischen Grünen und SPD herrscht nur wenig Kommunikation, und Stoch lässt im Landtag kaum eine Gelegenheit aus, die Grünen verbal anzugehen. Zumindest scheint es so, als hielte sich CDU-Chef Manuel Hagel alle Optionen offen. Wer weiß, wie die Wahl 2026 ausgeht.
Freie Posten im Vorstand der Bundesbank
Der Vorstand leitet und verwaltet die Bundesbank. Er besteht aus dem Präsidenten, der Vizepräsidentin und vier weiteren Vorstandsmitgliedern. Die Mitglieder des Vorstands werden vom Bundespräsidenten bestellt, Präsident und Vize auf Vorschlag der Bundesregierung, die übrigen drei Mitglieder auf Vorschlag des Bundesrates im Einvernehmen mit der Bundesregierung. Derzeit sind die Posten von Joachim Wurmeling und Claudia M. Buch unbesetzt.