Parteien

Die AfD im Land gibt sich professionell und bürgerlich

Markus Frohnmaier galt früher als „Junger Wilder“ in der AfD, polarisierte als Chef, der vom Verfassungsschutz beobachteten „Jungen Alternative“. Als Landesvorsitzender gibt er sich ruhig und sachlich, grenzt sich vom Krawallstil früherer Jahre ab. Was steckt dahinter?

Markus Frohnmaier, der seit einem Jahr gemeinsam mit Emil Sänze die Landes-AfD führt, könnte sich eine Koalition mit CDU und FDP vorstellen. Foto: Frohnmaier

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Stuttgart. Der Landesvorsitzende spricht ruhig, als er die Redaktion besucht. Betont sachlich, kein böses Wort gegen „Systemmedien“. Der 32-jährige Bundestagsabgeordnete aus Weil der Stadt im Kreis Böblingen vermeidet scharfe Formulierungen, kritisiert gar die sachlich falschen Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz zum Zahnersatz für Flüchtlinge.

Hat da jemand Kreide gefressen? Oder steht Markus Frohnmaier für das neue Gesicht der AfD, das auch beim vergangenen Bundesparteitag gezeigt hat: Eine neue Generation von Politikern um den 34-jährigen Sebastian Münzmaier, Fraktionsvize im Bundestag, will die AfD professionalisieren. Weg vom Pöbel- und Krawallimage, ohne allerdings in die Mitte zu rücken.

Auch Markus Frohnmaier soll zu diesem Netzwerk gehören. Wie sieht er selbst das? „Wir wollen, dass die Parteitage geordneter und ruhiger ablaufen“, sagt der zweifache Familienvater. Und: „Wir wollen die Partei weiter professionalisieren.“ Das soll auch für Baden-Württemberg gelten – Extremisten und Krawallmacher wie Heinrich Fiechtner, Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon haben Partei und Fraktion längst verlassen.

So hat nicht nur die Partei, sondern auch Frohnmaier selbst eine Wandlung durchlaufen. Denn als er noch Landeschef der „Jungen Alternative“ war, fiel er durch scharfe Töne auf. Bundesweit bekannt geworden ist er 2015 mit dem Zitat: „Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht.“

Würde er das heute wieder so sagen? „Ich würde es entspannter vortragen“, antwortet er. Und verweist auf den „Filz im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck“, den wolle er ausmisten. Vielleicht ist dieses Beispiel ganz treffend für den neuen Stil: in der Sache bleiben die Positionen radikal, im Auftreten verbindlicher.

Die Partei ist bundesweit im Aufwind, auch im Südwesten liegt sie in Umfragen bei 20 Prozent, hat die Schwelle von 4000 Mitgliedern überschritten. Der erste Test wird die Kommunalwahl im nächsten Jahr. „Wir rechnen im besten Fall mit einer Verdreifachung unserer kommunalen Mandate“, sagt Frohnmaier. Bei den Kreistagswahlen will die AfD flächendeckend antreten, und auch in möglichst vielen Städten. Allerdings tut man sich noch schwer, denn die Umfragen schlagen sich nur selten in lokalen Strukturen nieder.

Frohnmaier will den Landesverband so ausrichten, dass eine Zusammenarbeit mit CDU und FDP möglich ist. „Wir sind offen für Gespräche mit allen Parteien, ich lade auch Manuel Hagel zu Gesprächen mit uns ein“, sagt Frohnmaier. Im Osten gebe es bereits viele Kontakt. Für Baden-Württemberg hat der designierte CDU-Parteichef Manuel Hagel allerdings erklärt, er trinke „nicht mal einen Espresso“ mit AfD-Politikern.

Im Landtag sind die AfD-Abgeordneten isoliert, fallen durch Zwischenrufe und teils persönliche Angriffe auf, etwa auf die grüne Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Der neue Fraktionschef Anton Baron wirkt rhetorisch blass. Er verstieg sich im SWR zu der Forderung, die Landräte sollten Flüchtlinge zu den Regierungspräsidien schicken. Der Landkreistagstag wertete dies als Aufforderung zum Rechtsbruch.

Frohnmaier formuliert anders, spricht über die „Bekämpfung von Fluchtursachen“, will Sachleistungen statt Geldleistungen und setzt auf eine „konsequente Umsetzung der Drittstaatenregelung“. Die Forderung von Baron sei „eher symbolisch“ zu verstehen, man müsse dafür sorgen, dass „Flüchtlinge gar nicht erst in Deutschland ankommen“.

Und auch das ist nicht untypisch für den Landeschef – er distanziert sich nur indirekt von radikalen Auslegern der Partei wie Björn Höcke, der immer wieder bewusst NS-Vokabular verwendet. „Er ist ein Nationalromantiker und sehr erfolgreicher Landesvorsitzender“, sagt Frohnmaier über Höcke, „ich habe einen anderen Stil und andere Schwerpunkte.“

Er hofft darauf, dass die Brandmauer zur CDU bröckelt. „Auch Herr Hagel wird nicht auf Dauer eine Million Wähler in Baden-Württemberg ignorieren können.“ Gemeinsamkeiten sieht er etwa bei den Themen Verbrennungsmotor, Heizungsgesetz, Kernkraft und Kohle.

Bei aller Konzilianz und Verbindlichkeit – der Verfassungsschutz beobachtet den Landesverband nach wie vor und hat die AfD vor einem Jahr vom Prüffall zum Verdachtsfall hochgestuft. Auch wenn sich die extremistischen Kräfte noch nicht durchgesetzt hätten, seien zum Teil prägend für das Bild, das die Partei nach außen abgebe, sagt eine Sprecher der Behörde. Ausdrücklich verweist er in dem Zusammenhang auf die Vorstandswahlen im Juli 2022: Damals wurden Markus Frohnmaier und der Landtagsabgeordnete Emil Sänze zu neuen Landeschefs gewählt.

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