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Kommentar

Schluss mit dem Gezanke 

Jetzt sind die demokratischen Parteien aufgefordert, ernsthaft und ehrlich auf Deutschland zu schauen, die richtigen Schlüsse zu ziehen und allen voran die Ära des politischen Zanks, der Profilschärfungsversuche mit billigen Mitteln zu beenden, findet unsere landespolitische Korrespondentin Johanna Henkel-Waidhofer. 

„Wir kommen nicht ins Stolpern, nur weil wir einen Schritt aufeinander zu gehen", fordert die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner.

dpa/REUTERS/Lisi Niesner)

„Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit“: Seit Erwin Teufel (CDU) gehört das mal dem Soziologen Max Weber und mal dem Sozialdemokraten Kurt Schumacher zugeschriebene Zitat zur rhetorischen Grundausstattung hiesiger Landespolitiker. Als Feigenblatt oder bloßes schmückendes Beiwerk hat es ausgedient, unter anderem weil die AfD neuerdings als stärkste Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag sitzt. Jetzt sind die demokratischen Parteien aufgefordert, ernsthaft und ehrlich auf Deutschland 2025 zu schauen, die richtigen Schlüsse zu ziehen und allen voran die Ära des politischen Zanks, der Profilschärfungsversuche mit billigen Mitteln zu beenden.

Baden-Württemberg steht dabei besonders im Fokus. Viel wird in diesen bewegten Wochen über das Ende der Legislaturperiode nachgedacht und wie bis dahin der Aufstieg der AfD zu stoppen sein könnte. Im Südwesten wird aber schon in einem Jahr gewählt. Die Koalitionspartner Grüne und CDU beteuern ihre Bereitschaft zur Kompromisssuche auch auf den letzten Metern.

Nun muss es ums große Ganze gehen, nicht um Klientelpolitik

Wie belastbar solche Versprechen sind, wird sich nicht nur am Sparwillen zeigen, sondern ausgerechnet auch an der Fähigkeit zum Konsens beim Geldausgeben. Statt Klientelinteressen zu bedienen, muss es ums große Ganze gehen – umso seriöser, je heikler die Probleme und die unterschiedlichen Ansichten sind über die richtige Bildungs-, Klima- und Migrationspolitik. Grüne und CDU im Land könnten geradezu eine Blaupause für den neuen, sachorientierten die extremen Ränder schwächenden Umgang liefern.

Gefragt ist zur Stärkung des demokratischen Miteinander aber auch die Opposition, wie schon lange nicht mehr. Nicht nur die Ampelparteien in Berlin haben vorgemacht, wie Vertrauen verspielt wird in unsicheren Zeiten. Auch CDU und CSU tragen daran ein gerütteltes Maß an Mitschuld. Paradebeispiel bleibt sicher auf lange Zeit Friedrich Merz‘ Weigerung vor der Wahl, die Hand zur Lockerung der Schuldenbremse zu reichen, um nach der Wahl mit dürftiger Begründung den hohen Preis des Wortbruchs zahlen zu müssen.

Der Blick zurück auf alte Tugenden

Fürs Nachkarten bleibt dennoch keine Zeit, auch nicht in den Ländern. Stattdessen hilft der Blick zurück auf alte Tugenden: In der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise vor 17 Jahren hat die Bundesrepublik bewiesen, wie mit optimistischer Solidarität unter den demokratischen Parteien schwere gesellschaftliche Verwerfungen verhindert werden können. Diese Art des politischen Miteinanders muss wieder wachgeküsst werden. Die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hat in ihrer Antrittsrede schon mal den passenden lebenspraktischen Hinweis parat: „Wir kommen nicht ins Stolpern, nur weil wir einen Schritt aufeinander zu gehen.“

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