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Der Bildungsfrieden ist noch ein zartes Pflänzchen
Stuttgart. Es gibt manchmal ikonische Fotos, die für einen Politikwandel stehen. Vor Beginn der Ampelkoalition in Berlin war es das Selfie von Christian Lindner, Robert Habeck, Annalena Baerbock und Volker Wissing, das Symbolcharakter hatte. Nun gibt es wieder ein solches Bild – und man darf hoffen, dass die Ampelkoalition nicht das Vorbild ist.
Es zeigt Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kultusministerin Theresa Schopper (beide Grüne) mit den Fraktionschefs von Grünen, CDU, SPD und FDP. Man steht von Marmor umgeben im Neuen Schloss in Stuttgart, das Herzog Carl Eugen im 18. Jahrhundert erbauen ließ, um mit den barocken Fürsten Europas architektonisch mithalten zu können. Das Gebäude, in dem sonst nur Finanzbeamte residieren, ist so etwas wie die gute Stube des Landes, Ehrungen und Festakte finden dort statt. Dieser besondere Rahmen passt zu diesem besonderen Format.
Im Jahr 2014 scheiterten Gespräche für einen Konsens
Denn erfolgreiche Gespräche zu einem „Bildungsfrieden“ im Land gab es bislang nie. Nur Versuche, etwa vor zehn Jahren, die scheiterten jedoch. Nun soll es besser werden, und das beteuern auch nach dem Auftakt vergangenen Freitag alle. Von „großer Ernsthaftigkeit“ ist die Rede, dem Bemühen um einen Konsens. Und dennoch wurden im Vorfeld natürlich taktische Spielchen gespielt.
Die Kultusministerin rammte Pflöcke für G9 ein, CDU-Fraktionschef Manuel Hagel forderte den Erhalt der Hauptschule, SPD-Chef Andreas Stoch schon mal mehr Geld, was Kretsch-mann nach dem Neujahrsempfang von Brüssel aus zurückwies: „Wir sitzen nicht auf Geldvorräten.“ Nun ist die Lage komplex. Zwar sind sich alle Beteiligten einig, dass man die Grundschulen stärken und das neunjährige Abitur G9 einführen muss.
Einen Kommentar dazu lesen Sie hier.
Kann man sich bei G9 einigen?
Doch woher soll das Geld kommen? SPD und FDP als Opposition vermuten seit je her stille Reserven in den Haushaltsresten, während Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) stets betont, er habe keinen geheimen Tresor im linken Flügel des Neuen Schlosses, wo er sein Büro hat. Und dann die Frage von G9. Einige SWR-Journalisten fragen direkt nach dem Auftakttreffen auffallend oft nach einer möglichen Einigung bei G9, hatten da manche schon einen Konsens erzielt? Doch wie zu hören ist, war das weniger der Zankapfel, sondern eher die Frage der verbindlichen Grundschulempfehlung.
SPD und Grüne hatten diese nach 70 Jahren CDU-Herrschaft 2011 abgeschafft, nun schlug der Regierungschef selbst in einem Zeitungsinterview vor, sie wieder „verbindlicher“ zu machen. Doch die Genossen tun sich damit offensichtlich schwer.
Bei Grundschulen und G9 herrscht weitgehend Einigkeit
Aber nach zweieinhalb Stunden konnten solche Fragen schwerlich im Konsens gelöst werden. „Ich gehe davon aus, dass Einigungen möglich sind“, sagt SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Aber die Verhandlungen würden auch „nicht einfach“ in den Fragen, wo Dissens herrscht. FDP-Konterpart Hans-Ulrich Rülke meint: „Alle sind guten Willens. Es gibt noch einiges zu tun und noch nicht den Anschein einer Einigung.“
Für die CDU sagt der bildungspolitische Sprecher Andreas Sturm: „Ich bin zuversichtlich, dass wir uns einigen.“ Bei G9 und der Stärkung der Grundschule sei das schon absehbar, in der zweiten Säule könnte man die Schularten über Verbünde enger verzahnen. Der grüne Fraktionschef Andreas Schwarz hofft, dass man schnell ein „Paket zur Stärkung der Grundschulen“ verabschieden könne, und bei G9 müsse die Politik zeigen, dass sie „schnell Entscheidungen treffen könne“.
Wie man die losen Fäden zusammen knotet, das bleibt bis Ostern zu lösen. Manche Teilnehmer rechnen mit einer Art „Tarifverhandlung“, bei der jede Partei etwas geben muss. Alles hängt mit allem zusammen.