Das Landtags-Wahlrecht muss reformiert werden
Stuttgart. Die Diskussion um den XXL-Landtag beherrscht die Vorweihnachtszeit in der Landespolitik. Der Volksantrag des Einzelkämpfers Dieter Distler hat zwar kaum Chancen, weil die Hürde von 770 000 Unterschriften bis Februar kaum zu schaffen ist. Zudem hat das Innenministerium erklärt, dass für die Landtagswahl 2026 keine Änderung des Wahlrechts mehr möglich ist. Denn im Februar beginnen schon die Aufstellungen in den Wahlkreisen.
Dennoch wird mit Spannung ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs erwartet, das die Klage der FDP behandelt, die ebenfalls eine Reduzierung der Wahlkreise gefordert hat. Doch selbst in diesem Fall wären Veränderungen frühestens für die Wahl 2031 möglich. Das ist genügend Zeit, noch einmal gründlich über das Wahlrecht nachzudenken.
Das neue Wahlrecht animiert zum Stimmensplitting
Dabei muss man zwei Dinge trennen. Das Zweistimmen-Wahlrecht mit einer Landesliste hat nur insofern etwas mit der Größe des Landtages zu tun, als es möglicherweise zu Stimmensplitting animiert. Also die Erststimme einer und die Zweitstimme der anderen Partei zu geben. Ansonsten ändert sich nichts an den Berechnungen.
Einen Artikel über Dieter Distler und seinen Volksantrag lesen Sie hier.
Die Grünen-Fraktion bringt nun die Idee einer „Plafondierung“ ins Spiel. Also eine Obergrenze für die Größe des Landtages, der im Normalfall bei 120 Mandaten liegen sollte. Aktuell sind es 154. Die Idee klingt gut, birgt aber Tücken in sich. Denn eine Obergrenze ist nur möglich, wenn man wie beim Bundestagswahlrecht gewählten Direktkandidaten den Einzug in den Landtag gewährt. Zu welchen Verzerrungen das führt, werden wir am 23. Februar erleben. Erhält eine Partei mehr Direktmandate als ihr Sitze in einem Bundesland zustehen, beginnt eine Lotterie: Alle direkt gewählten Kandidaten werden dann nach ihrem prozentualen Ergebnis sortiert. Die schwächsten Kandidaten werden dann ausgemustert.
Einen Essay zur Wahlrechtsreform lesen Sie hier.
Weniger Wahlkreise entzerren das Ungleichgewicht
Ist das transparent, nachvollziehbar und gerecht? Sicher nicht. Es führt für eine stringente Lösung kein Weg an einer Reduzierung der Zahl der Wahlkreise vorbei. Viele Landkreise haben im Südwesten zwei Wahlkreise bei der Landtagswahl, was zu bis zu 10 Abgeordneten führen kann. Ist das Bürgernähe, oder eher eine Überversorgung?
Mehr als 150 Abgeordnete sind weder sinnvoll noch führt es zu einem arbeitsfähigen Parlament. Man muss ja nicht gleich wie im Volksantrag die Zahl der Wahlkreise halbieren auf 38. Aber schon 50 statt 70 würden das Stimmenungleichgewicht deutlich entzerren, ohne dass weite Teile des Landes ohne Vertreter wären. Doch dazu gehört Mut, denn Wahlkreisreformen sind unpopulär und stoßen vor Ort auf viel Widerstand. Aber diesen Mut sollten die Landespolitiker haben. Auch wenn sie damit einige ihrer eigenen Mandate aufgeben. Doch das Signal an die Bürger wäre, dass Politik effizient und handlungsfähig ist.