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CO2-Abscheidung und Speicherung: Notwendige und teure Technik
Stuttgart. Der Landtag debattiert zum vierten Mal innerhalb von zehn Monaten über die Abscheidung und unterirdische Einlagerung von Kohlendioxid beziehungsweise dessen Abscheidung und Wiederverwertung. Abgekürzt spricht man hier über CCS und CCU-Technologien. Erneut wurde die Debatte von der FDP-Fraktion beantragt. Der Anlass: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte im Februar Eckpunkte für eine Carbon-Management-Strategie vorgestellt. Diese Strategie würde erstmals auch in Deutschland den Weg frei machen für den Abtransport und die unterirdische Einlagerung von CO2 unter der Nordsee.
Dies ist auch für Baden-Württemberg eine Voraussetzung für die Klimaneutralität, die das Land bis 2040 erreichen möchte. Denn in manchen Industriezweigen, insbesondere bei der Zementindustrie und bei den Müllheizkraftwerken, wird es auch dann noch Restemissionen geben, die nicht vermeidbar sind. So weist der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) auch darauf hin, dass die CO2-Abscheidung bei der thermischen Abfallbehandlung eine besondere Bedeutung hat. „Während Länder wie Norwegen, Dänemark und die Niederlande schon mit konkreten Projekten der CO2-Abscheidung bei thermischen Abfallbehandlungsanlagen vorangehen, läuft Deutschland dieser wichtigen technologischen Entwicklung noch hinterher“, sagt VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebig.
Energieverbände warnen vor Onshore-Einspeicherung
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der VKU bewerten es beide als positiv, dass CCS, also die unterirdische Einlagerung von Kohlendioxid nur Offshore vorgesehen ist und nicht im Inland. So weisen beide Verbände auf den Schutz des Trinkwassers hin. Der BDEW sieht zudem auch die Opt-in-Möglichkeit durch die Bundesländer mit größter Skepsis und verweist neben dem Grundwasserschutz auch auf die hohe Bevölkerungsdichte sowie möglicher Erdbeben.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sieht in der CCS-Technologie bereits einen „Gamechanger“. Er fordert, dass eine Onshore-Speicherung nicht „für alle Zeit ausgeschlossen werden“ dürfe. Zugleich sollte diese Technologie auch für die Kohleverstromung geöffnet werden.
„CCS und CCU wird nicht der Gamechanger oder die eierlegende Wollmilchsau sein“, macht hingegen Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) deutlich. Das sehe auch die Industrie so. Zugleich begrüßt sie die Eckpunkte, die Habeck vorgestellt hat. „Wir werden CCS brauchen.“ Es gelte nun die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Restemissionen abgeschieden und eingelagert werden können. Dafür werde in Deutschland nun erstmals der Weg freigemacht. Gemeinsam mit Wirtschaftsminister Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) führt Walker bereits Gespräche mit der Industrie .
Zugleich wies Walker auch darauf hin, dass es wohl noch einige Jahre dauern wird, bis die Infrastruktur für CCS steht. Zumal auch Finanzierung und Regulierung auf EU- und Bundesebene noch offen seien. Das mache Investitionsentscheidungen für mögliche Fernleitungsnetzbetreiber nicht einfach.
Abscheiden von CO2 ist energie- und kostenintensiv
Jutta Niemann (Grüne) wies darauf hin, dass das Abscheiden von CO2 energie- und kostenintensiv ist. Auch für die Industrie sei es günstiger, wo möglich zu elektrifizieren oder Wasserstoff einzusetzen. Eine Position, die auch der Bundesverband der Deutschen Industrie in einem gemeinsamen Papier mit Umweltverbänden hat. Auch Gabriele Rolland (SPD) sagte, dass trotz CCS-Technologie kein Weg am weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz vorbei führe.
Raimund Haser (CDU) unterstreicht die Bedeutung von CCS und CCU mit Zahlen: die Zementindustrie als wichtiger Wirtschaftszweig sei in Deutschland für acht Prozent aller CO2-Emissionen zuständig. Unternehmen wie Heidelberg Materials planten und testeten diese Technik deshalb bereits.
Joachim Steyer (AfD) kritisierte, dass man nun Pipelines durch das ganze Land legen wolle, um das CO2 unter der Nordsee zu verpressen. Er sprach von einem Milliardengrab und fragte, wer das bezahlen solle.