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Wo das Plakate-Aufhängen Grenzen hat – und wo nicht
Stuttgart. Mal gibt es Obergrenzen, mal bestimmen die Parteien: Bei der Zahl der Wahlplakate, die in einer Kommune aufgehängt werden dürfen, gelten unterschiedliche Regelungen. Das liegt an den Verordnungen zur Sondernutzung im Straßenraum, welche die Kommunen in Eigenregie erlassen. So geben Künzelsau (Hohenlohekreis) oder Mannheim laut der Stichprobenrecherche des Staatsanzeigers kein Plakatierlimit vor.
Ulm und Stuttgart deckeln die Plakatzahlen
Ulm hingegen deckelt die Zahl auf 230 je Partei. Auch Stuttgart setzt Grenzen. 2800 A0 große Plakate dürfen Wahlhelfer je Partei hängen, wobei die Stadt zwischen 2500 Kopf- und 300 Terminankündigungsplakaten unterscheidet. Im Verhältnis zu den 362 000 Wahlberechtigten ergibt sich hieraus eine Quote von 0,0077 Plakaten pro Wähler. Ulm liegt dagegen quotenmäßig mit 82 000 Wahlberechtigten bei einem Wert von 0,0028.
Diese relativ geringe Plakatdichte dürfte bei Normalwählern zumindest keine Wahlverdrossenheit hervorrufen. Diese könne eine Flut von Wahlwerbung im Stadtbild schon mal erregen, meint Rafael Bauschke, Professor für politische Kommunikation an der Verwaltungshochschule in Ludwigsburg. Grundsätzlich erreicht die Plakatwerbung, dass eine anstehende Wahl im Bewusstsein der Wählenden verankert wird.
Einfache Gestaltung und Schriften beeinflussen den Werbeerfolg
Ob Plakate aber eine Entscheidung für eine Partei bewirken, ließe sich nur schwer ermitteln. Hilfreich seien allgemeine Gestaltungsmerkmale, so der Politologe gegenüber dem Staatsanzeiger. Die Attraktivität von abgebildeten Kandidierenden beeinflusse die Wahlergebnisse. Auch eine einfache Gestaltung, die Schrift oder prägnante Aussagen können über den Werbeerfolg entscheiden. Ob sie aber gegen eine politische Grundhaltung ankommen, da setzt Bauschke ein Fragezeichen.
Ausrufezeichen setzen Kommunen bei der Kontrolle von Wahlplakaten. Streng geht Ulm vor, das auf die ohnehin nur geringe Anzahl an Plakaten ein Siegel auf jedem aufgehängtem Plakat fordert. Das erleichtere die Kontrolle des Gemeindevollzugsdienstes. Andere Kommunen sind lässiger unterwegs, etwa Offenburg. Die Ortenaustadt mit ihren 43 500 Wahlberechtigten sieht keinen Anlass, Wahlplakate speziell zu kontrollieren, weil es keine Obergrenze gibt. Wo die Plakate die Sicht der Verkehrsteilnehmer behindern oder das Lichtraumprofil verengen, geht die Stadt auf die Parteien zu. Das macht auch Aalen (Ostalbkreis), das ebenfalls keine Limits setzt, aber dafür die Wahlkämpfer auf ordentliche Hängung mindestens 2,50 Meter über dem Boden hinweist.
Konstanz bietet Deal um Groß- und Kleinplakate an
Ganz anders geht Konstanz vor. Die Bodenseestadt mit 62 000 Wählern reguliert die A1-Plakate auf 220 pro Bewerber, was der Gemeindevollzugsdienst kontrolliert. Zwei große Plakatwände pro Partei sind gestattet, wer mehr Großplakatflächen aufstellen will, muss bei den normalen Plakaten auf jeweils 20 Stück verzichten. Bei diesen nach einer Plakatfirma benannten „Wesselmännern“ ist auch das ansonsten recht regelfreie Mannheim restriktiv.
Die Quadratestadt mit ihren 195 000 Wählern hat öffentliche Flächen für die Plakatwände definiert, sodass sich die Parteien für die 164 Stellmöglichkeiten einigen müssen. In Stuttgart werden die 387 Standorte für die Wesselmänner nach dem Prinzip der abgestuften Chancengleichheit (Wahlergebnisse und Prognosen) an die Parteien vergeben. Über den konkreten Platz entscheidet das Los.
Mannheim weist Tabuzonen aus
Während die meisten Städte keine Tabuzonen für die Wahlwerbung ausweisen und die Verkehrssicherheit oder den Abstand zu den Wahllokalen in den Vordergrund stellen, gibt es in Mannheim mit Rücksicht auf das Stadtbild Sperrbezirke für Wahlwerbung, etwa vor dem Schloss oder auf der Haupteinkaufsstraße Planken. Auch hier hat Ulm eine strenge Lösung gewählt. Im Innenstadtring, in dem ohnehin nur 30 Plakate je Partei zugelassen sind, haben diese zwischen Münster, Rathaus und Donau-Ufer Hängeverbot.
Bei der Beseitigungsfrist ist Ulm wiederum wie in Künzelsau mit zwei Wochen recht großzügig. Immerhin eine Woche geben Aalen, Künzelsau, Offenburg und Stuttgart. Eilig dagegen hat es Konstanz: Zwei Tage nach der Wahl müssen die Wahlkämpfer ihre Plakate eingesammelt haben, egal ob sie in Katerstimmung oder in Siegeslaune sind.
Materialschlacht oder zentrale Plakatwand für alle?
Plakate an jedem Laternenpfosten oder Konzentration auf zentrale Plakattafeln an belebten Orten? Letzteres wird oft gefordert, wofür aus dem Mannheimer Rathaus grundsätzliche Zustimmung anklingt. Das könnte die Überflutung des öffentlichen Raums verhindern. In Künzelsau dagegen hätte man Sorge um den politischen Wettbewerb, bei dem kleinere Parteien auf dezentrale Präsenz angewiesen seien, was im öffentlich Raum auch die Vielfalt widerspiegele.