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SWR-Wahlarena: Spitzenkandidaten der Südwest-Parteien im TV-Duell zur Bundestagswahl

Schaulauf der Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl im Südwesten beim SWR im Stuttgarter Römerkastell.
SWR/Patricia Neligan)Stuttgart. Nach der Tagesschau geht sie los, die einzige TV-Show zur Bundestagswahl in Baden-Württemberg. Während die Kanzlerkandidaten fast in Dauerschleife auf ARD und ZDF und den Privatsendern zu sehen sind, haben die Moderatoren Stephanie Haiber und Florian Weber die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl geladen.
Die CDU-Generalsekretärin Nina Warken vertritt den Parlamentarischen Geschäftsführer Thorsten Frey, der frühere Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schimd die SPD-Chefin Saskia Esken. Markus Frohnmaier ist anstelle der AfD-Chefin Alice Weidel am Start, die Grünen haben mit der Bundesvorsitzenden Franziska Brantner, die Linken mit Sarah Mirow und die FDP Judith Skudelny tatsächlich die Anführer der Landeslisten für die Bundestagswahl in der Phönixhalle im Stuttgarter Römerkastell.
Die Zuschauer haben das Wort
„Die Leute sind unzufrieden mit der Politik, Energiepreise, Pflegekosten“, sagt ein Zuschauer gleich zu Beginn. Denn hier sollen nicht nur Politiker reden, sondern auch die Bürger. „Die Stimmung ist angespannt in der Politik“, sagt eine junge Zuschauerin. Dann also los. Das erste Thema: Stilfragen. Ging es im Wahlkampf zu rauh und zu emotional zu?
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„Das kann ich schon nachvollziehen“, sagt die CDU-Generalsekretärin Nina Warken, „wenn ich Plakate sehe: Ganz Berlin hasst die CDU.“ Man müsse schon darauf achten, dass man sich nicht gegenseitig überbiete in der Wortwahl. Die Grünen-Chefin Franziska Brandtner hofft hingegen: „Ich habe Gewalt sehr stark verurteilt. Das gehört sich nicht.“
Ist das Verbrenner-Aus noch zeitgemäß?
Zunächst gibt es aber nicht mehr so viele Worte, sondern Daumen hoch, Daumen runter. Wird Baden-Württemberg auch zukünftig ein Jobmotor sein? Alle strecken den Daumen nach oben, nur AfD-Mann Frohnmaier nach unten. Dan haben alle 30 Sekunden zum Verbrenner-Aus. „Als ehemaliger Wirtschaftsminister weiß ich um die Sorgen um die Industrie“, sagt Nils Schmid (SPD), aber die Entscheidung für Elektroautos sei gefallen. Man solle im Land die besten Elektroautos bauen
Und die Grüne Franziska Brandtner sagt: „Wir glauben, dass Wachstum der Wirtschaft mit klimaneutralen Autos kommt.“ Während Judith Skudenly darauf hinweist, dass die FDP immer gegen das Verbrenner-Aus war. Und Nina Waken (CDU) verweist auf klimaneutrale Kraftstoffe. AfD und BSW sprechen von einem „diktierten Wechsel“ der Technologie.

Es sind bekannte Positionen, aber durch die kurze Sprechzeit und einen strengen Summton, der den Vortrag beendet, ist alles recht kompakt. Und die Bürger werden gleich gefragt von Stephanie Haiber: „Haben Sie da was mitnehmen können?“ Und es geht weiterhin um das wichtigste Thema: die Wirtschaft, Industriearbeitsplätze.
Wie kommt die Wirtschaft wieder in Schwung?
Eine Patentlösung hat natürlich niemand in der Tasche. „Arbeit muss sich wieder lohnen, wir brauchen weniger Bürokratie“, sagt die FDP-Generalsekretärin Judith Skudelny einige Wahlkampfsprüche auf. Die BSW-Landesvorsitzende Jessica Tatti will bürokratische Hürden für Unternehmen abbauen – ungewöhnliche Töne einer ehemaligen Linken-Politikerin. Nina Warken (CDU) sagt: „Wir hatten immer gute Ideen in Baden-Württemberg.“
Der Klimaschutz kommt erst vor, als ein junger Zuschauer danach fragt. Das Thema ist in diesem vom Wirtschaftskrise und Migration dominierten Wahlkampf stark in den Hintergrund getreten. Der AfD-Landeschef Markus Frohnmaier zieht einen gewagten Vergleich: „Robert Habecks Heizungsgesetz spart in sechs Jahren so viel Treibhausgas ein wie China an einem einzigen Tag.“ Er will Kernenergie und Kohlekraftwerke – das zeigt, wie stark die politischen Pole der Debatte inzwischen auseinander klaffen.
Und dann geht es natürlich um Zuwanderung.
Das Thema darf nicht fehlen – kommt aber erst nach der Wirtschaftskrise. „Zuwanderung ist für unsere Wirtschaftskraft unabdingbar“, sagt die Grünen-Chefin Franziska Brandtner, bekennt sich aber auch zu Abschiebungen. Nils Schmid (SPD) sagt: „Zuwanderung muss gesteuert werden.“
Die Linken-Landesvorsitzende Sarah Mirow beklagt „Rassismus und Hetze“ gegen Migranten. Immer wieder gibt es Einspieler – auch zum Thema Migration. Eine Rentnerin klagt über ihre schmale Rente nach Jahrzehnten, und beschwert sich, dass Asylbewerber mehr bekämen. „Und das in meinem eigenen Land, es wird so viel für die Flüctlinge gemacht.“ Im Studio fragt sie: „Wie lange müssen wir hinnehmen, dass Kinder ermordet werden?“
Migrationsdebatte lässt Emotionen aufkommen
Das greift die BSW-Frau Jessica Tatti auf: „Wer schwere Gewalttaten begeht, muss unser Land auch verlassen.“ Die Grüne Franziska Brandtner sagt: „Ich möchte, dass Sie eine gute Rente haben.“ Das Thema ist für die AfD natürlich eine Steilvorlage: „Illegale Migranten dürfen die deutschen Grenzen nicht mehr passieren. Abschiebungen retten Menschenleben.“
Es wird emotional, beide Seiten bedenken ihnen naheliegende Statements mit Applaus. Der SWR blendet zahlen ein – 23 500 Menschen waren ausreisepflichtig, 2500 wurden abgeschoben, darunter 700 verurteilte Straftäter. Eine Lehrerin weist darauf hin, dass es viele positive Beispiele gibt, wie sich Flüchtlinge gut integrieren.
Ein starker Moment ist, als eine dunkelhäutige Frau zum AfD-Landeschef Markus Frohnmaier sagt: „Ich möchte nicht jedes Mal in eine Schublade gesteckt werden. Ich bin seit Jahren in Deutschland, meine Kinder sind hier. Trotzdem werde ich nach ihrer Remigrationspolitik abgeschoben.“ Sie erhält starken Applaus. Als Frohnmaier von einem „Missverständnis“ spricht, erntet er Gelächter.
Was tun gegen den Pflegenotstand?
Dann gibt es wieder 30-Sekunden-Statements. Es geht um Pflege und Hilfe für pflegende Angehörige. Das Format funktioniert, weil es lange Wortbeiträge unterbindet. Manchmal würde man sich aber mehr Diskussion unter den Politikern wünschen, Antworten auf Statement sind kaum möglich.
Es geht noch um Sozialpolitik, Steuerpolitik, Eingliederungshifle, was für Familien getan werden muss, es werden erstaunlich viele Themen angesprochen. So werden in 105 Minuten die wichtigsten Themen angesprochen – und die Politiker müssen an diesem Abend viel zuhören. Vielleicht eine wohltuende Zäsur, so sie doch in diesen Tagen gefühlt 24/7 im Dauermitteilungsmodus sind.