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„Bird Recorder“ soll Kollisionen zwischen Rotmilan und Windrad verhindern
Stuttgart/Göppingen. Oben am Albtrauf drehen sich nicht allein verschiedene Windkraftanlagen. Dort in der Nähe von Donzdorf im Kreis Göppingen liegt auch das Windtestfeld des Zentrums für Solarenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) mit zwei identischen Anlagen und zahlreichen Messeinrichtungen.
Ein Jahr nach der Eröffnung besucht Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) den Ort erneut. Vorgestellt wird der Bird Recorder. Ein System, das mit Kameras und Künstlicher Intelligenz Vögel, insbesondere den Rotmilan, erkennt.
Wenn es um die Akzeptanz der Windenergie geht, ist der Naturschutz ein wichtiges Thema, weiß Walker aus Erfahrung. „Es gibt keinen Regionalplan in Baden-Württemberg, wo das nicht bei der Offenlegung thematisiert wird“, so die Ministerin. Die Windenergie sei ein Baustein der Energiewende im Land. Doch es brauche auch intelligente Systeme für den Artenschutz.
Erfolg beim Klimaschutz hängt auch von der Windenergie ab
Der Erfolg beim Klimaschutz hängt von der Windenergie ab, sagt auch Maike Schmidt. Die Wirtschaftsingenieurin leitet beim ZSW das Fachgebiet Systemanalyse und ist zugleich Vorsitzende des Klimasachverständigenrats in Baden-Württemberg. Um die Ziele beim Klimaschutz zu erreichen muss bis 2040 rund 31,5 Prozent des Stroms in Baden-Württemberg aus der Windkraft erzeugt werden. Zugleich gibt es 15 windsensible Vogelarten, allen voran der Rotmilan. In Deutschland leben 60 Prozent des Weltbestands dieser Tiere, ein Schwerpunkt liegt in Baden-Württemberg mit rund 1000 Brutpaaren.
Das erschwert den Ausbau der Windkraft. Denn in der Nähe von Rotmilannestern wurden Windkraftanlagen in der Vergangenheit oft nicht genehmigt oder mit hohen Auflagen versehen. Dazu kann etwa ein Stillstand von mehreren Monaten im Jahr gehören. Doch das kann dazu führen, dass Anlagen sich schlicht nicht mehr rechnen.
Mit dem Bird Recorder will das ZSW nun ein möglichst kostengünstiges modulares System entwickeln, das die Vögel bereits auf 800 Meter Entfernung erkennt, deren Flug verfolgt und bei Kollisionsgefahr die Anlage bedarfsgerecht abschaltet oder so stark verlangsamt, man spricht hier von trudeln, dass keine Gefahr für die Tiere besteht.
Bird Recorder könnte Probleme mit dem Artenschutz verringern
Der Prototyp ist nun auf der Schwäbischen Alb im Einsatz, er soll auf weitere Vogelarten ausgeweitet werden. Das Projekt wird vom Landesumweltministerium gefördert. Ein weiteres Projekt, das nicht allein Vögel sondern auch Fledermäuse in den Blick nimmt, wird vom Bund gefördert. Für das Projekt arbeitet das ZSW eng mit Ornitologen zusammen.
Wie das System funktioniert zeigen die Wissenschaftler der Ministerin anhand von einer Attrappe, die an einer Drohne hängt. Auf dem Bildschirm kann man mitverfolgen, wie sich die Drohne dem Windrad nähert und wie die Erkennung funktioniert. Mit bloßem Auge ist die Vogelattrappe noch längst nicht zu sehen.
Die Anfänge der Anlage gehen bis 2017 zurück. Die Wissenschaftler hoffen, dass im Lauf des kommenden Jahres etwaige Kinderkrankheiten beseitigt sind und die Anlage in einen dauerhaft stabilen Betrieb läuft. Dabei geht es auch um Materialtests, denn die Lage des Testfelds gilt als einzigartig in Deutschland, wie ZSW-Chef Frithjof Staiß erläutert. In der Folge könnte man sich dann um eine Kommerzialisierung kümmern.
Walker hofft, dass die modular aufgebaute Anlage die bei Windkraftanlagen auf freier Fläche ebenso funktionieren soll, wie bei Anlagen im Wald, dazu beitragen kann, Konflikte zwischen Windkraft und Artenschutz deutlich zu verringern. Ihr Ziel: Dass bald mehr Windkraftanlagen ohne Probleme mit dem Artenschutz im Land Strom erzeugen.
Windkraft im Land
Die Landesregierung hat in den vergangenen zwei Jahren viele Hindernisse beim Ausbau der Windkraft aus dem Weg geräumt. So konnte etwa die Verfahrensdauer von der Antragstellung bis zur Genehmigung deutlich verkürzt werden.
Laut Umweltministerium sind im Land aktuell 161 Windkraftanlagen genehmigt. Weitere 168 Anlagen befinden sich im Genehmigungsverfahren und 370 Anlagen wurden als geplante Projekte vorgestellt.