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„Bigger. Better. Baden-Württemberg“

Jahrzehntelang kokettierte der Südwesten damit, dass man alles könne außer Hochdeutsch. 2021 startete die nächste Kampagne. Seither firmiert Baden-Württemberg in Deutschland und in der Welt als "The Länd". Umstritten bleibt freilich, ob sich das auch international auszahlt: Erklärtes Ziel ist ja, mehr ausländische Fachkräfte für den heimischen Arbeitsmarkt zu gewinnen.

Ein Container mit der Aufschrift "The Länd" wird bei der Präsentation einer Werbekampagne für das Land Baden-Württemberg mit dem Titel "The Länd" im Hafen von Stuttgart bewegt. Die Kampagne soll dabei helfen, u.a. dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg zu bewerben.

dpa/picture alliance/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Mit Verve und persönlichem Engagement des Ministerpräsidenten hat die Landesregierung vor zwei Jahren die neue baden-württembergische Anwerbekampagne vorgestellt. Winfried Kretschmann (Grüne) verreist sogar mit einem gelben, von einer Edelmarke sondergefertigten „The Länd“-Koffer. Jetzt liegt eine zweite Auswertung zu Reichweite und Klickzahlen vor und dazu, wie die Artikel im Fän-Shop ankommen. 1,3 Millionen Menschen haben die Homepage besucht, der Bekanntheitsgrad der Marke liegt nach Angaben des Staatsministeriums bei knapp 60 Prozent. Bekanntheit sagt noch lange nichts über den Erfolg aus, konterte der FDP-Landtagsabgeordnete Hans Dieter Scheerer.

Belastbare Daten dazu, ob die Einwanderung gesuchter Experten wirklich angekurbelt werden konnte, gibt es nicht. Zumindest indirekt sehen Unternehmer keine entscheidende Trendwende. Eher im Gegenteil: Claus Paal, der frühere CDU-Landtagsabgeordnete, heute Vizepräsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages (BWIHK) und Präsident der IHK Region Stuttgart, beklagt, wie den Unternehmen im Südwesten „komplizierte und langsame Verfahren besonders zu schaffen machen“. Für 65 Prozent der Betriebe, bundesweit 54 Prozent, seien das „Top-Hindernisse bei der Zuwanderung internationaler Fachkräfte“. Dringend müsse auch hierzulande eine funktionierende zentrale Einwanderungsstelle eingerichtet werden, „sonst bleiben die bürokratischen Hürden weiter ein besonderer Klotz am Bein im Werben und Ringen um ausländische Arbeitskräfte“.

Jedes Jahr braucht die Wirtschaft bis zu 60.000 Fachkräfte

Einig sind Unternehmen und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut in der Einschätzung der Lage. Schon bei der Vorstellung der Kampagne im Stuttgarter Neckarhafen sagte die CDU-Politikerin, das Land sei angewiesen auf die Zuwanderung von 20.000 bis 60.000 Fachkräfte, um Wirtschaftsstandort und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Ausdrücklich wurden englische statt deutscher Sprachkenntnisse zur Eingangsvoraussetzung erklärt.

Belegt ist durch die neuen Zahlen aus dem Staatsministerium, dass 88 Prozent der Befragten die Region als Ort zum Leben und Arbeiten weiterempfehlen würden. Die Ergebnisse der zweiten Evaluation hätten verdeutlicht, dass die Kampagne insbesondere unter jungen Leuten sehr gut aufgenommen wird, erläutert der Staatssekretär im Staatsministerium Florian Hassler (Grüne).

Kampagne läuft im indischen Bundesstaat Maharashtra an

Auch im internationalen Kontext habe die Kampagne ihre Wirkung entfaltet. Eine besondere Wiedererkennung werde dem Umlaut zugeschrieben: Das Ä nehme „eine wichtige Rolle ein“. Das Staatsministerium will im kommenden Jahr vor allem im Bundesstaat Maharashtra in Indien, „um Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen zu adressieren“.

Dass die Latte hoch liegt für Baden-Württemberg, hat vor allem mit dem großen Erfolg von „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ seit Ende der Neunziger Jahre zu tun. Der Sticker „Nett hier. Aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?“, der als Banner sogar die berühmte Berliner Buslinie 100 zierte, ist fast 500.000-mal verkauft. Tennis- und Anzugsocken fanden rund 5300 Interessierte und die BW-Edition der Spiele-Bestsellers „Siedler von Catan“ 170.

Online-Roadtrip wurde mehr als 22 Millionen Mal geklickt

Weitaus höhere Zahlen liefert das Netz. Wie das Staatsministerium weiter mitteilte, wurden durch „Maßnahmen out of Home“ und auf den Social-Media-Kanälen „mehr als 50 Millionen Kontakte generiert“. Die Website thelaend.de haben in den vergangenen zwei Jahren gut 1,3 Millionen Menschen besucht. „Ein Roadtrip voller Charme und Größenwahn“, so der Slogan, und „Bigger. Better. Baden-Württemberg“ wurden mehr als 22 Millionen Mal geklickt.

Grundlage der neuen Zahlen ist auch ein parlamentarischer Antrag der FDP-Fraktion. Die Opposition ist skeptisch, ob die erzielte Wirkung die Kosten rechtfertigt. 2021 sind 5,6 Millionen Euro ausgegeben worden, im Vorjahr 7,2 Millionen, im laufenden Jahr knapp 4,9 Millionen Euro. Scheerer moniert unter anderem, dass „vollkommen unklar ist, ob diese Ä-Konstruktion auch in England oder Indien verstanden wird“. Zumal die Web-Adresse ohne Umlaut auskommt.

Ärger mit Sachsen-Anhalt hat am Ende beiden Seiten genutzt

Der Ministerpräsident war dennoch von Anfang an begeistert von „Länd“ statt „Ländle“. Er habe nach wenigen Sekunden verstanden, dass das funktioniere, so Kretschmann bei der Präsentation. Er darf sich als Fachmann für Gelungenes und weniger Gelungenes verstehen.

Denn als man Sachsen-Anhalt, das „Land der Frühaufsteher“, veräppelte – mit dem Slogan „In Sachsen-Anhalt steht man früher auf. Bei uns bleibt dafür niemand sitzen“ – war der Ärger groß, der Werbeeffekt jedoch ebenfalls. Kretschmann lud seinen Magdeburger Kollegen Reiner Haseloff (CDU) sogar zur Imagetour und zur gemeinsamen Pressekonferenz für Frühaufsteher kurz nach sechs Uhr morgens nach Stuttgart. Und Haseloff hatte seinerseits, mit Blick auf schwäbische Stereotype, einen lockeren Satz dabei: „Wir, mit Betonung auf wir, haben auf diese Weise viele Werbemillionen gespart.“

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