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Beamtenbund fordert Aufgabenkritik, damit die Arbeit bewältigt werden kann
Köln. Die Nachricht ist nicht neu: Hunderttausende von Stellen im öffentlichen Dienst bleiben nach Angaben des Deutschen Beamtenbunds (DBB) vakant, weil es zu wenige Bewerber gibt. Besonders kritisch sieht es überall da aus, wo vertiefte IT-Kenntnisse verlangt werden.
Neu ist allerdings, dass sich die Standesorganisation, die knapp 1,4 Beschäftigte repräsentiert, vorstellen kann, dass diese Stellen nicht wieder besetzt werden. Bei der 65. Jahrestagung des Beamtenbunds am Montag und Dienstag in Köln machte sein stellvertretender Vorsitzender Volker Geyer klar, dass man auch mit dem Status quo leben könne. Voraussetzung sei Aufgabenkritik. Sprich: Die Politik müsse den Mut haben, „den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen, was geht und was nicht“.
Für Beamtenbund-Vize ist Kettensäge „hanebüchener Unsinn“
Zwar sei die Idee, den Staat mit der Kettensäge zurückzustutzen, „hanebüchener Unsinn“. Radikale Rezepte nach Art von Elon Musk und Javier Milei brauche Deutschland nicht, sagte der für den Tarifbereich zuständige DBB-Vorstand in Richtung FDP. Auch von einer pauschalen Streichung von zehn Prozent in der Bundesverwaltung, wie sie die CDU fordert, hält Geyer nichts. „Aber wir müssen endlich anpacken.“ Im Bestreben, auch den letzten Einzelfall zu regeln, würden die Regeln stattdessen immer komplizierter.
Geyer, der den erkrankten DBB-Vorsitzenden Ulrich Silberbach vertrat, nannte ein Beispiel dafür, wie Arbeit vereinfacht werden kann. Als die Ampel vor zwei Jahren den Kreis der Wohngeldempfänger ausweitete, schuf die Stadt Bonn 32 neue Stellen. Im deutlich größeren Köln sind sogar 100 Personen mit diesem Thema betraut. Anders in Nürnberg. Dort lässt sich die Stadt von KI helfen. „Sie sehen also, es geht auch anders.“
Nancy Faeser will Beamten entgegenkommen
Drei Wochen vor dem Beginn der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und weniger als 50 Tage vor der Bundestagswahl warb die SPD um die Beamten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte zwar mehrfach, dass sie sich so kurz vor Wahlen politisch zurückhalten müsse. Dennoch deutete sie sowohl bei der Wochenarbeitszeit als auch bei ihrer Flexibilisierung ein Entgegenkommen an. Sie freue sich auf die Tarifverhandlungen, sagte sie. Und dass sie den respektvollen Umgang der Tarifpartner sehr schätze.
Es dürfe keine weiteren Verzögerungen zulasten der Beamten geben, sagte die Innenministerin in Bezug auf die Umsetzung der Verfassungsgerichtsurteile zur Richterbesoldung und forderte die Union auf, gemeinsam mit der Rest-Ampel das Gesetz im Bundestag zu beschließen. Sie versprach zudem, sich für eine Lockerung der Schuldenbremse einzusetzen, damit mehr Geld in die Daseinsvorsorge fließt – eine zentrale Forderung des Beamtenbunds. Und sie sagte zu, die Wochenarbeitszeit auf 39 Stunden zu senken, beginnend bei den besonders belasteten Gruppen, die in Wechselschicht und am Wochenende arbeiten.
Damit will Geyer sich jedoch nicht zufriedengeben. Er erinnerte daran, dass die Erhöhung der Wochenarbeitszeit vor 18 Jahren nur vorübergehend sein sollte. Und dass er keine große Firma kenne, in der noch 41 Stunden gearbeitet werde.
Seine Forderung nach einer Stärkung des öffentlichen Dienstes begründete der Beamtenbund-Vize auch damit, dass das Ansehen des Staates seit Jahren sinke, wie die DBB-Bürgerbefragung zeige. Inzwischen hielten 70 Prozent der Menschen den Staat für überfordert. „Bessere Bezahlung, bessere Ausstattung, bessere Arbeitsbedingungen“ seien unabdingbar.
Er forderte Faeser auf, nicht erneut bis zur dritten Runde zu warten, bis die Arbeitgeben – Bund und Kommunen – in den anstehenden Tarifverhandlungen ein Angebot machen. Und er unterstrich seine Forderung nach mehr Arbeitszeitsouveränität – Stichwort Zeitkonten – und Entlastung, worunter Verdi und DBB, die gemeinsam die Arbeitnehmerseite vertreten, drei zusätzliche freie Tage verstehen, für Gewerkschaftsmitglieder sogar vier.